# taz.de -- Die Wahrheit: Versackt in alle Ewigkeit
       
       > Kreuzberger Nächte sind lang – und voll von abgestürztem Politpersonal.
       > Der Berliner Sonntagspätnacht-Report.
       
 (IMG) Bild: Kurz bevor die Bundespolitik einfällt beim Berliner Schlawinchen …
       
       „Ein Ort, den man mögen muss. Ein Erlebnis ist es allemal. Prost!“ Jovial
       wie stets und über alle Schmerzgrenzen hinweg zieht uns die kommende
       Wunderwaffe der abgebrannten Liberalismusfackel FDP hinein in die
       Kreuzberger Traditionsrumpelkneipe „Bei Schlawinchen“. Wolfgang „Burgunder“
       Kubicki hat es gerade noch bis an den gleich neben der Tür liegenden Tresen
       geschafft.
       
       Und dort steht er feixend „seinen Mann“, seitdem am Wahlsonntag noch vor 21
       Uhr klar war, dass Parteichef und Ex-Ampler Christian Lindner in Zukunft
       ein bisschen Vater werden will – und vor allem voll von „Dankbarkeit“
       (Lindner) ab jetzt mehr Geld in der freien Wirtschaft erlösen will.
       
       „Schluss mit der APO, der außerparlamentarischen Opposition, bevor sie
       wieder startet für die FDP“, intoniert nur leicht lallend Kubicki, bevor
       ihm die kostümierte Türsteherin im Schlawinchen eins auf das geschmeidige
       Silberhaar haut. Es ist, jetzt früh um 3.53 Uhr, Saskia „SPD“ Esken, die
       hinter den Kulissen die Flucht nach vorn und in der rosa Kostümjacke
       angetreten hat. Türsteherin – eigentlich ein schönes neues Betätigungsfeld
       für die Calwerin und Co-SPD-Vorsitzende aus Baden-Württemberg. Doch weit
       gefehlt.
       
       „Ich entlasse mich nicht selbst aus der Verantwortung, das werden schon
       andere nicht tun! Und jetzt lassen Sie mal die junge Frau da durch.“
       Tatsache: Durch die rauchkanonengeschwängerte dicke Kneipenluft bahnt sich
       die zweite Wunderwaffe der FDP, ihres Zeichens Marie-Agnes
       Strack-Zimmermann, kurz „MASZ“ genannt, wie immer resolut ihren mit
       Haubitzen und Tarnkappen übersäten Weg.
       
       Wie es ihr bei Schlawinchen gefalle? „Na, hören Sie mal, das ist doch keine
       Frage, die Antwort lautet: ‚Die FDP braucht mich als Vorsitzende und mehr
       Waffen für Deutschland, mindestens 18 Prozent!‘“ MASZ bestellt Kir Royal
       bei Robert Habeck, der Montagmorgen gleich klarstellen will, dass er, wie
       er in einem ganzen halben Satz bei Schlawinchen zu Protokoll gibt, „keine
       führende Rolle in den Personaltableaus der Grünen mehr beanspruchen oder
       anstreben“ wird, dafür jedoch bei einem Schlawinchen-Ableger an der
       deutsch-dänischen Grenze. „Hat mehr Zukunft als Kinderbücher“, hören wir
       noch von ihm als Letztes, bevor er zum Wutheulen unter dem feuchten Tresen
       verschwindet.
       
       ## Fusel für die „Nachwahl“
       
       Weit und sehr breit sehen wir im Schlawinchen um diese tiefe Schlafenszeit
       keine feste Nahrung, außer je einer Sorte Wein, Bier und Fusel für die
       „Nachwahl“. Doch, halt! Wer ist das dort im dantesken Höllengedränge?
       Tatsache, es ist Sahra Wagenknecht! Zusammen mit der Partei für
       Verjüngungsforschung (304 Stimmen und nur in Bremen) die große Verliererin
       des Bundestagswahlabends 2025. Das neben ihr geparkte Bier hat mit 5,0
       Prozent Stammwürze exakt rund 0,08 Prozent mehr Promille als heute ihr
       höchstpersönliches BSW. Und es kommt noch übler für die passionierte
       Kostümträgerin: ein Fleck auf der tristen und farblich undefinierbaren
       Oberteiljacke!
       
       Dabei ist die Konsistenz des Flecks eigentlich lecker – Gatte Oskar
       Lafontaine hat für die lange Wahlnacht extra die von Sahra so geliebte
       Tomatensoße mit Nudeln in Tupperware mitgegeben. Teilen mit ihrer
       Co-Vorsitzenden Amira Mohamed Ali muss die saarländische Merzigerin das
       späte Nachtessen nicht – Ali ist versehentlich nach der
       TV-Elefantentalkrunde vom Pförtner im Hauptstadtbüro der ARD eingeschlossen
       worden und kommt dort wohl nicht mehr raus. „Mist aber auch!“, ruft
       Wagenknecht. Mehr Kommentar zu ihrer beruflichen Zukunft können wir ihr
       trotz hartnäckigen Nachfragens nicht entlocken.
       
       Letzte Frage dennoch, bevor die Polonaise Berlinese quer durchs
       Schlawinchen in den wildesten Konstellationen zieht. „Frau Wagenknecht,
       streben Sie eine Vereinigung mit der Partei für Verjüngungsforschung an?“
       Spitzer Mund, spitzer Blick: „Geht es noch? Das würde ja zahlentechnisch
       auch nur 304 Stimmen mehr bringen. Eher versacke ich hier in alle
       Ewigkeit!“
       
       25 Feb 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Harriet Wolff
       
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