# taz.de -- Krieg in der Ukraine: Kampf mit Robotern um das Leben von Soldaten
       
       > Die ukrainische Armee setzt an der Front zunehmend Drohnen aus eigener
       > Produktion ein. Sie übernehmen immer mehr Aufgaben von Angehörigen der
       > Streitkräfte.
       
 (IMG) Bild: Die Drohnen von morgen, schon heute, im Test auf den Schlachtfeldern der Ukraine
       
       taz | „Im Krieg sterben keine schwachen Menschen. „Im Krieg sterben die
       Stärksten, weil sie gezwungen sind, die Schwachen im Auge zu behalten“,
       sagt Oleg, Ausbilder bei der 25. separaten Luftlandebrigade Sitscheslaw.
       
       Oleg hat einen amerikanischen Pass, da er seit seinem siebten Lebensjahr in
       den Vereinigten Staaten lebt. Obwohl er dort ein gutes Auskommen hatte,
       kehrte er unmittelbar nach Russlands Invasion in die Ukraine am 24. Februar
       2022 zurück und bereitet nun Brigadekämpfer auf Militäraktionen im Osten
       des Landes, im Gebiet Donezk, vor.
       
       Die Steppe dort ist „heiß“ – unabhängig von der Jahreszeit. Der Ausbilder
       ist zuversichtlich, dass die Ukraine künftig weniger Menschen verlieren
       werde. Das liege an besseren technischen Fähigkeiten, aber auch am
       vermehrten Einsatz von Boden- und Luftdrohnen aus ukrainischer Produktion.
       
       Die 25. Brigade verfügt über ein eigenes Labor zur Wartung von Drohnen.
       Dessen Standort ist streng geheim. Hier werden Kampffahrzeuge für die
       nahezu täglichen Fahrten an die Front vorbereitet. Waren Bodendrohnen
       verschiedener Typen noch vor sechs Monaten nur in einzelnen Einheiten
       vorhanden, sind heute schon ganze Bataillone damit ausgestattet.
       
       ## Rasanter technischer Fortschritt
       
       Dmitry ist Ingenieur und leitet das Labor der 25. Brigade. Der Mann
       erinnert an einen typischen sowjetischen Wissenschaftler aus den 1970er
       Jahren, nur die damals typische Aktentasche aus Kunststoff fehlt.
       Tatsächlich ist es solchen Leuten wie ihm zu verdanken, dass in der
       ukrainischen Armee ein rasanter technischer Fortschritt stattfindet. Dmitry
       zieht seine Militärjacke nur widerwillig an, tut es aber aus Respekt vor
       den heute anwesenden Journalisten.
       
       In Zivilkleidung ist es offensichtlich einfacher, Mikroschaltkreise zu
       löten. Trotz der vielen Arbeit ist Dmitry freundlich und zugewandt. Gerne
       teilt er seine Ideen, wenn sein Gegenüber zumindest ein wenig Ahnung von
       Drohnen hat und sich für Roboter interessiert.
       
       Dmitry sagt, dass Bodendrohnen die gefährlichsten und wichtigsten Aufgaben
       in Richtung der [1][stark umkämpften und strategisch wichtigen Frontstadt
       Pokrowsk] übernommen hätten. „Vor allem müssen wir die Infanterie auf dem
       Schlachtfeld ersetzen. Wenn wir das nicht tun, werden wir den Krieg
       verlieren. Bereits jetzt stellen wir über 75 Prozent der gesamten
       Frontlogistik dank Bodenrobotern zur Verfügung“, sagt er.
       
       Der Ingenieur fügt hinzu, dass Drohnen bereits Nahrungsmittel und Munition
       an die Front lieferten, Verwundete evakuieren und das Gebiet verminen und
       räumen könnten. Ein Bodenroboter schütze mehrere Menschen gleichzeitig vor
       Gefahren. Selbst der Verlust der teuersten Drohne sei nicht so schmerzhaft
       wie der Verlust eines ausgebildeten Soldaten.
       
       ## Bis auf 30 Kilometer pro Stunde
       
       „Wir haben keine andere Wahl. Deshalb ersetzen wir jetzt schnell Menschen
       durch Roboter“, sagt Dmitry. Stolz berichtet er, dass seine Roboter jeden
       Monat mindestens 30 verwundete Soldaten von der Front abtransportierten und
       ihnen so das Leben retteten.
       
