# taz.de -- Wissenschaftlerin zur US-Klimapolitik: „Trump möchte Energiedominanz“
       
       > In weniger als 100 Tagen hat die neue US-Regierung die Klimapolitik ihrer
       > Vorgängerin ausradiert, sagt die Politologin Sonja Thielges.
       
 (IMG) Bild: Wenn die Solarindustrie es hier schafft, schafft sie es überall: Arbeiter montieren Panele in Queens
       
       taz: Frau Thielges, US-Präsident Donald Trump krempelt die US-Klimapolitik
       um. Seit seinem Amtsantritt fördert er fossile Energien und greift die
       Erneuerbaren an. Was bedeutet das für die Weltgemeinschaft? 
       
       Sonja Thielges: Der internationalen Gemeinschaft brechen die USA als
       „Zugpferd“ und Partner für den Klimaschutz weg. Zudem werden die USA als
       Geldgeber fehlen. Schwellen- und Entwicklungsländer brauchen Kredite und
       andere Finanzierungen aus den Industrieländern, um die Klimatransformation
       bei sich voranzubringen und ihre selbstgesteckten Klimaziele zu erreichen.
       Ab diesem Jahr sind diese Ziele laut dem Pariser Klimaabkommen vertraglich
       bindend.
       
       taz: Sind Sie überrascht von der Vehemenz, mit der Trump seine
       Anti-Klimaschutz-Agenda aktuell umsetzt? 
       
       Thielges: Ein gewisses Auf und Ab in der US-Klimapolitik ist nicht
       ungewöhnlich. Maßnahmen, die von demokratischen Präsidenten eingeführt
       wurden, werden von republikanischen Präsidenten hin und wieder rückgängig
       gemacht. Aber die Dimension und die Geschwindigkeit, in der die jetzige
       Trump-Regierung vorgeht, sind sehr ungewöhnlich und beispiellos. [1][In
       weniger als 100 Tagen hat Trump die Klimapolitik der vorherigen
       US-Bundesregierung ausradiert.] Selbst zu Beginn seiner ersten Amtszeit war
       er in den ersten 100 Tagen nicht so aktiv.
       
       taz: Könnte Trumps Politik auf der internationalen Bühne Nachahmer finden? 
       
       Thielges: Die USA werden sich für ihr fossilbasiertes System Verbündete
       suchen müssen. Trump möchte Energiedominanz erlangen und so auch die
       internationale Macht der USA ausweiten. Dafür ist er abhängig davon, dass
       andere Länder Gas und Erdöl bei ihm einkaufen und dass das fossile Modell
       auch anderswo fortbesteht.
       
       taz: Er muss also auch international für die Fossilen werben? 
       
       Thielges: Genau. Dazu beizutragen, dass sich das fossile Modell weiter
       hält, ist wahrscheinlich der größere Schaden, den Trump gerade anrichten
       kann. Größer noch als die möglichen Folgen, die es hätte, würden jetzt
       unmittelbar ein paar weitere Länder aus dem Pariser Klimaabkommen
       ausscheiden.
       
       taz: Könnte auch das Gegenteil eintreten? Stichwort China, das gerade die
       eigenen Klimaschutzambitionen aufstockt. 
       
       Thielges: Es gibt Anzeichen dafür. China hat sich im vergangenen Jahr
       erstmals als Geldgeber für das Erreichen des neuen Internationalen
       Klima-Finanzierungsziels (NCQG) eingebracht. Auch in der EU steht die
       Politik aktuell grundsätzlich stabil hinter den gesetzten Klimazielen. In
       der Folge könnte eine gewisse Systemkonkurrenz entstehen: zwischen den
       Staaten, die die Klimatransformation vorantreiben, und den Staaten, die wie
       die USA das fossile Modell wieder voranbringen wollen.
       
       taz: Die erneuerbaren Energien boomen derzeit. Einige Expert*innen
       sagen, [2][dass sich dieser Trend gar nicht mehr aufhalten lassen wird.]
       Sehen Sie da trotzdem eine Zukunft für die Energiepläne von Trumps
       Regierung? 
       
