# taz.de -- Opulenter Bildband zu Francisco de Goya: Er zeichnete, wie düster Spaniens 19. Jahrhundert begann
       
       > Goyas dunkle Darstellungen von gesellschaftlichen Abgründen gelten als
       > Ikonen der Aufklärung. Nun liegen all seine Drucke in einem Bildband vor.
       
 (IMG) Bild: „Y son fieras!“ – „Und sie sind stolz darauf“: Die „Desastros“ kennen weder Unschuld noch Held*innen
       
       Die Caprichos, übersetzt etwa „Launen“, des Malers Francisco de Goya sind
       ein Besuchermagnet im Prado von Madrid. Sie entstanden in seinen privaten
       Skizzenbüchern und wurden Teil seiner zahlreichen Druckgrafiken.
       
       Goyas dunkle Darstellungen von Krieg, Folter, aber auch Dummheit gelten als
       Ikonen der Aufklärung. Dabei schont er weder Adel und Klerus noch das
       abergläubische Volk.
       
       Sie zeichnen ein erschütterndes Bild von Spanien zum Ausgang des 18.
       Jahrhunderts, voller Aberglauben und Hexenwahn, religiösem Fanatismus, von
       Prostitution und Kuppelei, der Ausbeutung junger Mädchen und geprägt durch
       die irrwitzige Arbeit der Inquisition.
       
       Sie zeigen seinen kritischen Blick auf die spanische Gesellschaft dieser
       Zeit, jenseits höfischer Repräsentationswünsche, die er als Hofmaler
       erfüllen musste. Goyas gesammelte Drucke sind nun in einem opulenten
       Bildband des Taschen Verlags erschienen, mit Begleittexten in Englisch,
       Französisch und Deutsch.
       
       Wie aufmerksam er sich mit den politischen und sozialen Umständen seiner
       Zeit beschäftigte, machen die wegen ihrer Aquatintatechnik so
       charakteristischen, druckgrafischen Reihen „Los Caprichos“ (1796/1797) und
       insbesondere die „Desastres de la Guerra“ (1810–1814) deutlich: „Die
       Schrecken des Krieges“ sind geprägt von den Gräueltaten und Folgen des
       napoleonischen Überfalls auf Spanien und dem Aufstand der Bevölkerung gegen
       die Besatzung.
       
       ## Die Inquisition wurde abgeschafft
       
       1804 hatte sich [1][im benachbarten Frankreich Napoleon zum Kaiser]
       gekrönt. 1808 war er in Spanien einmarschiert, hatte Karl IV. abgesetzt und
       seinen Bruder Joseph zum König ernannt. Gleichzeitig setzte er eine
       liberale Verfassung in Kraft, die die Freiheit des Individuums und
       Pressefreiheit gewährte. Auch die Inquisition wurde abgeschafft.
       
       Goya, der um 1800 noch das offizielle Bild von Karl IV. und seiner Familie
       gemalt hatte, befürwortete als aufklärerischer Geist das Geschehen
       zunächst. Wie viele seiner intellektuellen Freunde kollaborierte er mit den
       Franzosen.
       
       Doch nicht alle Spanier begrüßten die Besatzer. In weiten Teilen des Landes
       kam es zu Volkserhebungen. Von 1808 bis 1812 fochten spanische Patrioten
       mit den französischen Soldaten einen blutigen Guerillakrieg aus, den beide
       Seiten mit zum Teil bestialischer Grausamkeit führten.
       
       Francisco de Goyas „Schrecken des Krieges“ ist ein Werk gegen die generelle
       Grausamkeit von Krieg. Er bezieht in den Blättern keine Stellung für eine
       der Kriegsparteien.
       
       ## Vom königlichen Maler zum Hofmaler
       
       Sie bilden die massiven Gräueltaten beider Seiten ab: Spanische Bauern, die
       mit Äxten auf am Boden liegende Soldaten einschlagen. Französische
       Soldaten, die spanische Kämpfer auf Baumstümpfen aufspießen.
       Vergewaltigungen, Erschießungen und Vierteilungen. Erhängte und
       Erdrosselte, übervolle Gräber. Ein Berg halbtoter Frauen nach einer
       Explosion. Und dann noch die indirekten Folgen des Krieges wie Hunger und
       Krankheiten.
       
       Als Sohn eines Vergolders wird Goya 1746 nahe Saragossa geboren. Mit 28
       Jahren beginnt er für die Königliche Teppichmanufaktur zu arbeiten und
       fertigt Vorlagen für die Wandbehänge der königlichen Paläste.
       
       Nach und nach macht er sich einen Namen als Porträtist, wird zum
       königlichen Maler und schließlich zum Ersten Hofmaler ernannt. Mit 46
       Jahren erkrankt Goya schwer und bleibt taub.
       
       ## Werke ohne Auftrag
       
       Seine sozial- und gesellschaftskritischen Motive sowie sein Auftreten als
       selbstbewusster Beobachter machen ihn zum Ausnahmekünstler seiner Zeit. Er
       arbeitet auch eigenständig, also ohne vorherigen Auftrag, wie im Fall
       seiner Druckgrafiken, die er auf dem freien Markt verkauft. Er ist der
       Künstler, das gestaltende Genie.
       
       [2][Goyas Persönlichkeit,] seine Loyalitäten, sein Leben sind voller
       Widersprüche. Er schreckt nicht davor zurück, die Abgründe menschlicher
       Torheit, Heuchelei, Gewalt und Macht darzustellen, gleichzeitig wechselt er
       die Loyalität mit den jeweiligen Machthabern, den jeweiligen Auftraggebern.
       Die nun veröffentlichte, vollständige Sammlung seiner 287 Radierungen und
       Lithografien zeigt seinen wirklichkeitsnahen Stil, seine Themen, die immer
       noch aktuell sind.
       
       23 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Neuer-Film-Napoleon/!5971020
 (DIR) [2] /Comic-Am-kuehlen-Tisch-mit-Goya/!5045319
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Edith Kresta
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Zeichnung
 (DIR) Spanien
 (DIR) Napoleon
 (DIR) Kunstgeschichte
 (DIR) Krieg
 (DIR) Ausstellung
 (DIR) Ausstellung
 (DIR) Bildende Kunst
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Doppelausstellung zu William Kentridge: In diesen heil’gen Hallen kennt man die Rache nicht
       
       Der südafrikanische Künstler William Kentridge wird 70. Das Folkwang Museum
       in Essen und die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden würdigen sein Werk.
       
 (DIR) Ars Viva für Helena Uambembe: Im Ornament das Verbrechen
       
       Die Kunsthalle Bremen stellt die Künstlerin Helena Uambembe vor. Sie weckt
       die Geister der Geschichte aus einer verblüffenden Perspektive.
       
 (DIR) Malerei von Dana Schutz: Und sie tritt nicht auf der Stelle
       
       Dana Schutz zeigt im dänischen Louisiana Museum ihre von Farbe und Firnis
       strotzende Malerei. Die ist lustvoll grotesk.