# taz.de -- Leben im All: Gebt uns ein Zeichen
       
       > Mitte April wollen Astronomen den bisher stärksten Hinweis auf Leben
       > auf einem anderen Planeten gefunden haben. Was ist da dran? Eine
       > Einordnung.
       
 (IMG) Bild: Die Wahrheit ist irgendwo da draußen
       
       ## Um welchen Planeten geht es überhaupt?
       
       Um K2-18b, etwa achtmal so groß wie die Erde und ungefähr 124 Lichtjahre
       von ihr entfernt. Astronom*innen hatten den Planeten bereits 2015
       entdeckt und schnell erkannt, dass er ein vielversprechender Ort für die
       Suche nach außerirdischem Leben sein könnte. Er umkreist seinen Stern K2-18
       nämlich innerhalb der bewohnbaren Zone. Das bedeutet, dass man dort ein
       Glas Wasser hinstellen könnte, das weder verdampft noch gefriert.
       
       ## Wie kommen die Forschenden nun konkret darauf, dort Hinweise auf Leben
       gefunden zu haben?
       
       Im Jahr 2023 hat ein britisches Forschungsteam mit Instrumenten des
       James-Webb-Weltraumteleskops (JWST) die Atmosphäre von K2-18b untersucht.
       Dabei fanden sie Hinweise auf Wasserdampf, Kohlendioxid, Methan – und auch
       auf Dimethylsulfid (DMS). Das ist ein Molekül, das auf der Erde nur von
       lebenden Organismen produziert wird, größtenteils von marinem
       Phytoplankton. Deshalb vermuteten sie, dass der Planet einen Ozean haben
       könnte.
       
       Die Hinweise auf DMS waren jedoch äußerst schwach, und viele
       Astronom*innen forderten belastbarere Hinweise. Mitte April hat das
       Forschungsteam [1][daher K2-18b mit einem anderen Instrument des JWST
       beobachtet]. Dieses Mal fanden sie ein viel stärkeres Signal für DMS und
       zusätzlich auch für ein verwandtes Molekül namens Dimethyldisulfid (DMDS),
       das auf der Erde ebenfalls nur von Lebewesen produziert wird. Das
       Forschungsteam hat erklärt, dass das Signal ein Konfidenzniveau von drei
       Sigma hat. Das heißt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen
       Zufall handelt, bei 0,3 Prozent liegt.
       
       ## Die Suche nach Aliens klingt eher nach Hollywood. Wie viel echte
       Wissenschaft steckt in der Forschung?
       
       Viel! Mit glubschäugigen grünen Wesen und Ufos hat das Forschungsfeld aber
       nichts zu tun. Wissenschaftler*innen beobachten vielmehr das Licht von
       Sternen mit Weltraumteleskopen. Schiebt sich ein Planet auf seiner
       Umlaufbahn zwischen Stern und Teleskop, durchdringt das Licht des Sterns
       die Planetenatmosphäre, bevor es auf das Teleskop trifft. Auf diese Weise
       entdeckt man auch Exoplaneten – also Planeten außerhalb unseres
       Sonnensystems – wie K2-18b. Dabei verrät das Licht auch, wie die Atmosphäre
       eines Planeten aufgebaut ist. Jedes Molekül absorbiert nämlich nur
       bestimmte Wellenlängen des Lichts, und zwar auf seine spezifische Weise.
       Dadurch hinterlässt jedes Molekül eine Art Fingerabdruck.
       
       Planetenforscher*innen wie das britische Team sind die Detektive, die
       diese Abdrücke zuordnen. Das ist allerdings knifflig. Die Informationen
       über die Moleküle erreichen die Forschenden als verrauschte und
       ungefilterte Daten. Die müssen sie bereinigen und sie dann mit simulierten
       Daten oder Labordaten abgleichen, um zu ermitteln, welche Moleküle die
       Lichtsignatur erzeugt haben könnten. Das bedeutet viele Annahmen und viel
       Ausprobieren, weshalb andere Astronom*innen mahnen: Bevor sich
       herumspricht, dass auf K2-18b tatsächlich eine Biosignatur gefunden wurde,
       sollten weitere Forschungsteams nach Beobachtungen des Planeten zum
       gleichen Ergebnis kommen. An dieser Front gibt es bereits erste Zweifel.
       Der Astrophysiker Jake Taylor hat denselben Datensatz untersucht und
       [2][stellt die Forschungsergebnisse in Frage].
       
