# taz.de -- Stromspeicher für Erneuerbare Energien: Deutschland sucht die neue Superbatterie
       
       > Erneuerbare Energien haben ein Problem: um Dunkelflauten zu überstehen,
       > braucht es Langzeitspeicher. Ein Wettbewerb will Innovationen
       > vorantreiben.
       
 (IMG) Bild: Bisher noch nicht im industriellen Maßstab einsetzbar: Forscher arbeiten an Batterien die langfristig viel Strom speichern können
       
       BERLIN taz | Im Zuge der Energiewende setzt Deutschland auf Strom aus
       erneuerbaren Quellen. Leider liefert die Sonne in nördlichen Gefilden
       zeitweise im Überfluss, dann wieder praktisch nichts. Wind weht oft auch
       nicht zuverlässig. [1][Gibt es wie Ende letzter Woche weder Wind noch
       Sonne, spricht man von einer Dunkelflaute]. Die größte Herausforderung der
       Erneuerbaren Energien sind also Speicher, die langfristig Strom aufbewahren
       können. Ein Wettbewerb soll günstige, einfache und effiziente
       Langzeitbatterien für die Industrie liefern.
       
       Vier Firmen aus Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden und der
       Schweiz wetteifern, organisiert durch die Sprunginnovationsagentur des
       Bundes (Sprind), um eine Lösung. Die grundsätzlichen Technologien sind
       teils bekannt, [2][bisher aber nicht im industriellen Maßstab einsetzbar].
       Es geht um Flussbatterien, auch Redox-Flow-Batterien genannt, und um
       Geräte, die sowohl Strom in Wasserstoff als auch Wasserstoff in Strom
       umwandeln können. Ein Team arbeitet sogar mit Rost.
       
       „Eine Sprunginnovation muss keine vollständig neue Erfindung sein“, sagt
       Jano Costard, der den Wettbewerb, Challenge genannt, verantwortet. „Sie
       kann auch eine vorhandene Technologie entscheidend weiterentwickeln und ihr
       dadurch zum großen Durchbruch verhelfen.“ Das Konzept der
       Redox-Flow-Batterie zum Beispiel sei bereits im Einsatz, aber noch sehr
       teuer. Das verwendete Material ist oft selten, teils giftig.
       
       Der Markt für Speicher ist riesig, sollte Deutschland wie geplant fast
       vollständig auf erneuerbare Energien setzen. Experten des Fraunhofer
       Instituts für Solarenergie schätzten 2022, dass 2030 eine Kapazität von
       103,8 Gigawattstunden nötig ist, 2045 gar 178. Derzeit können sind in
       Deutschland Batteriespeicher mit nur etwa 17 Gigawattstunden in Betrieb. 84
       Prozent davon sind kleinere Speicher in Wohnhäusern.
       
       Und es handelt sich fast ausschließlich um Lithium-Ionen-Batterien. Solche
       Batterien sind, in kleiner Form, auch in Mobiltelefonen eingebaut oder in
       E-Autos. Aber das Material ist selten und teuer, die Batterien sind
       feuergefährlich. Zudem benötigt die Industrie deutlich größere Systeme. Sie
       müssen sich nicht so schnell laden und entladen lassen wie
       Lithium-Ionen-Batterien, dafür aber große Mengen Strom lange speichern.
       
       ## Bis zu 4 Millionen erhalten die Firmen für die Entwicklung von
       Prototypen
       
       Vier Teams sind noch im Wettbewerb. In einer ersten Runde bekamen sie
       jeweils eine Million Euro, um ihre Konzepte zu entwickeln. In der zweiten
       Runde gibt es bis Mai 2025 bis zu drei Millionen Euro je Team. „Ziel der
       Challenge sind Prototypen, die zeigen, dass die Technologien reif sind für
       eine Serienfertigung“, sagt Costard. „Idealerweise steigen nach der
       Sprind-Challenge private Investoren ein und finanzieren das weitere
       Wachstum dieser Start-ups.“ Das passiere bereits, erste Finanzierungsrunden
       liefen bereits.
       
       Reverion aus Eresing, 40 Kilometer westlich von München, entwickelt eine
       Kombination aus Brennstoffzelle und Elektrolyseur. Das Gerät kann Strom in
       Wasserstoff und zurück verwandeln. Das ist nicht neu, allerdings ist der
       angestrebte Wirkungsgrad von gut 80 Prozent innovativ. Einen Container mit
       dem Prototypen konnte die Sprind-Jury bereits begutachten.
       
       Unbound Potential aus der Nähe von Zürich und Haliogen Power, eine
       Ausgründung der Universität Manchester arbeiten an Flussbatterien. Dabei
       fließen sehr vereinfacht zwei Flüssigkeiten, getrennt von einer Membran,
       durch die Batterie. Der Strom wird in den Flüssigkeiten gespeichert. Die
       Membran steht allein für etwa 30 Prozent der Kosten. Sie wegzulassen, spart
       also viel Geld. Das Problem ist nicht so sehr, dass sich Flüssigkeiten
       vermischen, Wasser und Öl bleiben auch getrennt. Es geht vielmehr darum,
       dass immer die gleiche Menge beider Flüssigkeiten ein- und ausströmt – auch
       in großem Maßstab. Die Anlage von Unbound Potential besteht aus 40
       Containern und hat eine Kapazität von zehn Megawattstunden.
       
       Ore Energy aus Delft nutzt für seine Batterie Eisen, Wasser und Luft. Die
       Batterie ist mit Wasser gefüllt, ein Pol besteht aus Eisen, der andere aus
       einer Art Membran, durch die Sauerstoff in die Batterie gelangt. Der
       Eisenpol rostet und setzt dadurch Energie frei. Wird Energie zugeführt,
       regeneriert sich der Pol, die Batterie gibt Sauerstoff ab und speichert den
       Strom. Was in der Theorie einfach klingt, ist kompliziert, denn Rost lässt
       sich nur schwer in Eisen zurückverwandeln. Es kommt auf die Art des Rostes
       an. Der Vorteil ist, dass die Materialkosten sehr günstig sind.
       
       ## „Für die Zukunft der deutschen Industrie ist es wichtig, jederzeit
       sauberen, günstigen Strom verfügbar zu haben“
       
       Allen vier Konzepten ist gemeinsam: Energieumwandlung und Speicherung sind
       getrennt. Wasserstoff oder die Flüssigkeiten der Redox-Flow-Batterien
       können in Tanks lagern. Bei höherem Speicherbedarf wird die Menge der Tanks
       erhöht.
       
       Kunden für die Batterien, wie sie im Sprind-Wettbewerb entwickelt werden,
       können zum Beispiel Logistikunternehmen sein, die ihre Hallen mit
       Solarzellen bestückt haben und den Tagstrom nachts nutzen wollen.
       
       Costard erklärt, warum Sprind auch Firmen außerhalb Deutschlands fördert:
       „Gerade bei Sprunginnovationen ist es wichtig, dass es überhaupt eine
       Lösung für die Probleme mit besonders großer gesellschaftlicher oder
       wirtschaftlicher Relevanz gibt“.
       
       Die müsse dann auch nicht zwingend aus Deutschland kommen, um finanziert zu
       werden. „Wichtig für die Zukunft der deutschen Industrie ist es, jederzeit
       sauberen, günstigen Strom verfügbar zu haben. Wenn die dafür notwendigen
       Technologien aus Deutschland kommt, ist das umso schöner.“
       
       15 Dec 2024
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Björn Hartmann
       
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