# taz.de -- Hochwasserlage in Sachsen: Keine Angst vor der Elbe
       
       > In Dresden sieht man einem drohenden Hochwasser diesmal gelassen
       > entgegen. Auch wegen einer neuen Zuversicht in den Katastrophenschutz.
       
 (IMG) Bild: Dresden, 15. September: Hochwasserschutz am Terassenufer
       
       In Dresden haben die klassischen touristischen Fotomotive und sogar das
       akute Hochwasser keine Chance gegen die Bilder der am 11. September
       [1][teilweise eingestürzten Carolabrücke]. Auf dem „Balkon Europas“, am
       Geländer der Brühlschen Terrasse, drängen sich Gäste und Einheimische mit
       ihren Handys.
       
       Auch jetzt noch bieten die beiden ins Hochwasser führenden schrägen Rampen
       einen Blick von makabrer Ästhetik. In einem vorbildlichen Kraftakt haben
       Stadtverwaltung, Feuerwehr, THW und Bundeswehr mit etwa 150 Helfern den
       geborstenen dritten Brückenzug zerkleinert und beräumt. In nur vier Tagen
       haben sie damit befürchtete zusätzliche Hindernisse für den erwarteten
       Anstieg der Elbe beseitigt.
       
       Auch der Laie kann erkennen, dass sich vor dem weiterhin quer in der Elbe
       liegenden, längst überfluteten mittleren Brückenteil das Wasser kaum
       zusätzlich aufstaut und rechts und links vorbeifließen kann.
       
       Trotz der aus Tschechien nahenden Flutwelle wird nach Prognosen des
       Dresdner Umweltamtes der bereits für Montag vorhergesagte Pegel von sechs
       Metern erst am Mittwoch mit dem Scheitel der Welle erreicht. Zur
       Jahrhundertflut 2002 stieg die Elbe in Dresden auf 9,40 Meter, 2013
       erreichte sie einen reichlichen Meter weniger.
       
       ## Stimmung bleibt entspannt
       
       Überraschend rechnet auch das Landeshochwasserzentrum Sachsen mit einem
       Rückgang der Pegel an den meisten Flüssen und sogar an der Neiße. In
       Görlitz blieb sie am Montag knapp unter der höchsten Hochwasserwarnstufe
       vier. Tendenz bereits fallend. Auch der Dauerregen ließ am Montag bereits
       spürbar nach.
       
       Entsprechend ist die Stimmung unter den Schaulustigen und den Einwohnern.
       Stadtgespräch ist nach wie vor die Carolabrücke und deren wahrscheinlicher
       kompletter Abriss. Innerstädtische Staus signalisieren ihr Fehlen.
       
       Doch so ganz ist die Stadt von Hochwasserbildern nicht verschont. Das
       linkselbische Terrassenufer und der rechtselbische Radweg sind zwar
       gesperrt und teilweise überflutet. Aber so schlimm wie vor 22 Jahren kommt
       es nicht, sind auch Passanten überzeugt.
       
       Zu dieser Gelassenheit trägt ein neues Vertrauen vorwiegend in den aktiven
       Hochwasserschutz bei. Richtung Radebeul, wo am letzten Septemberwochenende
       das Weinfest unbeeindruckt stattfinden soll, passiert man auf dem Radweg
       mobile Schutzwände auf den Deichen. Eine solche Leichtmetallwand steht nun
       erstmals auch unterhalb der Kunstakademie an der Brühlschen Terrasse und
       soll die Radeberger Biergaststätte schützen.
       
       ## Bauwut der 90er
       
       Für den passiven Hochwasserschutz besitzt Dresden dank seiner breiten
       Elbwiesen Retentionsräume, die freilich bei tagelangen Rekordpegelständen
       auch kein Wasser mehr aufnehmen könnten. Nur dank Bürgerintervention
       konnten diese Elbauen nach 1990 vor der neuen Bauwut gerettet werden. Im
       selben Ungeist naiven Fortschrittsglaubens wurde aber 40 Kilometer
       elbabwärts vor Riesa innerhalb der statistischen Linie für ein
       hundertjähriges Hochwasser die Siedlung Röderau-Süd für 400 Einwohner
       errichtet. Bis über die Dachfirste 2002 überflutet, kostete der komplette
       Wiederabriss den Freistaat Sachsen 50 Millionen Euro.
       
       Aus solchen Fehlern hat man gelernt. Hinzu kommt jetzt der günstige
       Umstand, dass man neben der Elbe nicht an einer zweiten Wasserfront kämpfen
       muss. 300 Liter pro Quadratmeter fielen an jenem 12. August 2002 in
       Zinnwald auf dem Kamm des Osterzgebirges. Weit vor dem Elbanstieg stürzte
       die Weißeritz zu Tal, suchte sich in Dresden ihr altes Bett wieder und
       ergoss sich in Zwinger, Hofkirche und über den Theaterplatz.
       
       16 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Einsturz-der-Carolabruecke-in-Dresden/!6036277
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
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