       Thielges: Aufhalten lässt sich der Boom der Erneuerbaren nicht, dazu sind
       die Kosten für Solar- und Windenergie zu günstig. Der Trend, besonders auch
       auf dem chinesischen Markt, geht in Richtung E-Mobilität und grünen Strom.
       Die Zeichen stehen auf Transformation.
       
       Aber Trump versucht dagegen vorzugehen, zumindest in den USA. Er versucht,
       selbst die US-Staaten in ihren Möglichkeiten und Ambitionen zu beschneiden,
       den Klimaschutz und die Energiewende voranzubringen. Dabei hilft ihm, dass
       an den Fossilen viele Arbeitsplätze hängen, nicht nur in den USA. Zudem
       sind die Interessengruppen der fossilen Energien sehr stark und haben
       extrem viel Geld, das sie in politische Kampagnen stecken können.
       
       taz: Welche Rolle spielt Trumps Zollpolitik dabei? 
       
       Thielges: In den USA schafft sie Unsicherheit für Investor:innen. Durch
       die Zölle, mit denen die USA vor allem China belegt haben, werden zudem die
       Preise für den Ausbau erneuerbarer Energien steigen. Im Bereich der
       Windkraft und Solarenergie sind die USA abhängig von chinesischen
       Komponenten, die jetzt extrem verteuert sind.
       
       Das wird den Vormarsch der Erneuerbaren in den USA verlangsamen, aber
       dennoch nicht stoppen: In mehr als der Hälfte der US-Staaten ist
       vorgegeben, wie hoch der Anteil von Solar- und Windenergie im Strommix in
       einem gewissen Zeitraum in der Regel sein soll.
       
       taz: Trump hatte ja unter anderem US-Forscher:innen aufgefordert, ihre
       Mitarbeit am IPCC-Bericht einzustellen. Wie hat sich die Klimaforschung in
       den vergangenen 100 Tagen insgesamt verändert? Dürfen
       Wissenschaftler:innen in den USA noch weiter Klimaforschung betreiben? 
       
       Thielges: „Dürfen“ ist hier vielleicht nicht das richtige Wort. Die Frage
       lautet eher, inwieweit sie es noch können. Bei den US-Bundesbehörden wurden
       zum Beispiel die entsprechenden Abteilungen abgeschafft und die Leute
       entlassen. Die können dann einfach keine Forschung mehr dazu machen. Was
       Universitäten betrifft, kann Trump den Forschenden dort noch nicht
       verbieten, an so etwas wie dem IPCC-Bericht mitzumachen.
       
       Aber wenn sich die Universitäten nicht an seine Anweisung, sich nicht mehr
       bestimmten Forschungsbereichen zu widmen, halten, dann heißt es: Ihr kriegt
       kein Geld. Und Universitäten sind hochgradig abhängig von staatlichen
       Forschungsgeldern.
       
       Einen weiteren extremen Einschnitt in der Klimaforschung gab es durch die
       beinahe Auflösung der National Ocean and Atmospheric Administration NOAA.
       Das ist eine riesige Institution, die Klima- und Wetterdaten
       veröffentlicht. Auch international werden diese Daten von
       Klimawissenschaftler:innen genutzt. Auf diese Daten wird es in Zukunft
       einfach keinen Zugriff mehr geben.
       
       taz: Gibt es denn auch Dinge, die Sie hoffnungsvoll stimmen? 
       
       Thielges: Was wir schon unmittelbar nach Trumps Amtsantritt sehen konnten,
       war eine Reaktivierung der US-Staaten. Die spielen traditionell eine sehr
       wichtige Rolle in der Klimapolitik. Es gibt eine Vereinigung von Staaten,
       Städten, Unis, Firmen, die heißt „America is all in“.
       
       Die waren sehr ruhig in den letzten Jahren unter der Biden-Regierung. Jetzt
       haben sie sich gleich wieder gemeldet und gesagt, wir stehen für einen
       großen Teil der US-Wirtschaft, wir verfolgen weiter die Pariser Klimaziele
       und wir sind weiter aktiv.
       
       27 Apr 2025
       
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