# taz.de -- Ehezerrüttung als Theaterstück: Auf dem Ledersofa ist Endstation
       
       > In „Ex“ an der Berliner Schaubühne, Regie von Marius von Mayenburg, wird
       > der Frust eines Paares zum minimalistischen Rollenspiel ausgeschlachtet.
       
 (IMG) Bild: Schönes Sitzmöbel: Marie Burchardt in „Ex“ an der Berliner Schaubühne
       
       Beruhigend sei es, jetzt auf ein Paar zu treffen, das als Positivbeispiel
       herhalten kann, sagt eine Frauenstimme beim Verlassen des Theatersaals.
       Eine halbe Drehung braucht es, um zu erkennen, an wen sich die Stimme
       richtet: [1][Adressiert werden eine ältere Frau und ihr Begleite]r, der
       Stimme zufolge wohl ein Ehepaar. Die Inhaberin der Stimme scheint eine
       Bekannte zu sein, vielleicht sogar eine Freundin des Paares. Alle drei
       waren sie Teil des Publikums in der Premiere von „Ex“ an der Berliner
       Schaubühne.
       
       Dort ging es hoch her, auch wenn alles gemäßigt begann: Daniel kommt von
       der Arbeit, streift sich das Sakko und die Chelseas ab, schlüpft in
       Wollsocken und einen fusseligen braunen Flauschpullover, während er seine
       Frau fragt, ob sie gekocht habe. Immerhin, die Lasagne wärmt er sich selbst
       auf, auch wenn Sibylle kurz davor ist, die Doku über eine französische
       Ärztin, die sie auf ihrem Laptop schaut, zu unterbrechen und von der
       ledernen Couchgarnitur aufzuspringen, um es ihm abzunehmen.
       
       Die Rollenverteilung bei Marius von Mayenburg (Autor und Regisseur) scheint
       klar verteilt: Sibylle – Marie Burchard geht auf in der äußerst
       konfrontativ angelegten Rolle – hat sich für Kinder und dementsprechend
       gegen eine Karriere als Oberärztin entschieden.
       
       ## Träume an den Nagel gehängt
       
       Ihre Frustration darüber scheint in ihrer Affinität fürs Weintrinken und
       den bissigen Kommentaren zum „hündischen Verhalten“ ihres Mannes durch.
       Der, gespielt vom unlängst an die Schaubühne zurückgekehrten Sebastian
       Schwarz, hat seine Architektenträume auch längst an den Nagel gehängt,
       konzipiert nur noch Notausgänge für Parkhäuser und sehnt sich zurück nach
       einem Leben, in dem noch alles möglich schien.
       
       [2][Der verbale Schlagabtausch zwischen dem Paar], dem man schon ab den
       ersten Minuten ausgesetzt ist, unterhält das sich überwiegend in der
       zweiten Lebenshälfte befindende Charlottenburger Publikum hörbar.
       
       Da lacht ein Ex-Bürgermeister im Publikum lauthals, eine ältere Dame zwei
       Reihen davor wirft enthusiastisch den Kopf in den Nacken, während sich zwei
       Schauspielgrößen über die anderen Zusehenden hinweg schmunzelnd zunicken.
       Es ist Unterhaltungstheater im klassischen Sinne, was von Mayenburg hier
       auf die karge Bühne (Bühnenbild und Kostüme: Nina Wetzel) bringt. Fair
       enough.
       
       ## Gegenseitige Missachtung
       
       Die passive Aggressivität, mit der sich das Paar die gegenseitige
       Missachtung um die Ohren wirft und die irgendwann sogar in aktive Gewalt
       umschlägt, trägt leider nicht über die gesamten zwei Stunden Stückdauer. Da
       hilft auch der Auftritt der titelgebenden Ex, der
       Zoohandlungsfachverkäuferin Franziska, nicht.
       
       Deren Figur bleibt derart schemenhaft, dass man es Darstellerin Eva
       Meckbach kaum verübeln mag, sie nicht ausfüllen zu können. Ob es nicht
       ausgereicht hätte, „die Ex“ wie anfangs als unsichtbares Damoklesschwert
       über der Beziehung schweben zu lassen, fragt man sich unweigerlich.
       
       Dann aber hätte es eine subtilere Umsetzung dieser in von Mayenburgs
       Kammerspiel inhärenten Message gebraucht. So aber wird erst durch einen
       plakativen Monolog von Sibylle – in der sie Franziska attestiert, „auf der
       Wellenlänge eines Pinchers“ zu funken – deutlich, worum es dem Autor und
       Regisseur tatsächlich geht: soziale Unterschiede und deren Einfluss auf
       unsere PartnerInnenwahl.
       
       Auf das Kompliment zur Beziehung entgegnet das Ehepaar beim Verlassen des
       Saals übrigens nichts, ihre Mienen bleiben undeutbar. Stattdessen wird mit
       der Bekannten über das Stück gesprochen, Fazit: ernüchternd.
       
       14 Mar 2025
       
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