# taz.de -- Protest gegen das Ende für Frischeküchen: Kita, Kirche, keine Küche
       
       > Bremens kirchliche Kitas schaffen das frisch gekochte Mittagessen ab.
       > Kirche und Bildungsbehörde schieben sich gegenseitig die Verantwortung
       > dafür zu.
       
 (IMG) Bild: Brennt's? SPD-Bildungssenatorin Sascha Aulepp nimmt Protestbriefe von Kitakindern gegen die Schließung von Frischeküchen entgegen
       
       Bremen taz | Ob im nächsten Jahr wohl noch frisch gekocht wird für die
       „Frösche“ und „Raupen“ und „Igel“? Die drei Kindergruppen an der Kita der
       Evangelischen Christuskirche in Woltmershausen gehören zu den 40 Kitas der
       Bremer Evangelischen Kirche (BEK), die eigene Küchen betreiben. Bald soll
       damit Schluss sein.
       
       Das Geld reicht nicht und sparen will die Kirche, indem die eigens gebauten
       Küchen in den Kirchenkitas fortan kalt bleiben: Externe Caterer sollen dann
       die Versorgung übernehmen. Das habe die Bildungssenatorin der Kirche so
       empfohlen, sagt die Kirche, und das hat der Kirchenausschuss der BEK
       vergangene Woche beschlossen.
       
       Die evangelische Kirche ist in Bremen der größte freie Träger für
       Kindertagesstätten. Ihren 65 Einrichtungen für rund 4.500 Kinder fehlen in
       diesem Jahr 660.000 Euro. Von den 1.500 Beschäftigten arbeiten 150 in den
       Küchen und sehen sich jetzt vor dem baldigen Jobverlust, auch wenn, so die
       BEK, „noch keinerlei Kündigungen ausgesprochen“ worden seien.
       
       Tatsächlich ist die frische Verpflegung eine Art Luxus: Andere Bundesländer
       leisten sie nur selten, Catering ist Standard. Doch in Bremen hatte man
       sich 2018 besonders gesunde und nachhaltige Kita-Ernährung auf die Fahnen
       geschrieben. Vor Ort gekochtes Essen verliert keine Nährstoffe beim
       Aufwärmen.
       
       ## Großer Protest gegen die Streichung
       
       Auch besondere Ernährungspläne von Kindern können unkompliziert
       berücksichtigt werden; und besonders wichtig: Die [1][Frischeküchen sollen
       in den Kita-Alltag eingebaut] sein. Das heißt, die Kinder bekommen mit,
       dass frisch gekocht wird, durch Fenster in den Küchentüren können sie
       beobachten, wie ein frischer Fisch geschuppt wird, oder dass leckere
       Kartoffelpuffer wirklich aus diesen dicken Knollen entstehen.
       
       Dennoch: Auch in Zukunft wird es warmes Mittagessen geben, in allen Bremer
       Kitas. So gesehen ein Luxusproblem – das bei Eltern aber für viel Ärger
       sorgt. Erstmals seit zehn Jahren soll zum neuen Kitajahr hin ihr Beitrag
       zur Verpflegung erhöht werden – von 35 auf 45 Euro monatlich. Zeitgleich
       soll das Frühstück wegfallen; und nun also auch noch das Mittagessen nicht
       mehr frisch gekocht werden.
       
       Das Grummeln darüber ist längst laut geworden: Mehr als [2][6.000 Menschen
       haben mittlerweile eine Petition] unterschrieben, mit der Kathrin Adler als
       Mutter eines Kitakindes den Erhalt der Frischeküchen in den Kitas der
       evangelischen Kirchen fordert. Am Dienstag wurde demonstriert – am
       Nachmittag, damit auch die Beschäftigten mitmachen können: Mitarbeitende
       bei [3][Kirchen haben kein Streikrecht.]
       