       ## Was ist eine Biosignatur?
       
       Man weiß aus der langen Geschichte der Erde, dass es in der Erdatmosphäre
       chemische Verbindungen gibt, die dort nur wegen der Stoffwechselprozesse
       des Lebens sind. Ein Beispiel: Würde das photosynthetisch aktive Leben auf
       einem Planeten verschwinden, würde auch Sauerstoff sehr schnell
       verschwinden. Deshalb könne man den atmosphärischen Sauerstoff als
       Biosignatur betrachten, sagt der Astrophysiker Adam Frank, unter anderem
       2024 [3][im Interview mit der taz]: „Wenn wir Sauerstoff in einer fremden
       Atmosphäre nachweisen könnten, wäre das ein Hinweis darauf, dass es dort
       eine Biosphäre und damit Leben gibt.“ Das britische Forschungsteam
       interpretiert die von ihm auf K2-18b entdeckten Moleküle, Dimethylsulfid
       und Dimethyldisulfid, als solche Biosignaturen, weil sie auf der Erde
       ausschließlich lebende Organismen produzieren können.
       
       Es ist aber nicht auszuschließen, dass auf irgendeinem anderen Planeten
       Moleküle vorkommen, die auf der Erde als Biosignatur gelten, dort aber
       einen anderen Ursprung haben. Im Jahr 2020 etwa gaben britische
       Forscher*innen bekannt, dass sie Phosphin, ein weiteres Molekül, das mit
       Leben auf der Erde verbunden wird, in den Wolken der Venus entdeckt haben.
       Doch fünf Jahre später rätseln die Astronom*innen immer noch darüber,
       ob es andere Erklärungen für das Vorhandensein des Moleküls gibt, wie etwa
       Vulkanausbrüche. So muss auch die Entdeckung von DMS mit Vorsicht
       betrachtet werden. Es gibt bereits alternative Theorien, wie das Molekül
       auf K2-18b gelangt sein könnte. Beispielsweise wurde DMS [4][auf einem
       Kometen gefunden] – es könnte also auch unabhängig von Lebensprozessen auf
       den Planeten gelangt sein, etwa durch Kometeneinschläge.
       
       ## Nehmen wir mal an, es gibt Leben auf K2-18b. Könnte dort dann eine hoch
       entwickelte Spezies ihr Unwesen treiben?
       
       Das ist sehr unwahrscheinlich. Zum einen, weil die Evolution, wie sie auf
       der Erde stattgefunden und zu komplexem Leben geführt hat, eine Art
       biologischer Glücksfall war. Während man das Verhalten von Planeten oder
       anderen Himmelskörpern sehr genau vorhersagen kann, wenn man genügend Daten
       hat, ist das bei Leben anders. „Wenn Sie mir eine einzelne Zelle geben und
       mich fragen, was in vier Milliarden Jahren mit ihr geschehen wird, dann
       werde ich niemals in der Lage sein, ein riesiges Kaninchen vorherzusagen,
       das Ihnen ins Gesicht schlagen kann. Trotzdem sind Kängurus entstanden“,
       sagte Astrophysiker Frank im taz-Interview.
       
       Zum anderen, weil eine hochentwickelte Spezies ziemlich sicher nicht nur
       eine Biosignatur, sondern eine Technosignatur hinterlassen würde. Dabei
       handelt es sich um chemische Verbindungen, die die Natur nicht herstellen
       kann und die ein hohes Maß an wissenschaftlichem Verständnis voraussetzen.
       Ein irdisches Beispiel für eine solche Technsosignatur sind
       Fluorchlorkohlenwasserstoffe, kurz FCKW. Sie wurden zur Kühlung in
       Kühlschränken und in Klimaanlagen eingesetzt, sind in die Atmosphäre
       gelangt und haben dort das Ozonloch verursacht. Sollte eines Tages also
       tatsächlich außerirdisches Leben auf einem fernen Planeten entdeckt werden,
       handelt es sich dabei höchstwahrscheinlich nicht um unsere kosmische
       Konkurrenz.
       
