# taz.de -- Glassammlung im Kunstpalast Düsseldorf: An einem Ort zwischen Zweck und Botschaft
       
       > Der Kunstpalast Düsseldorf besitzt eine der größten Glassammlungen
       > weltweit. Auch in ihrer Neupräsentation stellt sich wieder eine alte
       > Klassenfrage.
       
 (IMG) Bild: Teil der Glassammlung im Kunstpalast Düsseldorf: Richard-Kralik-Schale und Deckelpokal der Parcival-Serie, Südböhmen 1889
       
       Die Kunst? Ein Scherbenhaufen! Es muss eine massive Menge gebrochenen
       Glases sein, die mit Kraft von hinten an die schwarze Tür drückt und sich
       bedrohlich zwischen Zarge und Türblatt ins Freie zwängt. Keine Einladung
       zum neugestalteten Rundweg [1][im Düsseldorfer Museum Kunstpalast] ist
       diese „Schwarze Tür“ von Ulrike Möschel. Oder doch? Denn seit Kurzem geht
       es im Kunstpalast von diesem Scheitelpunkt ab zur Glaskunst.
       
       Nachdem die institutionelle Heimstatt der Düsseldorfer Malerschule zuletzt
       umfangreich renoviert wurde, sollten auch neue Perspektiven auf die
       Präsentation und Historisierung ihrer Sammlungen entstehen. Tatsächlich
       erscheint die Kunstgeschichte derzeit scherbengleich fragmentiert, wenn es
       darum geht, was bewertet und was überhaupt beachtet wird.
       
       Die Wiedereröffnung einer der weltgrößten Glassammlungen bietet Chancen.
       Deren 13.000 Exponate visualisieren die vielen Entwicklungen der
       Kulturgeschichte in Objekten von der Antike bis in die Gegenwart. Eine
       davon fragt bis heute nach dem Status der Glaskunst. Welchen künstlerischen
       Wert hat die Schönheit von Objekten, die oft für den Gebrauch gemacht sind?
       Ist es nur Gewerbe statt freier Kunst?
       
       Das Bedrohliche von Ulrike Möschels „Schwarzer Tür“ (2007/08) als Eröffnung
       der Glassammlung akzentuiert eher noch jene Trennung in „Hochkunst“ und dem
       vom dümmlichen Zweck Befleckten.
       
       Die scheinbar schmelzweichen, luftblasengleichen Formen von Gabriele
       Beveridges „High pink“ (2021) oder die sich in die Geschichte
       expressiv-flächiger abstrakter Malerei von Hans Hofmann bis Matt Connors
       einfügenden Farbglasschichtungen von Julio Rondo bezeichnen dabei nur
       einige der faszinierenden Möglichkeiten des Materials. Aber sie verblüffen
       dann doch weniger als jene winzigen, mit Blumenornamentik bemalten
       Mosaikglaseinlagen aus dem antiken Ägypten oder der perlmuttschimmernde
       Flakon in Form einer Dattel aus Syrien.
       
       ## Kulturaustausch über Kontinente hinweg
       
       Die aufgereihten Vitrinen vor weißen Wänden, in denen die Objekte dicht an
       dicht präsentiert werden, vermitteln eine Kühle, aus der man die Malerei
       eigentlich schon befreite. Vom Salbölgefäß aus vorchristlicher Zeit zur
       winzigen spätmittelalterlichen karminroten Salzschale mit Beinen gleich
       zerlaufener Schokolade sind es nur ein paar Schritte. Die historische
       Gliederung der Sammlungspräsentation verdeutlicht einen einstigen lebhaften
       Kulturaustausch über die Kontinente hinweg.
       
       Doch wenn wir auf den Vogelkäfig des böhmischen Innovators der Glasmalerei,
       Friedrich Egermann, um 1835 treffen, ist Europa längst wieder im Fokus und
       damit auch das Ringen um den Kunstbegriff. Welchen Zweck hat es, dass ein
       Vogel in das Innere eines bemalten und mit Wasser befüllten Gefäßes
       klettern kann, außer Staunen zu erwecken und vielleicht ein Sinnieren über
       die Lebenswelten: Luft, Wasser, Käfig?
       
       „Kunstgewerbe“ heißt es bereits 1890 zu Zeiten Émile Gallés, [2][doch
       manche Jugendstilgefäße] des Franzosen, wie etwa die Vase „Ariels Graburne“
       mit ihren abstrakten Formen aus Glasscherben und eingeritztem Text,
       erscheinen heute wie zeitgenössische Galeriekunst. Bald zeugt Joel Philip
       Myers’ „Dr. Zarkovs Spiegel“ vom effektfreudigen Mut im Art-déco-Revival
       der 1970er, das High-Art-Renegaten damals nur erschauderte „Kitsch!“-Rufe
       entlockte.
       
       Da ist Marta Klonowskas eisig diabolische Glassplitter-Ziege (2008),
       Adriana Popescus surrealer „Sanitätskarren“ (1989) zwischen Birne und Auto
       auf drei wackeligen Rädern nebst anmontierten Reagenzgläsern. Es folgt ein
       ganzer Raum mit den assoziativ abstrakten Objekten Jan Fišars, frei des
       Zwecks und doch als Hochkunst vielleicht zu schmückend.
       
       Man merkt im Verlauf der Ausstellung, wie sehr einen der Zauber des
       Verbotenen all der Werke zwischen Zweck und Botschaft oder fern von beidem
       eingefangen hat. Sind sie Ding, Kunst, ganz was anderes?
       
       11 Mar 2025
       
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 (DIR) Oliver Tepel
       
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