       Christian Gloede von der Mitarbeitenden-Vertretung machte sich vor der
       Demonstration keine große Hoffnungen. Besonders schockiert ist er über die
       schlechte Informationspolitik – und die plötzliche Entscheidung. Vor allem
       für die etwa 50 Köch*innen im Küchenpersonal, manche von ihnen seit 25
       Jahren in der gleichen Einrichtung, sei das eine existenzbedrohende
       Situation. „Ich habe selten so viel weinende Menschen am Telefon gehabt wie
       in den letzten Wochen.“
       
       Umstritten ist, wer wann hätte wissen müssen, dass das Geld nicht reicht –
       und wer für die Finanzierungslücke die Verantwortung trägt. Die Kirche
       selbst hat die Lücke Anfang März öffentlich als eine böse Überraschung der
       Bildungsbehörde dargestellt: Wie jeder Kita-Anbieter bekommt auch die BEK
       von der Stadt eine Pauschale für Personal-, Energie- und
       Lebensmittelkosten. 5,10 Euro beträgt die derzeit pro Mittagessen.
       
       Gereicht habe das nie, schreibt die BEK; bisher aber habe es immer einen
       Zuschuss der Stadt gegeben, „um den Verlust für die BEK zu verringern“.
       Höhere Personalkosten seien zusätzlich beantragt und anerkannt worden –
       zumindest zum Teil. 2025 sei „ziemlich plötzlich“ Schluss damit gewesen,
       erzählt Carsten Schlepper, Leiter des Landesverbandes Evangelische
       Kindertagesstätten. Im November habe man von der Senatorin erfahren, dass
       es dieses Jahr kein Geld geben werde. Da war der Haushalt bei der BEK für
       2025 längst geplant.
       
       Die Kürzung erfolge nicht ohne Grund: Zum einen ist das Geld im Bremer
       Haushalt ohnehin knapp, man [4][spart, wo man kann] – vor allem aber, das
       erklärt Schlepper, sei der Behörde plötzlich aufgefallen, dass die
       Zuwendungen nicht rechtens waren. Es hätte sie niemals geben dürfen.
       
       Ausgerechnet in diesem Jahr waren es mehr als die üblichen rund 100.000
       Euro – wegen des hohen Tarifabschlusses im Tarifvertrag der Länder gehe es
       um rund 400.000 Euro. Prinzipiell, meint Schlepper, könne man das wohl
       nicht ändern – die Rechtslage sei klar. Aber: „Wir hatten das Geld fest
       eingeplant“, so Schlepper. Die Stadt sei unzuverlässig, wenn sie es von
       einem Moment auf den anderen kürze.
       
       ## Stadt will von Kürzungen nichts wissen
       
       Die Stadt stellt das anders dar. Auch auf explizite Nachfrage bleibt die
       Behörde dabei: Es habe keinerlei überraschende Kürzungen gegeben. Im
       Gegenteil: 2023 sei die Sachkostenpauschale fürs Mittagessen für alle
       Kitaträger um zwölf Prozent angehoben worden. Irgendwelche Zuschüsse über
       die Pauschale für das Mittagessen hinaus habe die Evangelische Kirche nie
       erhalten, so die Sprecherin des zuständigen Bildungsressorts.
       
       Die BEK hat eine Klage beim Verwaltungsgericht eingelegt, um für die
       kurzfristige Ankündigung eine Art Schadensersatz zu bekommen. Wie auch
       immer dieser Rechtsstreit ausgeht: Auf die Zukunft der Kitaküchen hat er
       keinen großen Einfluss. Die Stadt wird künftig keine Zuschüsse zahlen, die
       Kirche will die Finanzierungslücke nicht schließen. Insgesamt geht es für
       die BEK 2025 laut Schlepper um 1,25 Millionen Euro. Angesichts der
       [5][Finanzlage der Kirche, die jedes Jahr Mitglieder verliert,] sei das
       nicht mehr zu stemmen.
       
       Kathrin Adler hofft, dass irgendeine Seite sich doch noch einen Ruck gibt.
       Mit ihrer Demo will sie für den langfristigen Erhalt der Kitaküchen
       mobilisieren. „Wer auch immer das dann zahlt. Wir richten uns an alle
       Beteiligten.“
       
       7 May 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Bewusster-Leben/!6012979
 (DIR) [2] https://petition.bremische-buergerschaft.de/index.php?n=petitionsdetails&s=1&c=date_public&d=DESC&b=0&l=10&searchstring=&pID=6637
 (DIR) [3] /Streikrecht-bei-kirchlichen-Arbeitgebern/!5226291
 (DIR) [4] /Sozialleistungen-auf-dem-Pruefstand/!6057220
 (DIR) [5] /Evangelische-Kirche-in-Deutschland/!6008210
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lotta Drügemöller
       
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