       ## Bisher war immer nur von Hinweisen die Rede. Kann es überhaupt jemals
       sichere Beweise für außerirdisches Leben geben?
       
       Erste Forschungsergebnisse zu möglichen Biosignaturen, wie das Beispiel
       K2-18b aufzeigt, müssen zunächst durch weitere Untersuchungen anderer
       Forschungsteams zu deren Vorhandensein und Ursprung bestätigt werden. Das
       kann viele Jahre dauern. Selbst dann kennen wir nur die Signatur, also
       Zusammensetzung der Atmosphäre. Welche Formen das Leben auf dem fernen
       Planeten annimmt, können wir mit unseren heutigen technologischen
       Möglichkeiten nicht bestimmen. Im Falle von Exoplaneten, auf denen die
       Wissenschaft außerirdisches Leben für möglich hält, kommt hinzu, dass sie
       sehr weit von der Erde entfernt sind. Die Menschheit kann nicht einfach
       eine Sonde dorthin schicken, um Material zurück auf die Erde zu bringen,
       wie es bei Mond oder Mars möglich ist.
       
       4 May 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://iopscience.iop.org/article/10.3847/2041-8213/adc1c8
 (DIR) [2] https://arxiv.org/html/2504.15916v1
 (DIR) [3] /Astrophysiker-ueber-Alien/!6004401
 (DIR) [4] https://iopscience.iop.org/article/10.3847/1538-4357/ad8565
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Enno Schöningh
       
       ## TAGS
       
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Zukunft
 (DIR) Aliens
 (DIR) Außerirdische
 (DIR) Universum
 (DIR) Planeten
 (DIR) Biologie
 (DIR) Astrophysik
 (DIR) Social-Auswahl
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt USA unter Trump
 (DIR) Weltraum
 (DIR) Mitte
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Kinderfrage
 (DIR) wochentaz
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Bericht der Weltwetterorganisation: Ozonloch 2024 so klein wie lange nicht mehr
       
       Weniger schädliche Stoffe aus Kühlgeräten und Haarspray, weniger Risiko:
       Warum die Ozonschicht sich erholt.
       
 (DIR) US-Atompläne auf dem Mond: Wer zuerst kommt, strahlt zuerst
       
       Die USA prahlen damit, einen Atomreaktor auf den Mond setzen zu wollen.
       Doch statt um Wissenschaft oder Energiegewinnung geht es dabei um
       Geopolitik.
       
 (DIR) Teleskope: Von der Wüste bis ins All
       
       Ständig werden neue Teleskope gebaut. Aber warum stehen so viele in der
       chilenischen Wüste? Und gibt es nicht schon zu viel Lichtverschmutzung?
       
 (DIR) Geologische Forschung: Deutschland und Russland dem Erdkern am nächsten
       
       Wir sind auf dem Mond gelandet und wollen weiter zum Mars. Eine Reise zum
       Mittelpunkt der Erde bleibt aus. Was tut sich da unter unseren Füßen?
       
 (DIR) Weltraumschrott: Unendlich vermüllte Weiten
       
       Um die Erde kreist immer mehr Müll. Ist das gefährlich? Und wer macht das
       wieder weg? Die wichtigsten Fragen von Friedhofsbahnen bis Aufräumrobotern.
       
 (DIR) Kinder fragen, die taz antwortet: Was kommt nach dem Universum?
       
       Wir wollen von Kindern wissen, welche Fragen sie beschäftigen. Jede Woche
       beantworten wir eine. Diese Frage kommt von Margaretha, 5 Jahre alt.
       
 (DIR) Astrophysiker über Alien: „Sind wir allein im Universum?“
       
       Der Physiker Adam Frank sucht mit wissenschaftlichen Methoden nach
       außerirdischem Leben. Warum Alien-Forschung immer besser wird und was sie
       sucht.