# taz.de -- Autorin über Rassismus in Beziehungen: „Unsere Gesellschaft definiert Liebenswürdigkeit“
       
       > Rassismus und Vorurteile können Liebesbeziehungen prägen. Die Autor*in
       > Josephine Apraku erklärt, wie sich mit diesem Problem umgehen lässt.
       
 (IMG) Bild: Protest gegen Rassismus: Demonstration am 7. August 2024 in London nach rechtsextremen Krawallen in Großbritannien
       
       taz: Josephine Apraku, ist Ihr Buch ein Beziehungsratgeber? 
       
       Josephine Apraku: Eigentlich nicht. Die Leute können ihr eigenes Leben
       wahrscheinlich besser einschätzen als ich. Deswegen arbeite ich viel mit
       Reflexionsfragen, die Leute in einer Beziehung auch gemeinsam machen
       können. Der Ausgangspunkt ist ein ganzes Kapitel, das Unterdrückung in
       Liebesbeziehungen erst mal definiert, um auch Leute anzusprechen, die sich
       noch gar nicht damit befasst haben. Aber ich habe auch viele Studien
       zusammengetragen für Leute, die sich mit diesen Fragen schon beschäftigt
       haben.
       
       Sie schreiben auch Kinderbücher. Wie würden Sie einem Kind Liebe erklären? 
       
       Apraku: Liebe ist ein Tu-Wort: Wenn ich einen Menschen liebe, zeige ich das
       durch mein Verhalten – ich bin zum Beispiel freundlich, geduldig und
       unterstützend. Liebe bedeutet auch, dass ich die andere Person nicht
       absichtlich verletze, weder mit Worten noch mit Taten. Liebe lässt Menschen
       wachsen – nicht nur körperlich, wie bei Kindern, sondern auch im Herzen, im
       Fühlen und Denken.
       
       In Ihrem Buch heißt es: „Liebe ist nicht für alle gemacht.“ Was bedeutet
       das? 
       
       Apraku: Die Art und Weise, wie wir in unserer Gesellschaft mit Liebe
       konfrontiert werden, lässt uns immer wieder hinterfragen: Wer ist
       eigentlich liebenswürdig? Liebe scheint nur für bestimmte Menschen zu sein:
       weiße Menschen, Menschen mit Zugang zu Geld, heterosexuelle Menschen,
       Menschen ohne Behinderung und so weiter. Eigentlich ist Liebe etwas total
       Inklusives, aber das bekommen wir in der Gesellschaft überhaupt nicht
       widergespiegelt.
       
       Würde es uns als Gesamtgesellschaft besser gehen, wenn wir mehr an unseren
       persönlichen Beziehungen arbeiten? 
       
       Apraku: Ich glaube schon. Diskriminierungskritik bedeutet ja, wir setzen
       uns gemeinsam ein für eine Gesellschaft, in der alle Menschen das haben,
       was sie brauchen, um ein gutes Leben zu führen. Wenn es uns in persönlichen
       Beziehungen ein Anliegen ist, dann ist es uns nicht auf einmal woanders
       keins. Ich habe eine weiße Mutter, die sich viel mit Rassismus beschäftigt,
       weil ich davon betroffen bin. Diese Arbeit hat total viel mit ihr gemacht,
       unabhängig von unserer Beziehung.
       
       Wo fängt diese Beziehungsarbeit an? 
       
       Apraku: Wenn wir mit einer Person neu zusammenkommen, sollte uns klar sein:
       Wen habe ich gelernt, attraktiv zu finden? Was sind eigentlich meine
       persönlichen Werte? Gibt es Sachen, die ich nicht aushandeln möchte? Als
       Schwarze Person kann ich mir absolut nicht vorstellen, mit einer Person
       zusammen zu sein, die behauptet, es gäbe keinen strukturellen
       [1][Rassismus].
       
       Wer kann aus Ihrem Buch lernen? 
       
       Apraku: Mitnehmen können Leute immer irgendwas. Die Frage ist nur: Was und
       mit welcher Konsequenz? Ich habe Rückmeldungen bekommen von Leuten im Alter
       meiner Mutter, die meinten: „Für mich war es total gut, mal zu raffen, dass
       unsere soziale Position was mit unserer Perspektive auf die Welt macht.“ Es
       gab aber auch Leute, die meinten: „Ich habe dein Buch gelesen und dann
       wurde mir klar: Der Partner, mit dem ich zusammen bin, der ist eigentlich
       gar nicht so cool. Deswegen habe ich mich getrennt.“
       
       Wie fühlt sich das an? 
       
       Apraku: Ich wäre fein damit, wenn Leute auf meinen Grabstein schreiben:
       „Hat Beziehungen zerstört, die vielleicht zerstört gehört haben.“ Wenn eine
       Person merkt: Meine Grenzen werden nicht gewahrt und ich bin immer wieder
       in bescheuerten Diskussionen zum Thema [2][Sorgearbeit], Rassismus,
       [3][Ableismus], [4][Klassismus] und so weiter, dann ist es gut zu
       überlegen: Bin ich hier eigentlich in der richtigen Beziehung?
       
       13 Dec 2024
       
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