# taz.de -- Die Wahrheit: Wokes Schulessen
       
       > Neues aus Neuseeland: Eklig, die Schulspeisung in Aoeterea, nachdem die
       > regierenden Konservativen statt Couscous lieber Verbranntes servieren
       > lassen.
       
       Wenn das so weitergeht mit unserer Rotstift-Regierung, die kein soziales
       Herz hat, dann gibt es nicht nur in Afrika hungernde Kinder. Auch Kiwi-Kids
       werden darben und leiden, weil die Konservativen beim Schulessen sparen.
       Das Debakel um die heiß diskutierten „school lunches“ ist zum landesweiten
       Lunchgate mit Ekelfaktor und Verletzungen eskaliert.
       
       2019 führte die damalige Labour-Regierung kostenlose Pausenverpflegung in
       sozial schwachen Regionen ein, um Kinderarmut und Schuleschwänzen zu
       bekämpfen. Das schmeckte den Kleinen und entlastete die Eltern. Die
       Mahlzeiten wurden von Firmen vor Ort hergestellt. Doch dann trat der neue
       stellvertretende Erziehungsminister auf den Plan.
       
       David Seymour von der neoliberalen ACT-Partei, zuletzt für seine
       Aufwiegelei gegen Maori verhasst, landete den nächsten Coup: Um das
       Haushaltsloch zu füllen, schaffte er die bewährten Lunches ab, da sie zu
       teuer und zu „woke“ seien. „Schluss mit Quinoa, Couscous und Hummus!“,
       tönte der Food-Sanierer. „Es wird mehr Sandwiches und Obst geben.“
       
       ## Avocado? Woke. Apfel? Nicht woke
       
       Was woke Nahrung ist und was nicht, hat seitdem zu Listen und Kolumnen
       geführt. Avocado: woke. Apfel: nicht woke. Sushi: woke. Burger: nicht woke
       – und so weiter. Anfang des Jahres heuerte die Regierung die größte
       internationale Cateringfirma Compass an. Bei der ist die Kinderfütterung
       mit drei Dollar pro Kopf fast ein Drittel billiger und garantiert nicht
       woke.
       
       In England ist Compass dank TV-Koch Jamie Oliver schon seit 20 Jahren
       verschrien. Bei uns ging es rasanter, denn das Essen auf Rädern war
       enttäuschend bis empörend: Plastikcontainer und Folien, die beim Erhitzen
       schmolzen – einige Kinder verbrannten sich. Halal-Kost, die Schinken
       enthielt. Vegane Wraps, in denen Fleisch auftauchte. Und zwei Wochen lang
       nur indisches Butter Chicken.
       
       Von der Umweltbilanz ganz zu schweigen: Käse-Maccaroni, die im südlichen
       Invercargill ankamen, stammen aus dem 4.700 Kilometer entfernten Perth in
       Australien. Und all das so unappetitlich und lieblos vermanscht, dass es an
       Knastkost erinnert. Seymours „Verbrechen am Kochen“ wurden gar mit einer
       eigenen Website geadelt.
       
       Angewidert von Spaghetti mit verbrannten Hackfleischbällchen in defekten
       Behältern, die eine halbe Stunde zu spät und halb gefroren ankamen, griff
       eine Schuldirektorin in Northland rabiat durch: Sie orderte kurzerhand für
       ihre hungrigen Pennäler Lieferpizza für 1.600 Dollar: „Das kann mir der
       Erziehungsminister verdammt noch mal erstatten.“
       
       David Seymours Kopf soll angesichts des Vesperversagens rollen, fordert das
       Volk. Das soll sich mal nicht so anstellen, hält Premierminister
       Christopher Luxon dagegen. Als der Aufschrei am größten war, zog er mit
       Marie-Antoinette gleich: All die Eltern, die meckern, können doch einfach
       ihren Kindern so wie früher ein Brot mit Marmite schmieren. Das ist eine
       salzige, dunkle Hefepaste. Nicht woke.
       
       3 Apr 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anke Richter
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
 (DIR) Neuseeland
 (DIR) Schule
 (DIR) Kantinenessen
 (DIR) Kulturkampf
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wahrheit: C-Bombe im Parlament
       
       Neues aus Neuseeland: Der schöne Begriff „Cunt“ kann nicht nur die Vulva
       meinen, sondern auch hinterfotzige Kerle in der Politik bezeichnen.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Politik auf Pferderücken
       
       Neues aus Neuseeland: Down Unders Antwort auf Trump heißt Winston Peters.
       Der Chef der Mini-Partei NZ First hat jetzt einen Gaul geschenkt bekommen.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Kein Oscar für Pinguine
       
       Neues aus Neuseeland: Nicht nur in Hollywood, sondern auch am pittoresken
       Ende der Welt findet mitunter ganz großes Entertainment statt.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Immer wieder Anna
       
       Neues aus Neuseeland: Es gibt diesen neuen Typus weiblicher Herostraten,
       die aus Großfrausucht überall in den Medien sind, jetzt auch down under.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Arschgesicht
       
       Neues aus Neuseeland: Es gab doch einige sehr schöne Nachrichten in 2024.
       Hier mal eine kleine Liste.