# taz.de -- Kämpfe in Syrien: Gewalt von innen und außen
       
       > Sunnititsche Regierungstruppen haben die religiöse Minderheit der Drusen
       > angegriffen. Auch Israel mischt mit.
       
 (IMG) Bild: Syrische Beduinen zeigen in Deraa ihre Waffen
       
       Es begann mit einem Überfall. Auf der Straße zwischen Damaskus und der
       Stadt Suweida im Süden Syriens hielten wohl beduinische Räuber einen
       drusischen Gemüsehändler an und stahlen sein Auto und die Waren. Der
       Vorfall am 11. Juli löste eine Welle von Entführungen und Gewalt zwischen
       bewaffneten Männern beider Gruppen aus, die eine Woche später noch
       andauert. Fast 600 Menschen sind [1][laut der Syrischen Beobachtungsstelle
       für Menschenrechte] (SOHR) getötet worden.
       
       Angesichts der Kämpfe schickte Präsident Ahmad al-Scharaa sein Militär und
       verbündete Milizen in den Süden, um die Region Suweida zu befrieden, wo
       drusische Kräfte sonst selbst für Sicherheit sorgen. Dabei gerieten die
       Soldaten wohl in einen Hinterhalt bewaffneter Drusen. Im Netz tauchte ein
       Bild auf, das mutmaßlich einen drusischen Kämpfer zeigt, der vor Leichen
       syrischer Soldaten posiert.
       
       Daraufhin töteten mutmaßlich Soldaten des Militärs und verbündete Milizen
       nicht nur drusische Aufständische, sie ermordeten auch Zivilisten der
       religiösen Minderheit. 154 drusische Zivilisten sollen laut der SOHR
       getötet worden sein, 83 von ihnen wurden hingerichtet. Soldaten der als
       gemäßigt geltenden islamistischen Übergangsregierung verbreiteten Videos,
       in denen sie lachend drusischen Männern deren typische Bärte abrasieren.
       Die Bilder der Demütigungen erinnern viele an den islamistischen Terror
       gegenüber religiösen Minderheiten wie den Jesiden.
       
       Israels Militär bombardierte daraufhin [2][mindestens 160 Ziele] der
       syrischen Regierung, darunter nach Suweida vorrückende Truppen und
       Militärbasen, aber auch das Gebäude des Verteidigungsministeriums in
       Damaskus und die Umgebung des Präsidentenpalastes am Stadtrand.
       
       ## Die Drusen sind kein monolithisches Gebilde
       
       Israel rechtfertigt die Angriffe mit dem Schutz der Drusen. Sie sind eine
       Abspaltung des schiitischen Islam, sehen sich selbst aber nicht als
       Muslime. Muslime betrachten Drusen als Ungläubige. Wie viele Drusen es
       gibt, ist nicht bekannt, Schätzungen gehen von über einer Million aus.
       Sicher ist, dass die meisten, [3][etwa 700.000], in Syrien leben, gefolgt
       vom Libanon und Israel. In Israel werden sie wie andere nichtjüdische
       Bevölkerungsgruppen qua Gesetz diskriminiert. Viele – sei es in Israel
       selbst oder auf den besetzten Golanhöhen – arrangieren sich aber mit dem
       jüdischen Staat. Die Drusen stellen sich traditionell gut mit lokalen
       Machthabern. Drusen sind in vielen Parteien Israels und der Knesset
       vertreten. Sie müssen Militärdienst leisten, manche sind ranghohe
       Offiziere. Einige Drusen haben Israel als Botschafter vertreten.
       
       Auch die Drusen in Syrien sind kein monolithisches Gebilde. Während einige
       Gruppen ein Ende der Kämpfe und eine Übereinkunft mit Damaskus anstreben,
       wollen andere sich mit Waffengewalt behaupten. Hikmat al-Hijri, ehemaliger
       drusischer Loyalist der Assad-Diktatur, zerriss in der vergangenen Woche
       mehrere von den USA und der Türkei vermittelte Abkommen, die die Waffen zum
       Schweigen bringen sollten. Auch hatte sich al-Hijri für „ausländischen
       Schutz“ ausgesprochen, womit er nur Israel meinen kann.
       
       Nicht alle Beobachter nehmen Israel sein Selbstbild als Beschützer der
       Drusen ab. Laut dem Analysten Charles Lister hat Israel seit dem Sturz
       Assads im Dezember rund 180 km² syrischen Territoriums eingenommen.
       Präsident al-Scharaa zeigt sich Israel gegenüber versöhnlich. Auf die
       Angriffe, die Israel vor der aktuellen Eskalation auf Militäreinrichtungen
       flog, reagierte al-Scharaa lediglich mit Protestnoten an den
       UN-Sicherheitsrat. Auch die USA [4][forderten dort nun ein Ende der
       israelischen Angriffe].
       
       Um das Land zu befrieden, sind die Nachbarstaaten gefordert, aber auch
       Präsident al-Scharaa. Er muss seine Kämpfer unter Kontrolle bringen, die
       Verantwortlichen für die Massaker zur Rechenschaft ziehen und ein System
       schaffen, das Minderheitenschutz und politische Rechte gewährleistet.
       
       18 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bbc.com/news/articles/c9395qwzgddo
 (DIR) [2] https://www.timesofisrael.com/with-the-forecast-on-a-syria-deal-now-dim-israel-must-be-clear-on-what-it-wants/
 (DIR) [3] /Drusen-in-Syrien/!6086075
 (DIR) [4] https://www.reuters.com/world/middle-east/us-does-not-support-israels-syria-strikes-sharaa-vows-protect-druze-2025-07-17/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Leon Holly
       
       ## TAGS
       
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Drusen
 (DIR) Benjamin Netanjahu
 (DIR) Israel
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Massaker an Drusen in Syrien: Gegen die Gewalt der Islamisten
       
       In Berlin demonstrieren Hunderte gegen die Massaker an Drusen in Syrien.
       Auch in Deutschland wird die Minderheit von Islamisten bedroht.
       
 (DIR) Syrien-Expertin zu Massakern an Drusen: „Israels Schutzargumentation ist nicht glaubwürdig“
       
       Die Angriffe auf Damaskus destabilisieren Syrien, sagt die Nahost-Expertin
       Bente Scheller. Sie bezweifelt, dass Israel sich um die Drusen sorgt.
       
 (DIR) Krise in Suweida: Syrische Machtfragen
       
       Wohin steuert Syrien nach den Unruhen in der Region Suweida: Kann die
       syrische Regierung die Fliehkräfte binden? Eine Rekonstruktion der
       Ereignisse.
       
 (DIR) Interreligiöse Kämpfe in Südsyrien: Am Abgrund von Suweida
       
       Erneut kommt es in Syrien zu massiver Gewalt zwischen religiösen Gruppen,
       Israels Militär mischt sich ein. Warum ist das neue Syrien so instabil?