# taz.de -- Klage von Jemeniten: Der Tod kam via Ramstein
       
       > Das Bundesverfassungsgericht prüft die internationale Verantwortung
       > Deutschlands für US-Drohnen-Angriffe. Ein Urteil ist in einigen Monaten
       > zu erwarten.
       
 (IMG) Bild: Der Luftwaffenstützpunkt Ramstein im April 2024
       
       Karlsruhe taz | Muss die Bundesregierung verhindern, dass die USA ihren
       Stützpunkt in Ramstein (Rheinland-Pfalz) für völkerrechtswidrige Tötungen
       in Jemen nutzt? Darüber verhandelte das Bundesverfassungsgericht in
       Karlsruhe am Dienstag. Geklagt hatten zwei Männer aus Jemen, die nicht
       persönlich anwesend waren.
       
       Die USA kämpft weltweit gegen die islamistischen Terrororganisationen
       al-Qaida und „Islamischer Staat“. Oft setzt sie dabei bewaffnete Drohnen
       ein. Diese werden zwar von den USA aus gesteuert. Wegen der Erdkrümmung
       braucht das Signal aber unterwegs eine Relaisstation. Hierfür nutzt die USA
       die Air Base in Ramstein.
       
       Anlass des Rechtsstreits ist ein Vorfall im Jahr 2012. Ein Geistlicher in
       der Provinz Hadramaut hatte in der Predigt vor al-Qaida gewarnt. Am
       nächsten Tag wollten ihn drei Al-Qaida-Vertreter zur Rede stellen. Der
       Geistliche traf sich mit ihnen, nahm zur Sicherheit aber noch einen
       Polizisten mit. Das Treffen endete tödlich. Eine US-Drohne tötete alle fünf
       Männer, nicht nur die Al-Qaida-Leute, sondern auch ihre Gegner. Zwei Neffen
       des Geistlichen klagen seitdem gegen die US-Drohnenangriffe. Sie fürchten
       auch um ihr Leben und das ihrer Familien. Die Drohnenangriffe unterschieden
       nicht genug zwischen Kämpfern und Zivilisten. Da die Neffen in den USA
       keine Chance hatten, klagen sie seit 2014 mit NGO-Unterstützung in
       Deutschland; [1][ohne die Relaisstation in Ramstein] wären die Angriffe
       nicht möglich.
       
       Das Verwaltungsgericht Köln lehnte die Klage 2015 ab. Das
       Oberverwaltungsgericht Münster gab ihr 2019 teilweise statt; Ramstein sei
       ein „notwendiges Bindeglied“. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig
       lehnte die Klage 2020 wiederum ab. Ein technischer Übermittlungsvorgang
       reiche nicht aus, um eine deutsche Schutzpflicht für die Bevölkerung in
       Jemen entstehen zu lassen.
       
       ## Schutzpflicht?
       
       Ob Deutschland eine Schutzpflicht für Jemeniten und andere potenzielle
       Drohnenopfer hat, war jetzt auch die zentrale Frage beim
       Bundesverfassungsgericht. Für die Bundesregierung lehnte [2][der
       parlamentarische Verteidigungsstaatsekretär Thomas Hitschler (SPD)] eine
       Verantwortung für das Verhalten von Drittstaaten wie den USA ab. Die
       deutsche Bündnisfähigkeit wäre beeinträchtigt, wenn Deutschland ständig das
       globale Handeln seiner Partnerstaaten kontrollieren und korrigieren müsste.
       
       Für die Kläger argumentierte der Anwalt Sönke Hilbrans: „Deutsche
       Grundrechte gelten dort, wo deutsche Staatsgewalt wirkt.“ Sein Kollege
       Andreas Schüller ergänzte: „Deutschland muss nicht im Jemen handeln,
       sondern in Rheinland-Pfalz.“
       
       Die Richter diskutierten lebhaft: „Wenn ich einen Nachbarn auf mein
       Grundstück lasse, damit er einen besseren Schusswinkel hat, weil er jemand
       erschießen will, dann habe ich doch eine gewisse Verantwortung“, fragte
       Richter [3][Ulrich Maidowski]. Rechtsprofessor Sebastian Graf von
       Kielmannsegg, der die Bundesregierung vertrat, fand den Vergleich jedoch
       unpassend. „Die USA schießen in Deutschland keine Raketen ab, es geht nur
       um eine Datenleitung.“
       
       Auch wenn Deutschland eine Schutzpflicht haben sollte, heißt dies nicht
       zwingend, dass Ramstein geschlossen werden müsste. Es könnte genügen, dass
       die Bundesregierung versucht, auf die USA einzuwirken. Das Urteil wird in
       einigen Monaten verkündet.
       
       17 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Drohneneinsaetze-der-US-Armee/!5731668
 (DIR) [2] https://www.bmvg.de/de/ministerium/staatssekretaere/thomas-hitschler
 (DIR) [3] https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/DasBundesverfassungsgericht/RichterinnenRichter/RichterinnenRichter/ZweiterSenat/Maidowski/maidowski_node.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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