# taz.de -- Künstler über Projekt zu Diversität: „Hummus ist eine bindende Masse“
       
       > Das Diskussionsformat „Hummustopia“ bringt in Hamburg Fremde an einen
       > Tisch, um bei Hummus und Musik zu diskutieren – und Gemeinsamkeiten zu
       > finden.
       
 (IMG) Bild: Verbindet: Riesen-Hummusschale in Israel
       
       taz: Herr Rosenblum, worin liegt die „Zauberbindungsfreudenkraft“ von
       Hummus? 
       
       Avraham Rosenblum: Hummus ist symbolisch spannend – es ist quasi eine
       bindende Masse. Es passt sehr gut zu unserem Projekt, weil es ein in sich
       umstrittenes Essen ist. [1][Es ist politisch aufgeladen], weil viele
       Nationalitäten und Gruppierungen die Herkunft bestreiten und Themen wie
       kulturelle Aneignung, Kolonialismus oder Kapitalismus dabei ins Spiel
       kommen. Hummus spielt lustigerweise auch da eine Rolle. Aber eigentlich ist
       es auch einfach lecker, gesund, vegan und viele Leute mögen es.
       
       taz: Was passiert bei „Hummustopia“? 
       
       Rosenblum: Hummustopia ist ein Ort, wo fremde Menschen sich begegnen und
       über spannende Themen diskutieren können. Das Ziel ist, Menschen
       zusammenzubringen, trotz aller Unterschiede, und eine kleine Gemeinsamkeit
       zu finden. Es ist eine Art Gedankenübung. Wir sind uns viel näher als
       fremd, aber in unserer Routine vergessen wir das manchmal. Heutzutage
       mangelt es an persönlicher Begegnung. Bei Hummustopia können die Menschen
       erzählen, was sie wirklich glauben, anstatt jemandem gefallen zu müssen.
       Dieser Moment, zu erkennen, dass das Gegenüber einem nichts Böses will, ist
       sehr wichtig und das erfahren die Leute nicht so häufig.
       
       taz: Was macht eine erfolgreiche Diskussion aus? 
       
       Rosenblum: Wenn Leute, die sonst anderer Meinung sind, einen Kompromiss
       treffen. Dass sie einander zuhören und sagen: „Nee, da stimme ich nicht zu,
       das empört mich“, aber dass sie diesen Prozess mitmachen. Und oft, das
       freut mich richtig, merke ich, dass ein kleiner Perspektivwechsel passiert
       ist. Mir macht es am meisten Spaß, wenn das Publikum sehr divers ist.
       Deshalb spreche ich auch Passant*innen an und lade sie zum lecker
       [2][Streiten] ein. Wenn es total durchmischt ist, ist die Veranstaltung am
       schönsten. Wir wollen nicht die Wahrheit finden, sondern zwischen uns
       beiden die erste und kleinste Gemeinsamkeit und dann haben wir die Aufgabe
       schon erfüllt. Es gibt jedes Mal hunderte Gemeinsamkeiten und das addiert
       sich einfach zu was Schönem.
       
       taz: Wie stellen Sie sicher, dass die Diskussionen respektvoll und
       konstruktiv bleiben? 
       
       Rosenblum: Das ist uns sehr wichtig. Es gibt bei den [3][Veranstaltungen]
       immer eine professionelle Person aus der Konfliktberatung oder
       Awareness-Arbeit. Jeder Person, die dazu kommt, erklären wir ein paar
       Grundregeln: mit Respekt aufeinander aufzupassen, aber auch auf sich selbst
       zu achten. Keine Person muss eine Begegnung aushalten. Zu meiner großen
       Freude kam es sehr selten zu einem großen Streit, selbst dann nicht, wenn
       sich krass polarisierte Meinungen vor einem Tisch begegneten.
       
       taz: Was können wir daraus für unsere alltäglichen Begegnungen lernen? 
       
       Rosenblum: Das Banale: Respekt füreinander zu haben und zu merken, dass
       wir nicht alles wissen. Einander auf Augenhöhe zu begegnen, ohne den
       anderen sofort in eine Schublade zu stecken. Und sich philosophische Fragen
       zu stellen, wie: Gibt es denn eine Wahrheit und wenn nicht, wessen
       Wahrheit ist wichtiger? Ist es meine? Das wäre ein komischer Zufall.
       
       11 Oct 2024
       
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