# taz.de -- Krieg in Gaza: Die zähen letzten Meter vor der Waffenruhe
       
       > Eine Einigung zwischen der islamistischen Hamas im Gazastreifen und
       > Israel scheint zum Greifen nahe. Die Rechte in Israel rebelliert.
       
 (IMG) Bild: „Warum sind sie noch in Gaza?“, fragen Protestierende nach den Geiseln, Tel Aviv, 13. Januar
       
       Jerusalem taz | Die Hamas hat offenbar einem Entwurf für einen
       Waffenstillstand im seit 15 Monaten dauernden Krieg im Gazastreifen und den
       Austausch von Gefangenen zugestimmt. Das berichtete die Nachrichtenagentur
       AP am Dienstag unter Berufung auf an den Gesprächen in Doha beteiligte
       Vertreter der Gruppe und Ägyptens. Auf israelischer Seite bedarf der
       Vorschlag noch der Zustimmung des Kabinetts.
       
       Regierungschef Benjamin Netanjahu traf sich am Nachmittag mit dem
       rechtsextremen Finanzminister und erklärten Gegner des Abkommens, Bezalel
       Smotrich. Ein israelischer Vertreter sagte gegenüber CNN, Israel sei
       „bereit für einen Waffenstillstand“. Oppositionsführer Jair Lapid kündigte
       an, ein Abkommen auch gegen den Widerstand der rechtsextremen
       Koalitionspartner Netanjahus mitzutragen.
       
       Der künftige US-Präsident Donald Trump hatte in den vergangenen Tagen
       massiv darauf gedrängt, vor seinem Amtsantritt in der kommenden Woche zu
       einer Einigung zu kommen. Dessen Drohungen scheinen auf Israels
       Regierungschef Benjamin Netanjahu gewirkt zu haben. Nach allem, was über
       das Abkommen bekannt ist, sind die israelischen Verhandler von mehreren
       Punkten abgerückt, an denen vergangene Gespräche gescheitert waren.
       
       Eines der Zugeständnisse: Die Armee soll im Rahmen einer Einigung den
       Netzarim- und den Philadelphi-Korridor im Zentrum des Küstenstreifens und
       an der Grenze zu Ägypten verlassen. Netanjahu hatte monatelang betont, die
       Kontrolle über den Philadelphi-Korridor sei unabdingbar für Israels
       Sicherheit. Nun aber sollen Hunderttausende aus dem Norden des
       Küstenstreifens vertriebene Palästinenser unter einer nicht näher
       definierten Aufsicht in den [1][Norden zurückkehren] können.
       
       ## Auch Hamas rückt wohl von Kernforderung ab
       
       Die erste von drei Phasen soll laut der Nachrichtenagentur Reuters 42 Tage
       dauern, während der sich die israelischen Truppen bis auf eine Pufferzone
       entlang der israelischen Grenze zurückziehen sollen.
       
       Im Gegenzug zur Freilassung der Geiseln sollen in der ersten Phase auch
       [2][Hunderte palästinensische Gefangene] freikommen, auch solche, die für
       tödliche Angriffen auf Israelis verantwortlich sind.
       
       Laut dem US-Nachrichtenportal Axios hat die Hamas, anders als von Israel
       gefordert, noch keine Liste präsentiert, welche der in einer ersten Phase
       des Waffenstillstands freizulassenden 33 Geiseln noch leben. Unter ihnen
       sollen Frauen, Kinder, Männer über 50 sowie Verwundete und Kranke sein.
       Israelische Vertreter gehen laut der New York Times davon aus, dass die
       meisten von ihnen am Leben sind. Insgesamt befinden sich noch knapp 100
       israelische Geiseln im Gazastreifen.
       
       Auch die Hamas scheint von einer ihrer Kernforderungen abzurücken, nämlich
       von der, nur einen Waffenstillstand zu akzeptieren, der zu einem Ende des
       Krieges führt. Zwar soll am Ende der zweiten Phase der vollständige Abzug
       Israels aus Gaza und ein dauerhafter Waffenstillstand folgen. Die
       Verhandlungen dafür beginnen jedoch erst 16 Tage nach dem Beginn der ersten
       Phase.
       
       ## Ben-Gvir droht, die Koalition zu verlassen
       
       Israels rechtsreligiöser Polizeiminister Itamar Ben-Gvir kündigte an, im
       Falle eines Waffenstillstands die Regierung zu verlassen. Auch der
       rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich nannte das Abkommen am
       Montag beim Onlinedienst X eine „Katastrophe für die nationale Sicherheit“.
       
       Viele Kritiker der Regierung sehen darin einen Beweis, dass eine frühere
       Einigung bisher vor allem aus politischen Gründen abgelehnt worden sei.
       Ben-Gvir, Smotrich sowie Politiker aus Netanjahus eigener Partei
       [3][fordern seit Monaten offen die Vertreibung der Palästinenser und die
       jüdische Besiedlung Gazas.] 
       
       Seinen Kriegszielen ist Israel in den letzten Monaten kaum noch näher
       gekommen. Die Hamas ist massiv geschwächt, doch Mohammed Sinwar, der Bruder
       des getöteten Hamas-Anführers Jahia, arbeitet laut einem Bericht des Wall
       Street Journal am Aufbau einer neuen Generation von Kämpfern. Auch zur
       Befreiung der Geiseln hat der militärische Druck bisher nicht geführt.
       
       Während der Gespräche in Doha gingen die Angriffe in Gaza weiter: In der
       Nacht auf Dienstag wurden bei israelischen Angriffen 31 Menschen getötet,
       darunter Frauen und Kinder.
       
       14 Jan 2025
       
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