       Der Pilot der Bodenroboterkomplexe der 25. Brigade, Igor, versichert, dass
       im April 2025 bereits Kampfdrohnen dabei halfen, russische Stellungen zu
       stürmen. Igor ist ein erfahrener Kämpfer, ein ehemaliger Infanterist, der
       an zahlreichen Angriffen beteiligt war. Mittlerweile hat er auch gelernt,
       die Roboter zu steuern.
       
       Er zeigt auf eine Bodendrohne vom Typ „Tarakan-100“ mit einem
       panzermontierten Kalaschnikow-Maschinengewehr. Dieser Roboter kann ein
       Maschinengewehr in jeder Position stabilisieren, gezielt schießen und ist
       in der Lage, selbst bei Unebenheiten und unter Last bis auf 30 Kilometer
       pro Stunde zu beschleunigen.
       
       „Stellen Sie sich vor, Sie sitzen mit einem Maschinengewehr in einem Haus
       und warten auf den Feind. Eine Drohne kommt, die mit 450 oder 900
       großkalibrigen Patronen bestückt werden kann. Sie feuert 900 Schuss ab,
       begibt sich zum Nachladen, kommt eine halbe Stunde später zurück und feuert
       erneut 900 großkalibrige Schüsse auf die Position des Gegners ab“, erzählt
       Igor.
       
       ## Mit Sturmhaube
       
       Er sagt, dass Bodendrohnen trotz des Widerstands russischer luftgestützter
       Drohnen hocheffizient seien. „Nachts ist so eine Drohne nur zu sehen, wenn
       man senkrecht darüber hinwegfliegt.“ Wenn jedoch in der Nähe eine russische
       Aufklärungsdrohne vorbeifliegt, sieht diese die Drohne nicht. „Das ist die
       Zukunft“, so Igor.
       
       In der Brigade dient auch ein deutscher Staatsbürger, ein ehemaliger
       Soldat. Er nennt sich „Tiger“. Weitere persönliche Angaben möchte er nicht
       machen. „Tiger“ trägt die ganze Zeit eine Sturmhaube, sodass sein Gesicht
       nicht zu erkennen ist. Er arbeitet als Techniker – wartet, repariert und
       rüstet Bodendrohnen der 25. Brigade um. „Tiger“ befasst sich jedoch nur mit
       Logistikdrohnen. Kriegsmaschinen, die in der Lage sind, Menschen zu töten,
       fasst er nicht an.
       
       „Wenn es um die Versorgung oder medizinische Evakuierung geht, unterstütze
       ich die Idee von Drohnen voll und ganz. Ich finde es gut, dass wir sie
       haben. Aber wenn wir über Drohnen sprechen, die töten können, indem sie
       aktiv und vielleicht sogar autonom auf einen Feind schießen, dann gefällt
       mir das überhaupt nicht. Ich als jemand, der in der IT-Abteilung arbeitet,
       weiß, was man mit einer Drohne anstellen kann, die selbstständig töten
       kann, insbesondere in großer Zahl. Keine gute Idee“, sagt er.
       
       „Tiger“ sammelt derzeit Erfahrungen als Ausbilder und plant anschließend
       eine Rückkehr zur Bundeswehr. Das Russland von Wladimir Putin sei
       mittlerweile für viele Länder der Welt ein gemeinsamer Feind. Deshalb
       kämpfe er an der Seite der Ukraine, sagt er.
       
       ## Angriff mit 19 Toten
       
       Seiner Meinung nach müsse eine Entnazifizierung in Russland und nicht in
       der Ukraine durchgeführt werden. Dies zeigten doch die Kampfhandlungen der
       russischen Armee auf dem Schlachtfeld. Als Beispiel nennt er den russischen
       Angriff mit 19 Toten, darunter 9 Kinder, auf ein Wohngebiet in der Stadt
       Krywyj Rih Anfang April.
       
       Seine Kameraden, auf die man hier trifft, haben die Front erst vor ein paar
       Tagen verlassen und müssen schon bald an die Kontaktlinie zurückkehren. Sie
       hoffen, dass in naher Zukunft auch bei Angriffen vermehrt
       Robotertechnologie zum Einsatz kommt und dadurch vielen Ukrainern das Leben
       gerettet werden kann. An ein baldiges Ende des Krieges scheint hier niemand
       zu glauben.
       
       Aus dem Russischen Barbara Oertel
       
       21 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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