# taz.de -- Finanzstatistik 2024: Städte beklagen katastrophale Finanzsituation
       
       > Die Kommunen verzeichnen ein Rekorddefizit von 24,8 Milliarden Euro. Die
       > Linksfraktion fordert Lösungen für die strukturelle Finanzkrise der
       > Kommunen.
       
 (IMG) Bild: Leere Kassen in den deutschen Kommunen: Treiber der Entwicklung seien vor allem die Sozialleistungen gewesen
       
       Berlin dpa/afp/taz | Das kommunale Finanzierungsdefizit in Deutschland ist
       vergangenes Jahr auf den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung
       angewachsen. Bei den Kern- und Extrahaushalten der Gemeinden und
       Gemeindeverbände – ohne Stadtstaaten – lief ein Defizit von 24,8 Milliarden
       Euro auf, wie das Statistische Bundesamt [1][nach vorläufigen Ergebnissen
       der vierteljährlichen Kassenstatistik mitteilt]. Im Jahr zuvor, 2023, hatte
       das Defizit noch 6,6 Milliarden Euro betragen.
       
       6,2 Prozent der Ausgaben waren den Angaben zufolge vergangenes Jahr nicht
       durch reguläre Einnahmen gedeckt und mussten aus finanziellen Reserven oder
       über Kredite finanziert werden. Das Defizit sei vor allem auf die
       kommunalen Kernhaushalte zurückzuführen: Mit 24,3 Milliarden Euro war es
       2024 fast viermal so hoch wie im Jahr zuvor, als es noch 6,3 Milliarden
       Euro betrug.
       
       Die Ausgaben liefen den Einnahmen davon, wie aus der Statistik hervorgeht:
       Die bereinigten Ausgaben stiegen bei den Kernhaushalten erneut stark um 8,8
       Prozent auf 362,7 Milliarden Euro. Bei den bereinigten Einnahmen gab es
       dagegen nur ein Plus von 3,5 Prozent auf 338,5 Milliarden Euro.
       
       Treiber der Entwicklung seien vor allem die Sozialleistungen gewesen,
       teilte das Bundesamt mit. Sie stiegen um 11,7 Prozent auf 84,5 Milliarden
       Euro, Grund seien vor allem Neuregelungen bei Bürgergeld und Sozialhilfe.
       Die Personalausgaben waren um knapp 9 Prozent höher und betrugen 88,1
       Milliarden Euro.
       
       ## Städtetag fordert weitreichende Reformen
       
       Die Einnahmen aus Grundsteuer und Gewerbesteuer stiegen demgegenüber nur
       schwach, Gleiches gilt für die kommunalen Anteile an Einkommen- und
       Umsatzsteuer. Unter dem Strich stand bei den Steuern nur ein mäßiges Plus
       von 1,5 Prozent auf 132,1 Milliarden Euro, wie das Bundesamt ermittelte.
       
       Der Deutsche Städtetag nannte die Situation katastrophal. „Die Zahlen
       übersteigen unsere ohnehin schon schlimmen Erwartungen“, erklärte
       Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. Das Defizit könne von den Kommunen nicht
       ansatzweise aus eigener Kraft aufgefangen werden. Es brauche weitreichende
       Reformen in der Finanzordnung von Bund, Ländern und Kommunen. Das gerade
       beschlossene Sondervermögen könne zwar einen Einbruch der kommunalen
       Investitionen verhindern. Die strukturelle Schieflage der Haushalte könne
       es jedoch nicht beseitigen.
       
       Der Deutsche Landkreistag sprach sich ebenfalls für Reformen der
       Finanzverteilung aus. „Derartig hohe Ausgabezuwächse hält kein Haushalt
       aus“, erklärte der Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbands,
       Hans-Günter Henneke. Kritik übte Henneke unter anderem an Regelungen für
       ukrainische Geflüchtete, die Zugang zum Bürgergeld erhalten. „Das sollte
       für neu einreisende Ukrainer wegfallen“, forderte Henneke.
       
       Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag,
       Christian Görke, forderte Union und SPD auf, sich bei ihren
       Koalitionsverhandlungen auf Lösungen für die strukturelle Finanzkrise der
       Kommunen zu verständigen. „Um das strukturelle Defizit der kommunalen
       Familie zu beheben, braucht es endlich eine Teilentschuldung mit
       Beteiligung des Bundes“, sagte Görke. Erforderlich sei zudem ein höherer
       Anteil an Umsatz- und Einkommensteuer für die Kommunen, die Abschaffung der
       Gewerbesteuerumlage sowie die volle Übernahme der Kosten der Unterkunft und
       eine höhere Pauschale für die Aufnahme von Geflüchteten, so Görke.
       
       1 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2025/04/PD25_126_71137.html
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Deutscher Städtetag
 (DIR) Kommunen
 (DIR) Schulden
 (DIR) Verschuldung
 (DIR) Linksfraktion
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schuldenbremse
 (DIR) Finanzen
 (DIR) Inflation
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Akzeptanz von Windrädern: Geld ist ein gutes Argument
       
       Kommunen sollten finanziell entschädigt werden, wenn sie dem Bau von
       Windanlagen zustimmen. Nur müssen die versprochenen Gelder auch zeitnah
       kommen.
       
 (DIR) Lockerung der Länder-Schuldenbremsen: Da ist einiges schief gelaufen
       
       Die Reform der Schuldenbremse soll auch den Ländern mehr Spielräume
       bringen. Unklar ist, ob dafür auch deren Verfassungen geändert werden
       müssen.
       
 (DIR) Kaputtgesparte Landkreise: Ein Landrat wehrt sich
       
       Kommunen und Landkreise sind extrem verschuldet. Olaf Scholz hat
       angekündigt, schnell zu helfen. Kann das klappen? Ein Besuch in
       Mansfeld-Südharz.
       
 (DIR) Öffentliche Verschuldung: Inflation ist nicht irrelevant
       
       Die öffentliche Hand nahm 2023 rund 3 Prozent mehr Kredite auf. Die
       Teuerungsrate betrug aber fast 6 Prozent.