# taz.de -- Verkehrsberuhigung in Berlin-Lichtenberg: Pollerkrieg im Kaskelkiez
       
       > Die CDU-Fraktion in Lichtenberg will einen Poller abräumen lassen und
       > ätzt gegen „grünen Verbotsirrsinn“. Die Stimmen von AfD und BSW sind ihr
       > sicher.
       
 (IMG) Bild: Vereint gegen das Teufelszeug Verkehrsberuhigung: CDU, AfD und BSW kämpfen im Kaskelkiez gegen eine Durchfahrtssperre
       
       Berlin taz | Gewerbetreibende werden in den Ruin getrieben. Polizei und
       Feuerwehr müssen riesige Umwege nehmen. Und unter den Anwohner:innen
       herrscht Zwietracht. So ungefähr lassen sich die Wortmeldungen der
       Gegner:innen eines Pollers auf der Stadthausstraße im Lichtenberger
       Kaskelkiez zusammenfassen.
       
       Der im Dezember 2023 nach einem Beschluss von Linken, Grünen und SPD in der
       Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg aufgestellte Poller soll nicht
       nur die Durchfahrt der Stadthausstraße verhindern. Es sollte auch der erste
       Schritt zu einer größeren Verkehrsberuhigung des Gründerzeitviertels unweit
       des S-Bahnhofs Ostkreuz sein.
       
       Die Verkehrsberuhigung ist bis heute nur teilweise umgesetzt. Dafür
       bescherte dieser eine Poller dem Ostberliner Bezirk einen andauernden
       Kleinkrieg, der an diesem Mittwoch auch in der BVV ausgetragen werden soll.
       
       In einem Dringlichkeitsantrag fordert die CDU-Fraktion vom Bezirksamt, für
       den Kaskelkiez „ein Verkehrskonzept ohne Fahrverbote zu erstellen“ und
       „endlich dem grünen Verbotsirrsinn ein Ende zu setzen“. Der Poller sei
       „eine Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit von Menschen“ und „spaltet
       die Gesellschaft“ – drunter geht es rhetorisch nicht. Der Ton ist
       jedenfalls gesetzt.
       
       ## Kampf gegen die „Pollerkultur“
       
       Der Zustimmung der BSW-Fraktion und – Brandmauer hin oder her – der
       AfD-Fraktion darf sich die CDU sicher sein. Sowohl die extreme Rechte als
       auch die Wagenknecht-Verordneten führen seit der Sperrung der
       Stadthausstraße einen verbiesterten Kampf gegen die „Pollerkultur“ im
       Allgemeinen und den einzelnen Poller im Kaskelkiez im Besonderen.
       
       Kleiner Haken für die Pollergegner:innen: Zusammen kommen die drei
       Fraktionen in der BVV nur auf 25 Sitze, für eine Mehrheit wären 28 Stimmen
       nötig. Umso mehr ruhen die Hoffnungen auf Abweichler:innen aus den
       Reihen der neunköpfigen SPD-Fraktion. Vor allem die
       Sozialdemokrat:innen würden wackeln, befürchten auch
       Verkehrswende-Aktivist:innen.
       
       Nichts wackelt da, sagt SPD-Fraktionschef Kevin Einenkel zur taz: „Wir
       lehnen den Antrag ab. Das bringt aus unserer Sicht auch nichts, mit immer
       neuen Anträgen um die Ecke zu kommen, in denen immer wieder das Gleiche
       gefordert wird.“
       
       Tatsächlich hatten CDU, AfD und BSW bereits im März 2024 eine Einheitsfront
       gegen die Verkehrsberuhigung in der BVV gebildet. Das Abräumen des Pollers
       bekam sogar eine Mehrheit, mehrere Verordnete der Linken, SPD und Grünen
       fehlten bei der Abstimmung. Das Glück der Pollergegner:innen war
       freilich nur von kurzer Dauer. Zwei Monate später räumte Rot-Rot-Grün den
       Beschluss wieder ab. Nun folgt also der nächste Versuch.
       
       ## Geringe Chancen auf Erfolg
       
       Die Chancen, dass der Antrag am Mittwoch wie vor einem Jahr noch einmal
       durchkommt, sind extrem gering. Verkehrswende-Aktivist:innen haben längst
       zu der Sitzung mobilisiert. Am Dienstag forderte auch der Umweltverband
       BUND öffentlichkeitswirksam, dem „Durchfahrtsirrsinn in Lichtenberg eine
       Abfuhr zu erteilen“.
       
       So dürfte sich dann bei der Abstimmung nicht nur bei der SPD, sondern auch
       bei der Linken keine Hand rühren, um CDU, AfD und BSW zu einer Mehrheit zu
       verhelfen. Bei den Grünen erst recht nicht. Also alles halb so wild?
       
       Ganz so einfach sei es dann doch nicht, sagt SPD-Mann Kevin Einenkel. Denn
       bei allem Einverständnis mit dem Poller bemängele seine Fraktion, dass die
       ursprünglich angedachte „große“ Verkehrsberuhigung des Kaskelkiezes nicht
       vom Fleck komme. „Uns geht es um die Umsetzung des Gesamtpakets.“ Das sei
       grundsätzlich ein Problem, und hier sei das Bezirksamt in der Pflicht zur
       Umsetzung.
       
       Die zuständige Stadträtin Filiz Keküllüoğlu von den Grünen weist die Kritik
       zurück. Sie habe mehrere zusätzliche Maßnahmen angeschoben. Einige
       Forderungen im Aufstellungsbeschluss für den Poller von 2023 „betreffen die
       Senatsverkehrsverwaltung, an die wir herangetreten sind“, sagt Keküllüoğlu
       zur taz. Selbstverständlich sei auch sie an einem Gesamtkonzept
       interessiert.
       
       Was sie nicht sagt: Bei der CDU-geführten Senatsverwaltung hält sich das
       Interesse in Grenzen.
       
       11 Mar 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rainer Rutz
       
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