# taz.de -- BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter: Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
       
       > Der Familienrichter Dettmar stoppte 2021 die Maskenpflicht an Weimarer
       > Schulen. Dafür wurde er zu Recht verurteilt, entschied der
       > Bundesgerichtshof.
       
 (IMG) Bild: Rechtsbeugung: 2021 verbot Familienrichter Demmer in Weimar Kindern an Schulen Masken zu tragen
       
       Karlsruhe taz | Der Bundesgerichtshof hat die Bewährungsstrafe für [1][den
       sogenannten „Weimarer Masken-Richter“] Christian Dettmar bestätigt. Dettmar
       habe sein Richteramt missbraucht, als er 2021 zielgerichtet ein
       Kindeswohlverfahren initiierte und durchführte, damit er an Weimarer
       Schulen Corona-Schutzmaßnahmen untersagen konnte.
       
       Dettmar ist schon seit 1996 Richter am Amtsgericht Weimar und dort für
       Familienrecht zuständig. Anfang 2021 fasste er den Entschluss, die
       [2][Maskenpflicht] an Weimarer Schulen zu untersagen, weil sie nach seiner
       Auffassung gegen das Kindeswohl verstößt. Deshalb streute er in Kreisen der
       Maßnahmen-Gegner:innen, an deren Demonstrationen er auch regelmäßig
       teilnahm, ein Musterschreiben, mit dem Eltern ein Eingreifen des
       Amtsgerichts anregen konnte. Er teilte Vertrauten auch mit, für welche
       Anfangsbuchstaben er zuständig ist. Als eine Mutter im März für ihre beiden
       Kinder ein Kindeswohlverfahren anregte, besserte er das Schreiben nach und
       gab es ihr zum endgültigen Einreichen zurück.
       
       Im April verfasste er dann eine einstweilige Anordnung, mit der er die
       Maskenpflicht, Abstandsregeln und weitere Maßnahmen an zwei Weimarer
       Schulen untersagte. Der Beschluss bestand im Wesentlichen aus den Gutachten
       von drei Sachverständigen, die Richter Dettmar zuvor beauftragt hatte. Der
       Richterspruch sorgte bundesweit für Aufsehen, wurde einen Monat später aber
       vom Thüringer Oberlandesgericht aufgehoben, weil ein Familiengericht nicht
       für die Kontrolle staatlicher Maßnahmen zuständig ist – dies sei Aufgabe
       der Verwaltungsgerichte.
       
       [3][Zwei Jahre später, im August 2023, verurteilte das Landgericht] Erfurt
       Dettmar wegen Rechtsbeugung zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe, die auf
       Bewährung ausgesetzt wurde. Dettmars Revision dagegen hatte nun ebenso
       wenig Erfolg, wie die Revision der Staatsanwaltschaft, die aber nur
       Kleinigkeiten gerügt hatte.
       
       ## Richteramt missbraucht
       
       Der Bundesgerichtshof bestätigte nun das Erfurter Urteil in vollem Umfang.
       Dettmar habe sich schwerwiegend über die Pflicht zur richterlichen
       Unabhängigkeit hinweggesetzt und die Neutralitätspflicht massiv verletzt.
       Er habe dabei so elementar gegen Verfahrensregeln verstoßen, dass es nicht
       mehr darauf ankomme, ob die Eilverfügung in der Sache richtig war oder
       nicht. Auch die Motive des Richters seien angesichts der elementaren
       Pflicht-Verletzungen nicht mehr relevant, so der BGH.
       
       Dettmar hatte stets betont, dass es ihm nur um das Kindeswohl gegangen sei.
       Dazu sagte nun aber die Vorsitzende BGH-Richterin Eva Menges: „Der Wunsch,
       das Richtige und Gerechte zu tun, schließt eine Rechtsbeugung nicht aus.“
       Dettmar habe sein Richteramt missbraucht, um manche Eltern, die die
       Corona-Maßnahmen kritisch sahen, zu bevorteilen und den Freistaat Thüringen
       sowie andere Eltern, die die Corona-Maßnahmen unterstützten, benachteiligt.
       
       Konkret wurden Dettmar vor allem drei Verfahrensverstöße vorgeworfen. Zum
       einen habe er selbst ein Verfahren initiiert, von dem er schon wusste, wie
       es ausgehen sollte, weil er damit öffentliche Diskussionen anregen wollte.
       Dass er selbst im Vorfeld des Verfahrens aktiv war, hätte er in den Akten
       vermerken müssen, damit andere Verfahrensbeteiligte seine
       Voreingenommenheit rügen können.
       
       ## „Danke, Herr Dettmar“
       
       Zweitens habe er bei der Auswahl der Sachverständigen die Verfahrensregeln
       verletzt, weil er nur solche Sachverständige beauftragte, deren Haltung mit
       seinen Überzeugungen übereinstimmte. Die Expert:innen suchte er schon,
       bevor überhaupt ein konkretes Verfahren bei ihm anhängig war, kritisierte
       BGH-Richterin Menges. Die Korrespondenz mit den Sachverständigen habe
       Dettmar über sein privates E-Mail-Konto geführt, um die Art der
       Zusammenarbeit zu verschleiern.
       
       Drittens habe Dettmar auf die Anhörung der betroffenen Kinder und anderer
       Eltern verzichtet, um möglichst schnell nach Ostern seine einstweilige
       Anordnung veröffentlichen zu können. Dettmar sei es nicht um ein
       sachgerechtes Ergebnis im Einzelfall gegangen, sondern nur darum, ein
       bereits von vornherein feststehendes Ergebnis medienwirksam zu
       veröffentlichen.
       
       Das Urteil ist nun rechtskräftig. Dettmar könnte dagegen allenfalls noch
       eine Verfassungsbeschwerde einlegen. Das Publikum im BGH, das im
       Wesentlichen aus Sympathisanten bestand, war mit dem BGH ersichtlich
       unzufrieden. „Danke, Herr Dettmar“, riefen mehrere nach der Verkündung des
       Urteils.
       
       Mit dem Urteil verliert Dettmar automatisch sein Richteramt. Das Deutsche
       Richtergesetz sieht diese Rechtsfolge vor, wenn ein Richter rechtskräftig
       zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde. Er ist
       schon seit Januar 2023 suspendiert.
       
       20 Nov 2024
       
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