# taz.de -- Kommunalwahl in Bosnien und Herzegowina: Überraschungen sind möglich
       
       > In Sarajevo und mehrheitlich muslimischen Gebieten könnte es spannend
       > werden. Das Risiko von Wahlbetrug ist dank technischer Neuerungen
       > minimiert.
       
 (IMG) Bild: Bosnien und Herzegovina: Vor der Wahl von sintflutartigen Regenfällen und Überschwemmungen heimgesucht
       
       Sarajevo taz | In Bosnien und Herzegowina sind für den kommenden Sonntag
       Kommunalwahlen angesetzt. Doch derzeit haben die Menschen andere Sorgen.
       Das Land wird von sintflutartigen Regenfällen und Überschwemmungen
       heimgesucht. Die Städte Konjic und Jablanica an der Neretva in Südbosnien
       kämpfen gegen die Wassermassen. Die Bundesstraße M17, die von Sarajevo nach
       Mostar führt, wurde in der Nacht auf Freitag von einem Erdrutsch
       weggerissen. 21 Tote sind bereits jetzt zu beklagen, weitere Menschen
       werden vermisst, die materiellen Schäden ist noch nicht absehbar.
       
       In den von serbischen und kroatischen Autokraten beherrschten Landesteilen
       wird sich wohl grundsätzlich nichts ändern, es könnte aber immerhin in
       einzelnen Kommunen zu Überraschungen kommen. [1][Denn die Wahlen werden mit
       technischen Neuerungen überwacht werden, die den früher üblichen Wahlbetrug
       eindämmen könnten]. Es wird in der serbischen Teilrepublik wohl nicht mehr
       so leicht möglich sein, Stimmzettel im großen Stil auszutauschen und die
       Wahlen im Sinne der herrschenden Partei Allianz der Unabhängigen
       Sozialdemokraten (SNSD) des Nationalisten Milorad Dodik zu manipulieren.
       
       Die serbische Opposition allerdings hat nach den so erzwungenen Niederlagen
       bei den letzten Wahlen an Kraft verloren. Viele serbische Oppositionelle
       scheinen überdies auch angesichts der verworrenen weltpolitischen Lage
       resigniert zu haben.
       
       In den kroatischen Gebieten der Westherzegowina ist es dem herrschenden
       Autokraten Dragan Covic und seiner Kroatisch Demokratischen Gemeinschaft
       HDZ mit Hilfe des kroatischen Staates gelungen, ihre Machtpositionen
       auszubauen.
       
       ## Vor Veränderungen
       
       Doch vor allem in der Hauptstadt Sarajevo und den noch multikulturell und
       multireligiös ausgerichteten Gebieten mit muslimischen
       Bevölkerungsmehrheiten könnte es spannend werden. In der
       bevölkerungsreichsten Region Tuzla dürften sich die Sozialdemokraten mit
       ihrer linken Tradition behaupten.
       
       In Bihac, Ostmostar und anderen Gemeinden war es den
       zivilgesellschaftlichen Gruppen und eher links ausgerichteten Parteien bei
       den letzten Wahlen zwar gelungen, die Vorherrschaft der mulimischen
       Nationalpartei SDA zu brechen, doch das Pendel scheint jetzt zurück zu
       schwingen.
       
       Auch in Sarajevo zeichnen sich Veränderungen ab. Das jetzt regierende nicht
       nationalistische Parteienbündnis Troika aus Sozialdemokraten, der liberalen
       Partei Nasa Stranka (Unsere Partei) und der muslimischen Reformpartei Narod
       i Pravda (Volk und Recht) scheint an Zustimmung zu verlieren.
       
       Als in Sarajevo bei den Wahlen vor vier Jahren die Troika die Macht
       übernehmen konnte, hofften viele Menschen auf einen grundsätzlichen Wandel.
       Sie hofften auch auf eine Verfassungsreform, die Bosnien und Herzegowina an
       die Demokratien in Europa heranführen würde.
       
       Diese Hoffnungen wurden enttäuscht, ja mehr noch: Die Verfassung wurde nach
       den Wünschen der kroatischen Nationalisten verändert. Die Internationale
       Gemeinschaft stellte sich hinter die Entscheidung [2][ihres Hohen
       Repräsentanten Christian Schmidt] – dieser schritt nicht ein – und begrub
       ihrerseits alle Hoffnungen auf eine bürgerliche Verfassung in Bosnien und
       Herzegowina.
       
       Auch die Troika lieferte nicht. Nach Meinung prominenter Intellektueller
       und Gewerkschafter habe sie sich nicht gegen diese Entscheidung gewehrt,
       sondern weiterhin mit den Nationalisten beider Seiten zusammen gearbeitet
       habe.
       
       5 Oct 2024
       
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