# taz.de -- Kürzungen im Haushaltsentwurf: Sachsen will ausgerechnet bei Demokratieprojekten sparen
       
       > Rechte Gewalt in Sachsen nimmt zu. Trotzdem sieht der aktuelle
       > Haushaltsentwurf Kürzungen bei Demokratieprojekten vor. Diese warnen vor
       > teuren Folgen.
       
 (IMG) Bild: Initiative gegen Rechtsextremismus und Rassismus: Ein Aufkleber alleine reicht nicht
       
       Leipzig taz | „Wir können unsere Arbeit nicht so machen, wie wir es gerne
       wollen und in der aktuellen Situation rechter Gewalt müssten“, fasst Andrea
       Hübler die Situation zusammen. Es fehle schlicht an Geld. Und aktuell plant
       die CDU-SPD-Landesregierung weitere Sparmaßnahmen.
       
       Andrea Hübler ist Geschäftsführerin der Opferberatung des Vereins Regionale
       Arbeitsstellen und Angebote für Bildung, Beratung und Demokratie (RAA) in
       Sachsen. Jedes Jahr veröffentlicht der Verein eine Statistik über
       rechtsextreme Gewalttaten im Freistaat. 2024 zählte er 328 Fälle, ein
       Anstieg von 32 Prozent. Besonders viele waren es in den Großstädten und
       Ostsachsen, berichtet Hübler.
       
       Hinzu komme noch eine Dunkelziffer von rechter und rassistischer Gewalt,
       die nicht öffentlich werde. Für die Statistik im kommenden Jahr rechne
       Hübler mit einer steigenden Dunkelziffer. Die Beratungsstelle finanziert
       sich fast vollständig aus öffentlichen Fördergeldern, etwa die Hälfte kommt
       vom Land. Wird das weniger, kann sie weniger recherchieren und weniger
       Betroffene unterstützen.
       
       Auch andere Projekte schlagen Alarm. Das Netzwerk Tolerantes Sachsen, ein
       Zusammenschluss von 150 sächsischen Initiativen und Organisationen,
       [1][rechnete kürzlich vor], dass das Sozialministerium laut
       Haushaltsentwurf 2025 bei den Förderprogrammen 36 Prozent und 2026 sogar 53
       Prozent spare. Das habe „gravierende Auswirkungen auf den demokratischen
       Zusammenhalt des Landes“.
       
       ## Sparen trotz Rekord
       
       Aktuell plant die CDU-SPD-Landesregierung einen Doppelhaushalt von rund 25
       Milliarden Euro jeweils für die Jahre 2025 und 2026. Eine Rekordhöhe.
       Trotzdem reicht es wegen gestiegener Kosten nicht, um alles weiter zu
       finanzieren. Laut Finanzministerium fehlen 4,3 Milliarden Euro, und in den
       vergangenen Monaten verhandelten die Ministerien darum, wo sie sparen.
       
       Weil sie sich bislang nicht auf einen Plan einigen konnten, befindet sich
       Sachsen in einer vorläufigen Haushaltsführung: Nur das nötigste Geld
       ausgeben. Für die Beratungsstelle des RAA heiße das: Derzeit stehen 10
       Prozent der Finanzierung vom Land zur Verfügung. „Wir gehen aber davon aus,
       dass wir eine Nachfinanzierung bekommen“, sagt Hübler.
       
       Wie viel Geld der Verein RAA am Ende für die Beratungsstelle bekommt, weiß
       Hübler noch nicht. „Nach aktuellem Entwurf drohen uns Kürzungen von 29
       Prozent“, erklärt sie. Vielleicht werde es auch weniger – oder mehr, denn
       ein Teil des Geldes speist sich aus dem Bundeshaushalt und der steht
       ebenfalls noch nicht.
       
       ## Standortschließung
       
       Die Finanzsituation wirke sich aktuell schon aus: In Plauen hat die RAA
       ihren Standort geschlossen, Personalstellen würden nicht nachbesetzt. Bei
       anderen müsse sie die Stunden kürzen, berichtet Hübler. Das
       Beratungsangebot für Betroffene habe zwar Priorität. Aber mit dem aktuellen
       Haushaltsentwurf hieße es trotzdem in Sachsen: mehr Betroffene, weniger
       Beratung.
       
