# taz.de -- Landesparteitag der Christdemokraten: Wenn der CDU-Chef sich als SPD-Versteher gibt
       
       > Kai Wegners Bitte an seine Parteifreunde: Gegenüber dem Koalitionspartner
       > „ein bisschen großmütig sein“.
       
 (IMG) Bild: Er bat um beim CDU-Landesparteitag um Verständnis für seinen Koalitionspartner SPD: Regierungs- und Parteichef Kai Wegner
       
       Berlin taz | Wo der Mann recht hat, hat er recht. „Unser
       Koalitionspartner“, so hat Regierungschef Kai Wegner (CDU) jetzt gesagt,
       „ist zurzeit in keiner ganz einfachen Lage.“ Tatsächlich ist die SPD, die
       22 Jahre am Stück Wegners Vorgänger im Roten Rathaus stellte, nur noch
       Juniorpartner in der regierenden Koalition und stand [1][in der jüngsten
       Umfrage mit 17 Prozent] noch schlechter da als bei ihrem Tiefstergebnis bei
       der Abgeordnetenhauswahl 2023.
       
       Und mit Blick auf die nächste Berlin-Wahl in fast auf den Tag genau 15
       Monaten ringen sich nicht gerade Berliner Publikumslieblinge um ihre
       Spitzenkandidatur. Zudem mopperten Anfang Juni gleich 7 frühere
       SPD-Senatoren mit einem [2][von ihnen so genannten „Weckruf“] gegen Kurs
       und Themensetzung des Berliner Landesverbands.
       
       Schlimmer als das muss es aber für die SPD sein, vom Koalitionspartner auch
       noch dafür bemitleidet zu werden. Wie es Wegner bei einem kleinen Parteitag
       am Dienstagabend tat, bei dem die CDU auch einstimmig einen „Mit Sicherheit
       in Freiheit leben“ überschriebenen Antrag beschloss. „Wir müssen auch ein
       bisschen Verständnis dafür (für die SPD; Anm. d. taz) haben“, bat er die
       rund 60 Delegierten des CDU-Treffens im Tempelhofer Ullsteinhaus. Nicht
       genug damit: „Ich finde, wir sollten da auch ein bisschen großmütig sein“,
       setzte er hinterher.
       
       Seine Worte griffen das schlechte Bild auf, das die Koalition gerade in den
       jüngsten Wochen abgegeben hat. Vor allem in der Verkehrspolitik streiten
       SPD und CDU miteinander. Die Sozialdemokraten im Abgeordnetenhaus
       kritisieren CDU-Verkehrssenatorin Ute Bonde offen, [3][bei der jüngsten
       Parlamentssitzung rührte sich bei deren Rede kaum eine SPD-Hand], während
       oppositionelle Grüne und Linke einem SPD-Redner applaudierten.
       
       ## Gemeinsame Klausurtagung am Wochenende
       
       Seiner so einfühlsam formulierten und darum umso schmerzvolleren
       SPD-Versteherei setzte Wegner noch eine direktere Botschaft hinterher:
       „Mein Appell an alle, auch in der SPD: Klärt die Sachen intern, die ihr zu
       klären habt. Aber lasst uns bitte weiter in der Sache Berlin nach vorne
       bringen und die Probleme weiter anpacken und lösen.“ SPDler hätten, wären
       sie denn zu Gast beim Parteitag gewesen, darauf verweisen können, dass es
       ohne die kritisierte CDU-Politik gar nichts zu klären gäbe.
       
       Viel offensiver durfte Wegner am Dienstag allerdings nicht werden. Denn
       schon am Wochenende sitzen die Fraktionsvorstände der beiden immerhin
       nominellen Partner gleich zwei Tage lang bei einer Klausur im Landgut
       Stober bei Nauen zusammen. Zu offene Kritik hätte den beiden Lagern um die
       Fraktionschefs Dirk Stettner (CDU) und Raed Saleh (SPD) die Gesprächsbasis
       rauben können.
       
       Saleh ist dabei der Mann, der Wegner im kommenden Jahr als Spitzenkandidat
       gegenüber stehen könnte. Es wäre das Duell zweier Spandauer, zweier oft
       gleichermaßen Unterschätzter, die es dennoch ganz nach oben geschafft und,
       noch schwieriger, sich dort gehalten haben.
       
       Das gilt insbesondere für Saleh, der länger als alle anderen 15
       SPD-Fraktionschefs in den deutschen Landtagen amtiert und mindestens zwei
       offizielle Ablöseversuche überstanden hat. Wegner wiederum fiel einmal bei
       der Wahl zum Berliner Generalsekretär seiner Christlich Demokratischen
       Union durch und musste, später doch noch in dieses Amt gekommen, es nach
       einigen Jahren wieder räumen.
       
       ## Wegners Blick in die Glaskugel
       
       Er, der Regierungs- und CDU-Chef, schaute beim Parteitag auch schon auf die
       Wahl in 15 Monate voraus und gab sich prophetisch: „Ich bin mir sicher: Der
       20. September 2026 wird ein guter Tag – nicht nur für die Union, sondern
       für Berlin.“
       
       18 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/berlin.htm
 (DIR) [2] /Weckruf-gegen-Lebensferne/!6088575&s=alberti+strieder/
 (DIR) [3] /Berliner-Landesparlament/!6090345
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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