# taz.de -- Golf im Herbst: Eine vielfach deprimierende Zeit
       
       > Laub und Dunkelheit erschweren den Abschlag. Mit dem Herbst endet auf dem
       > Golfplatz die Saison. Und damit auch die Chance das Handicap
       > auszugleichen.
       
 (IMG) Bild: Golfen im Winter? Der Herbst ist noch unangenehmer!
       
       Herbst. Für Golferinnen und Golfer ist das eine wenig schöne Zeit. Denn das
       Saisonende naht, sportlich und jahreszeitlich. Schon weil die Tage
       erschütternd schnell kürzer werden und somit keine Abend- oder wenigstens
       Spätnachmittagsrunden mehr möglich sind.
       
       Das Spiel an einem Hochsommerabend ist so ziemlich das Wunderbarste dieses
       Sports. Abschlag nach 18 Uhr, die große Hitze ist vorbei. Wenn man allein
       spielt, geht der Start auch noch um 19 Uhr. Das besonders Schöne daran und
       gleichzeitig Seltsame: Dann ist der Platz immer schon weitgehend leer.
       Warum spielen so wenige am Abend? Wir lästern gern: Weil Mutti dann zu
       Hause zum Abendessen ruft. Oder Papi seine Pantoffeln braucht. Und im
       versnobten und völlig überalterten Aachener Golfklub: Weil die Pflegerin um
       18 Uhr Feierabend hat.
       
       Herrliches Abendgolf: Die letzte Bahn spielt man mit den letzten
       Sonnenstrahlen oder gleich in die untergehende Sonne hinein. Als sei man
       als lonely cowboy im Western unterwegs. Und dann auf der Klubhausterrasse
       noch ein großes Bier, das ist next to heaven.
       
       Jetzt aber: Zeit der Tristesse. Das Klubhaus hat manchmal schon um 19 Uhr
       zu, lohnt nicht. Und alles ist voller abgefallenem Laub. Gut, das ist halt
       der Dinge Gang, und wir Golfer lieben ja das Spiel in des Schwunggottes
       weiter Natur. Aber warum müssen sich die Bälle immer zielsicher nervend
       unter Laubberge kuscheln? Man sucht ewig, manchmal erfolglos. Und bei der
       nächsten Bahn das Gleiche. Schon die Flächen neben den Fairways („Rough“)
       und das Spielbahnbegleitgebäum sind wegen ihres Ballhungers dauerhafte
       Gegner, jetzt kommt der Fraß der Blätterwälder dazu.
       
       ## Zeit des Matsches
       
       Und es ist die Zeit des Matsches gekommen. Gut, wer das Frühjahr 2024
       überstanden hat, schlammwatend mit Geräuschen, die etwa „Quoutsch“ oder
       „Bschouff“ klangen, den schreckt auch das Herbstgeläuf nur in Maßen.
       Schöner wird es dadurch nicht. Schon an Bahn 3 sind die Füße nass.
       
       Im Herbst wähnt man sich immer noch in den Ausläufern des Sommers. Es ist
       Oktober, das kann doch nicht sein, dass da schon Matsch ist! Hat die
       Drainage Verstopfung? Sind die Greenkeeper alle krank? Die sollen mal voran
       machen: Wofür zahle ich die 87 Euro im Monat?! Flutlichtmasten und ein
       Überdachen des Platzes sind auch keine Alternative.
       
       Der Herbst ist übler als der Winter. Auch im klimakatastrophenbedingt
       abgemilderten Winter erwartet man gar keine Chance mehr, in die grüne Welt
       zu können. Auch wenn Schnee bei uns im transatlantisch mild bewindeten und
       bewinterten äußeren Westen des Landes quasi abgeschafft ist. Wenn es doch
       mal klappt, ist es eine kleine extrafreudige Überraschung.
       
       „Sollen wir?“ – „Klar, ich war vorgestern da, der Platz ist ziemlich okay.“
       Manchmal stimmt der überbordende Optimismus des Antworters sogar mit der
       Wirklichkeit überein.
       
       ## Keine Turniere
       
       Auch sportlich ist der Herbst ein Elend. [1][Keine großen Turniere der
       Profis mehr bis April.] Und vor allem keine eigenen, also keine Auszeiten
       mit dem kleinen Prickel, ob man mal wieder eine gute Runde hinbekommt unter
       Wettkampfbedingungen. Dafür deprimierender Rückblick auf ein Halbjahr, wo
       wieder mal vieles nicht so geklappt hat wie gedacht. Genaugenommen: wo fast
       alle Turniere daneben gingen.
       
       Und keine Chance mehr das auszugleichen. Das Handicap, Maß allen
       sportlichen Selbstbewusstseins, zielt auch in den Keller. Statt des
       kürzesten Golfwitzes „Ich kann’s jetzt“ gilt die traurige Weisheit: „Ich
       kann’s nicht mehr.“
       
       Wobei: Es gibt einen kürzeren Golfwitz als den kürzesten. Er lautet:
       „Gestern.“
       
       Braucht es eine Erklärung? Mit „gestern …“ oder mit „neulich …“ beginnen
       mit manischer Begeisterung die Erzählungen von Mitspielern, was sie eben
       gestern oder neulich erlebt haben, wo sie den Ball hingeschlagen haben, was
       sonst wie passiert ist. Lauter Sachen, die man gar nicht wissen will.
       
       Die Gestern-Pest ist wie ein Virus. Im Herbst wird einem selbst das bis zum
       Frühjahr fehlen.
       
       25 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Müllender
       
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