# taz.de -- Politischer Aschermittwoch: Nur der halbe Hulk
       
       > In Passau zeigt sich: CSU-Chef Markus Söder kann auf seine Fans zählen.
       > Aber ohne den Lieblingsfeind macht ihm das Ganze nur halb so viel Spaß.
       
 (IMG) Bild: Was hätte Mr. Miyagi zu dieser Pose gesagt, herrje: Markus Söder in Passau, Aschermittwoch 2025
       
       Passau taz | Die letzten Worte am Ende der anderthalbstündigen One-Man-Show
       in der Passauer Dreiländerhalle gehen im tosenden Applaus unter. Die
       Menschen springen von den Plätzen auf, „Zugabe“ schreien die einen. „Olé,
       olé, oh, wie ist das schön“, grölen die anderen. Der gefeierte Performer
       tritt noch einmal ans Mikrofon. „Ihr seid das geilste Publikum, dass es in
       Bayern gibt“, ruft er den Fans zu.
       
       Es ist Aschermittwoch, es ist gerade Mittag geworden. Klar, dass es
       [1][weder ein Comedian noch ein Schlagerstar] war, der die Halle gerockt
       hat, sondern Markus Söder. Wobei die Grenzen bisweilen fließend sind. Der
       Mann trifft beim Politischen Aschermittwoch stets auf ein verlässliches,
       dankbares, in Teilen alkoholisiertes Publikum. Und der CSU-Chef weiß es zu
       bespielen.
       
       Das Ritual ist bekannt: Fischsemmeln und Krapfen werden gereicht, die
       ersten leeren Masskrüge kurz nach 9 Uhr morgens abgeräumt. Gepasst hätte
       der „Einzug der Gladiatoren“, gespielt wird stattdessen auch dieses Mal
       wieder der Defiliermarsch, als Söder in die Halle einzieht. Die Fans sind
       von weither angereist, der CSU-Freundeskreis Paderborner Land ist da, die
       CDU Peine, die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner
       ebenso wie die stellvertretende CDU-Generalsekretärin Christina Stumpp.
       
       Und auch der alte Herr ist wieder gekommen, der seit Jahrzehnten
       Aschermittwoch für Aschermittwoch ein selbst gebasteltes Schild durch die
       Reihen trägt. Bald 90 Jahre alt muss er jetzt sein. „Mit Merz aufwärts ab
       März“ ist diesmal seine Botschaft.
       
       Und doch, etwas ist anders in diesem Jahr. Noch nie fand ein Politischer
       Aschermittwoch so kurz nach den Bundestagswahlen statt. Bundestagswahlen
       wohlgemerkt, die Markus Söder eine Neuerfindung seiner selbst abverlangen
       müssten.
       
       Schließlich hat er sein Programm in den vergangenen Jahren fast nur noch
       mit Hieben auf die regierende Ampel, mit Themen wie Genderwahn und
       Zwangsveganisierung bestritten, gern auch mit der vom Norden orchestrierten
       Diskriminierung Bayerns. Beste Gelegenheit also, um [2][den neuen Söder]
       gleich mal dem großem Publikum zu präsentieren. Einen Söder, dessen Partei
       aller Voraussicht nach der künftigen Bundesregierung angehören wird.
       
       ## G wie Günther
       
       Es kommt nicht ganz so. Es ist unverkennbar, dass der Abschied von der
       Ampel, [3][vor allem von den Grünen], den der Politiker Söder so sehr
       herbeigesehnt hat, dem Redner Söder noch sehr schwerfällt. Zu sehr hat er
       sie offensichtlich als Zielscheibe für Hohn und Häme lieb gewonnen. Zum
       Glück gibt es den schleswig-holsteinischen CDU-Ministerpräsidenten Daniel
       Günther, der die neue Lücke ein bisschen füllen darf.
       
       Der habe für Robert Habeck bestimmt schon ein warmes Plätzchen in seiner
       Koalition freigehalten, mutmaßt Söder. Und auch bei der Attacke gegen
       andere Bundesländer, die Bayern angeblich immer belehrten, aber trotzdem
       das Geld des Freistaats nähmen, darf sich Günther sicher mit gemeint
       fühlen.
       
       „Ein Minister muss nicht alles wissen, aber ein Minister, der gar nichts
       weiß, den kannst du in Deutschland nicht brauchen“, schimpft Söder über
       Habeck, als ob dessen politisches Ende nicht bereits besiegelt sei. „Die
       Grüne saufen alle Ingwer-Smoothies“, spottet er weiter, bevor er ein Ende
       „der Genderei im öffentlichen Raum“ fordert. Man fühlt sich ins Jahr 2022
       gebeamt. Natürlich zieht Söder auch über einen anderen Lieblingsfeind her:
       „die Supermacht, die jede Veränderung blockiert, von Medien immer recht
       bekommt, der große Klub der NGOs“.
       
       Dann verspricht er: „Ich werde nie im Leben zulassen, dass wir auf das
       geistige Niveau eines Bremer Abiturs sinken.“ Im Saal sitzt auch eine
       Abordnung von CSU-Fans aus Bremen, die sich offenbar trotz ihrer
       geografischen Benachteiligung dem geistigen Niveau der Veranstaltung
       gewachsen sieht. Aber auch das CDU-regierte Nordrhein-Westfalen wird von
       Söder geschmackssicher auf seine Unzulänglichkeiten hingewiesen: „Wir haben
       Lederhosen, in Düsseldorf gibt’s nur die Toten Hosen.“
       
       ## Lage nach Lager
       
       Natürlich geht Söder auch auf die weltpolitische Lage ein. „Neue Stärke“,
       ruft er mit erhobener Faust in die Halle, das sei das, was Deutschland
       jetzt brauche. Die jüngsten Äußerungen von US-Präsident Trump hätte er sich
       noch vor wenigen Wochen nicht vorstellen können. Er habe sich seit seiner
       Kindheit als Transatlantiker gefühlt, jetzt sei sein persönliches
       Koordinatensystem erschüttert.
       
       „Schwäche wird nicht mehr belohnt“, man brauche einen neuen Deal. Jammerer
       würden allerdings in der Welt nichts verändern, Moralisierer in Washington
       nicht gehört. Deutschland werde sich deshalb wappnen. „Wir werden unsere
       Muskeln trainieren – mehr denn je.“
       
       Mit der SPD geht Söder in seiner Rede vergleichsweise pfleglich um –
       abgesehen von einigen Spitzen gegen den scheidenden Kanzler und hämischer
       Bemerkungen über die bayerische SPD, die bei der Wahl nur noch auf ein
       einstelliges Ergebnis kam.
       
       Drüben im nahegelegenen Vilshofen tritt derweil Karl Lauterbach ans
       Rednerpult. „Hier ist nicht der Moment, alte Rechnungen zu begleichen“,
       sagt der Gesundheitsminister beim Politischen Aschermittwoch der SPD,
       „sondern wir müssen konstruktiv nach vorne blicken.“ Man werde viel
       miteinander reden müssen. Am Donnerstag sollen die Sondierungsgespräche
       fortgesetzt werden.
       
       5 Mar 2025
       
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