# taz.de -- Interimsintendanz für die Volksbühne: Beerdigung erster Klasse
       
       > Das Künstler-Duo Vegard Vinge und Ida Müller, beliebt und berüchtigt als
       > Theater-Zertrümmerer, soll die Volksbühne in Berlin für drei Jahre
       > leiten.
       
 (IMG) Bild: Die Berliner Volksbühne
       
       Es ist schon zwölf Jahre her, Frank Castorf war noch Intendant an der
       Volksbühne in Berlin, dass dort das [1][Theatermacher-Duo Vegard Vinge
       (Regie und Schauspiel) und Ida Müller (Bühnenbild) für Furore sorgte]. Ihr
       Theater hatte etwas von einer Karikatur des Theaters, samt Geniekult. Alles
       war mit gezeichneten Linien wie in einem Comic überzogen, auch Kostüme und
       Gesichter der Schauspieler.
       
       Die Zeit aber dehnte sich schrecklich, Stunden, Tage dauerten die
       Inszenierungen. Das konnte peinsam oder ärgerlich werden für die Besucher.
       Dies Theater werkelte auch schon mal ohne Zuschauer vor sich hin, dann
       wieder ließ sich Vinge beim Zerkloppen der liebevoll gemalten Kulissen
       beobachten. Er gab den Künstler als Terrorist. Das hatte etwas von einer
       Beerdigung erster Klasse der bürgerlicher Kunstform Theater.
       
       Am Wochenende meldete der Tagesspiegel in Berlin, dass das Künstlerduo
       Vegard Vinge/Inge Müller für drei Jahre die Interimsleitung der Volksbühne
       übernehmen soll. Die Verträge lägen zur Unterschrift bereit. [2][Seit René
       Polleschs unerwartetem Tod im Februar] fehlt der großen Bühne eine Leitung.
       
       ## Anarchismus und Verantwortung
       
       Nun also Vinge/Müller. Das ist überraschend. Zum einen, weil der
       Anarchismus und die Lust an der Destruktion des Theaters in ihrer Kunst
       sich bisher noch nicht auf großen Bühnen bewiesen haben. Auch wenn das Duo
       eine große Fan-Gemeinde hat, ist das doch eher eine Insider-Gruppe. Zum
       anderen, weil Intendanz ja vor allem auch eine Leitungsfunktion mit vielen
       anderen als künstlerischen Aufgaben ist. Und man bisher keine Vorstellung
       hat, wie gut das Duo da aufgestellt ist.
       
       Die Volksbühne ist ein riesiger Apparat, dessen viele Gewerke bereit zum
       Mitspielen sein müssen. Chris Dercon, Castorfs erster unglücklich gewählter
       Nachfolger, hat erfahren, wie eisig der Wind aus dieser Richtung blasen
       kann.
       
       Mit der Interimsintendanz gewinnt der Berliner Kultursenat Zeit für eine
       neue Besetzung. Die Wahl des Duos spricht dafür, dass Berlin das große
       Theater als eigene Marke, im Profil deutlich unterschieden von den anderen
       Häusern sehen will. Und mit Radikalität liebäugelt.
       
       Sicher ist: Leicht ist so eine Interimsintendanz nicht. Laufende Verträge,
       etwa mit dem Ensemble, müssen eingehalten werden. Der Spielraum ist nicht
       groß, zumal [3][unter der aktuellen Vorgabe von Einsparungen] an allen
       Berliner Kulturinstitutionen.
       
       6 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Bettina Müller
       
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