# taz.de -- Tunesien vor den Wahlen: Präsident bekommt Gegendruck
       
       > Zwei Oppositionskandidaten müssen laut dem Obersten Gericht wieder
       > zugelassen werden. Am Freitag protestierten Tausende gegen die Regierung
       > von Kais Saied.
       
 (IMG) Bild: Am Freitag fand in Tunis die größte regierungskritische Kundgebung seit zwei Jahren statt
       
       Tunis rtr/dpa/ap | In Tunesien nehmen die Spannungen weniger als einen
       Monat vor der Präsidentenwahl zu. Das höchste Gericht wies am Samstag die
       Wahlkommission an, zwei Kandidaten wieder zuzulassen. Die Richter warnten,
       andernfalls könne die Legitimität [1][der Wahlen am 6. Oktober] in Frage
       gestellt werden. Am Freitag war es zur größten regierungskritischen
       Kundgebung seit zwei Jahren mit Tausenden Teilnehmern gekommen, die gegen
       Einschränkungen demokratischer Rechte protestrierten.
       
       Sie versammelten sich am Abend in der Hauptstadt Tunis und warfen
       Amtsinhaber Kais Saied einen autoritären Regierungsstil vor. „Keine Angst.
       Keine Einschüchterung. Die Macht liegt in den Händen des Volks“, riefen
       einige von ihnen laut Augenzeugen. Einige riefen Parolen der Proteste ab
       2010, die zum Sturz von [2][Langzeitherrscher Zine al-Abidine Ben Ali]
       geführt hatten. Viele Gegner von Präsident Saled fürchten, dass die Wahlen
       manipuliert werden.
       
       Die Wahlkommission hatte sich Anfang September geweigert, der Entscheidung
       des Obersten Gerichts Folge zu leisten und die Kandidaten Abdellaif Mekki,
       Mondher Znaidi und Imed Daimi wieder zuzulassen. Die Wahlkommission hatte
       die drei Gegenkandidaten von Saied wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten aus
       dem Rennen genommen. Der Wahlleiter Farouk Bouasker wies Vorwürfe zurück,
       die Wahlkommission diene dem Machterhalt von Saied und erklärte, nur die
       Wahlkommission garantiere den rechtmäßigen Ablauf der Präsidentenwahl.
       
       Znaidi und Mekki hatten eine neue Beschwerde gegen die
       Kommissions-Entscheidung eingelegt, der das Oberste Gericht am Samstag
       stattgab. Die Richter erklärten, die von Präsident Saied handverlesene
       Kommission sei verpflichtet, ihre Anordnungen umzusetzen.
       
       Saied wurde 2019 demokratisch gewählt. 2021 löste er das Parlament per
       Dekret auf und setzte eine Verfassung durch, die alle wesentlichen
       Befugnisse dem Präsidenten übertrug. Er begründete dies mit der jahrelangen
       Krise in Tunesien. Kritiker sprechen von einem Staatsstreich. In Tunesien
       nahm 2011 der Arabische Frühling seinen Anfang, der Hoffnung auf eine
       Demokratisierung der Region geweckt hatte.
       
       ## Ennahda meldet Festnahmen von Parteimitgliedern
       
       Unterdessen meldet die größte Oppositionspartei des Landes, die
       islamistische Partei Ennahda, dass mindestens 80 Parteimitglieder
       festgenommen worden seien – im Zuge landesweiter Razzien in der vergangenen
       Woche. Die Anwältin Latifa Habbechi sagte, möglicherweise belaufe sich die
       Zahl der Festgenommenen sogar auf 116.
       
       Der ehemalige Sportminister Ahmed Gaaloul, ein Mitglied des
       Ennahda-Vorstands, sagte, auch mehrere hochrangige Parteifunktionäre seien
       in Gewahrsam genommen worden. Unter ihnen seien Mohammed Guelwi, ein
       weiteres Mitglied des Parteivorstands, und Mohammed Ali Boukhatim, ein
       regionaler Parteiführer aus Ben Arous, einem Vorort von Tunis. Was ihnen
       konkret vorgeworfen wird, war zunächst unklar. Anwältin Habbechi sagte,
       möglicherweise sollten sie wegen Verstößen gegen Anti-Terror-Gesetze
       angeklagt werden.
       
       Die prominentesten Oppositionspolitiker des Landes, unter ihnen
       Ennahda-Parteichef Rached Ghannouchi, sitzen bereits im Gefängnis.
       
       14 Sep 2024
       
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