# taz.de -- Ibsen-Preis für Lola Arias: Mehr als nur Zeugnisse anderer
       
       > Lola Arias wurde im Nationaltheater in Oslo der Ibsen-Preis überreicht.
       > Die argentinische Regisseurin steht für engagiertes, dokumentarisches
       > Theater.
       
 (IMG) Bild: Lola Arias bei der Preisverleihung im norwegischen Nationaltheater
       
       Schon herbstlich gelb und rot leuchtet das Laub im Studenterlunden, dem
       schmalen Park im Zentrum von Oslo. Eine Statue des norwegischen Dichters
       und Dramatikers Henrik Ibsen (1828–1906) flankiert dort den Eingang zum
       Nationaltheater. Seine Dramen gehören zum festen Repertoire des
       Schauspielhauses von 1899. An diesem Oktoberwochenende wird in dem
       historisch üppig verzierten Gebäude der Internationale Ibsen-Preis an
       [1][die argentinische Theaterregisseurin Lola Arias] verliehen.
       
       Die 48-Jährige steht für ein engagiertes, dokumentarisches Theater, das
       Menschen und deren Erfahrungen auf die Bühne bringt, die dort nicht
       repräsentiert und gesellschaftlich kaum sichtbar sind. Arias, die heute in
       Berlin lebt, inszenierte schon mit Veteranen des Falkland-Krieges,
       minderjährigen Flüchtlingen oder Sexarbeiter:Innen genauso wie mit
       Kollaborateuren und Dissidenten des DDR-Regimes.
       
       Seit 2008 zeichnet der norwegische Staat mit dem weltweit höchstdotierten
       Theaterpreis (umgerechnet ca. 213.000 Euro) Künstler:Innen, Institutionen
       oder Organisationen für ihr herausragendes Schaffen aus, das im Geiste
       Ibsens Wahrheit und Freiheit als tragende Säulen von Gesellschaft begreift.
       
       Theater, Filme, Bücher 
       
       In ihrer Dankesrede in Oslo erläutert die Preisträgerin den
       dokumentarischen Charakter ihres Theaters, [2][ihrer Filme] und Bücher und
       verweist darauf, dass es sich nicht einfach um transkribierte Zeugnisse
       anderer handle. „Vielleicht habe ich selbst die Illusion geschaffen, dass
       diese Werke keine Literatur seien, sondern Stücke des Lebens. Aber es tut
       mir leid, den Bann zu brechen: Jedes Wort wurde geschrieben und immer
       wieder neugeschrieben; jedes Schweigen und jede Geste der Protagonisten
       wurde endlos geprobt.“
       
       Ein lebendiges Beispiel [3][dieser Theaterpraxis] und der damit verbundenen
       Kraftanstrengung geben in Oslo die sechs Protagonist:Innen von „Los
       días afuera“ (The Days Out There) mit zwei berührenden Vorstellungen in
       Ibsens Nationaltheater.
       
       Lola Arias’ musikalische Inszenierung handelt von dem Leben der cis und
       trans Personen in Buenos Aires nach ihrer Entlassung aus dem argentinischen
       Strafvollzug. Aktuell touren sie gemeinsam in einem großen, familiär
       wirkenden Produktionsteam (inklusive Baby) durch Europa. Im November wird
       „Los días afuera“ dabei ein weiteres Mal im [4][Berliner Gorki Theater] zu
       sehen sein.
       
       Eindrücklich schildert Lola Arias, wie die Nachricht der Jury aus Norwegen
       sie kurz vor Probenbeginn erreichte und die Finanzierung für die aufwändige
       Produktion dieses jüngsten Theaterstücks noch nicht gesichert war. „Aber
       auf eine Art habe ich das Gefühl, dass der Preis genau zum richtigen
       Zeitpunkt kam, denn es ist wirklich das schwierigste Projekt, auf so vielen
       Ebenen, das ich je gemacht habe.“
       
       15 Oct 2024
       
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