       Finanziert wird auch die Beratungsstelle [2][über das Sozialministerium von
       Petra Köpping (SPD)]. Auf eine Anfrage der taz heißt es von da: „Dass wir
       so steigenden Bedarfen durch steigende Gewaltzahlen nicht nachkommen
       können, bleibt auch für uns eine schmerzhafte Herausforderung“. Trotzdem
       sei es gelungen, die Beratungsstruktur in Sachsen zu erhalten, „auch wenn
       hier mit geringfügigen finanziellen Einschränkungen gerechnet werden muss“,
       steht in der Antwort des Ministeriums.
       
       Aus Kreisen der sächsischen CDU heißt es, jeder Wunsch nach mehr Geld sei
       verständlich, aber nicht realistisch. Sachsen befinde sich in einer
       schwierigen finanzpolitischen Lage, das zeige der Regierungsentwurf. Da CDU
       und SPD in Sachsen über keine Mehrheit im Landtag verfügen, ist die
       Regierung auf Stimmen der Opposition angewiesen. Bislang erklärten AfD,
       Grüne, Linke und das BSW, sie könnten dem Haushaltsentwurf nicht zustimmen.
       
       ## Haha, Trump als Vorbild
       
       AfD-Chef Jörg Urban kritisierte, die Regierung solle stärker bei der
       Personalpolitik kürzen und verweist dabei auf die USA und Elon Musk: „Da
       sehen wir den Willen, etwas zu verändern. In Sachsen sehen wir nur
       Schwäche.“
       
       Die Linke fordert hingegen mehr Investitionen, finanziert durch Steuern für
       hohe Einkommen, Vermögen und Erbschaften sowie zukünftige Schulden. Auch
       die sächsischen Grünen stellten als Mindestanforderung für weitere
       Verhandlungen, dass Sachsen Kredite aufnehme, um zu investieren.
       
       [3][Die Grüne Landtagsabgeordnete Katja Meier] war bis Dezember 2024 selbst
       noch Ministerin für Justiz und Demokratie. Der Demokratiebereich des
       Ministeriums wurde allerdings mit dem Regierungswechsel ins
       Sozialministerium verlegt. Im Gespräch mit der taz räumt sie ein, ihr sei
       klar, dass Sachsen sparen müsse. „Aber es kommt darauf an, wie man das
       kommuniziert.“ Mit dem Haushaltsplan lasse die Regierung diejenigen allein,
       „die sich seit vielen Jahren in Sachsen engagiert haben“, kritisiert Meier.
       „Und das finde ich halt wirklich in der aktuellen Situation absolut
       verwerflich.“
       
       Zwar habe die Landesregierung „Schonbereiche“ ausgesprochen. „Aber selbst
       da wurde massiv gekürzt“, sagt Meier. Etwa das Förderprogramm „Ort der
       Demokratie“, über welches 19 Räume in Sachsen gestärkt wurden, damit
       Menschen aus verschiedenen Lebenswelten zusammenkommen können: Das sichere
       der Haushalt zukünftig nicht ausreichend ab. Bei der Förderung von
       Antidiskriminierung und Gleichstellung sehe der Haushaltsentwurf „einen
       maximalen Kahlschlag“ vor.
       
       Die Diskussion über den Haushaltsplan dürfte sich noch bis Ende Juni
       ziehen. Welchen Haushalt der Landtag dann verabschiedet, bleibt abzuwarten.
       Andrea Hübler warnt allerdings, wenn jetzt bei der Beratungsarbeit gespart
       werde, führe das auf lange Sicht zu mehr Kosten, „sei es in der
       Jugendarbeit oder in der Strafverfolgung“.
       
       8 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.tolerantes-sachsen.de/pressemitteilung-nein-zu-diesem-haushaltsentwurf
 (DIR) [2] https://edas.landtag.sachsen.de/redas/download/file?datei_id=40212
 (DIR) [3] /Landtagswahl-in-Sachsen/!6028492
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) David Muschenich
       
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       Hell vom Violence Prevention Network. Der Einstieg erfolge oft über Tiktok
       und Telegram.