# taz.de -- US-Präsidentschaftswahl: Mit Republikanern ins Kabinett
       
       > Kamala Harris hat auf CNN ihr erstes TV-Interview seit ihrer Nominierung
       > gegeben. Dabei gab es keine großen Patzer, dafür einige Überraschungen.
       
 (IMG) Bild: US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris, hier bei einer Wahlkampfveranstaltung am 29. August
       
       Washington taz | Der US-Vizepräsidentin Kamala Harris bleiben weniger als
       70 Tage, um die US-amerikanische Bevölkerung davon zu überzeugen, dass sie
       das Zeug dazu hat, das Land über die nächsten vier Jahre zu regieren.
       
       In ihrem ersten Fernsehinterview seit ihrer Nominierung als
       Präsidentschaftskandidatin der demokratischen Partei hat sich die
       59-Jährige keinen großen Patzer geleistet und sogar für eine kleine
       Überraschung gesorgt. Von der Leichtigkeit, die sie während des
       Nominierungsparteitags vergangene Woche in Chicago versprühte, war
       allerdings nur wenig zu spüren.
       
       Harris, die zusammen [1][mit ihrem Vizekandidaten Tim Walz] für das höchste
       Amt im Land kandidiert, beantwortete im Interview mit dem
       US-Nachrichtensender CNN Fragen über ihre politischen Pläne, ihre
       veränderten Positionen, Präsident Joe Biden und den Krieg in Gaza.
       
       Zum Auftakt des knapp 27-minütigen Interviews, welches am Donnerstagabend
       ausgestrahlt wurde, fragte CNN-Journalistin Dana Bash Harris nach ihren
       Plänen für den ersten Tag im Amt. Das Kapitel wurde jedoch schnell ad acta
       gelegt, da sie ihre bereits bekannten Pläne, wie mehr Steuervergünstigungen
       für Familien mit Kindern, einfach wiederholte.
       
       ## Mittelschicht unterstützen, Hoffnung verbreiten
       
       „Eine meiner höchsten Prioritäten ist es, alles zu tun, was wir können, um
       die Mittelschicht zu unterstützen und zu stärken. Wenn ich mir die
       Hoffnungen, Ziele und Ambitionen des amerikanischen Volkes anschaue, glaube
       ich, dass die Menschen bereit sind für einen neuen Weg nach vorn. Und zwar
       auf eine Art und Weise, die Generationen von Amerikanern angetrieben hat –
       durch Hoffnung und Optimismus“, sagte Harris.
       
       Hoffnung ist das große Schlagwort von Harris’ Wahlkampf. Etwas, das sie
       sich [2][von Ex-Präsident Barack Obama] abgeschaut hat. Dieser hatte
       aufgrund seiner Hautfarbe jedoch auch immer wieder mit Anfeindungen zu
       kämpfen. Harris ist nicht nur schwarz, sondern auch eine Frau. Auf die
       Frage, wie sie mit Kommentaren von Republikanern und Ex-Präsident Donald
       Trump über ihre Identität umgehe, erwiderte sie: „Immer das gleiche alte,
       abgedroschene Drehbuch. Die nächste Frage bitte.“
       
       Am energischsten zeigte sich Harris vermutlich auf die Frage nach ihren
       Positionen zu den Themen Fracking und Einwanderung. In beiden Fällen haben
       sich ihre öffentlichen Aussagen gegenüber früheren Jahren klar verschoben.
       
       „Ich denke, der wichtigste und bedeutsamste Aspekt meiner politischen
       Perspektive und Entscheidungen ist, dass sich meine Werte nicht geändert
       haben“, sagte Harris. Sie habe jedoch während der vergangenen fast vier
       Jahre als Vizepräsidentin gelernt, wie wichtig es sei, einen Konsens zu
       erzielen, um die Probleme gemeinsam lösen zu können.
       
       ## Aktuell leichter Vorsprung vor Trump
       
       Harris, die in neuesten Umfragen sogar einen leichten Vorsprung gegenüber
       Trump besitzt, wurde in den letzten Wochen von Republikanern für ihre
       veränderten Positionen immer wieder kritisiert. Hatte sie sich als
       US-Senatorin noch für ein Verbot der [3][kontroversen Fracking-Methode] zur
       Gewinnung von Erdgas und Erdöl ausgesprochen, ist sie seither gegen eine
       solche Bestimmung.
       
       „Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir uns ernsthaft damit befassen,
       was wir tun müssen, um uns vor einer eindeutigen Klimakrise zu schützen“,
       sagte Harris, die betonte, dass sie zusammen mit Präsident Biden [4][das
       größte Klimagesetzespaket] in der Geschichte der USA verabschiedet habe.
       
       Vor mehr als vier Jahren hatte sich Harris auch für eine Dekriminalisierung
       von illegaler Einwanderung ausgesprochen. Auch diese Position hat sie
       mittlerweile verworfen. Sie betonte, sie sei stolz auf die Arbeit, die sie
       und Biden in den vergangenen Jahren zur Reduzierung der Zahl von
       unerlaubten Grenzübertritten geleistet haben.
       
       ## Republikaner im Kabinett für Harris denkbar
       
       Für eine Überraschung sorgte sie, als sie sagte, dass sie sich vorstellen
       könnte, einen Republikaner in ihr mögliches Regierungskabinett aufzunehmen.
       In der polarisierten amerikanischen Politik scheint diese Aussage fast
       utopisch.
       
       „Ich habe meine Karriere damit verbracht, Meinungsvielfalt zuzulassen. Ich
       denke, es ist wichtig, Menschen mit unterschiedlichen Ansichten und
       Erfahrungen am Tisch zu haben, wenn einige der wichtigsten Entscheidungen
       getroffen werden. Und ich denke, es wäre zum Vorteil der amerikanischen
       Öffentlichkeit, ein Mitglied meines Kabinetts zu haben, das Republikaner
       ist“, so Harris.
       
       Die demokratische Partei reitet seit der Nominierung von Harris auf einer
       Welle der Euphorie. Im CNN-Interview überschüttete sie Biden mit Lob für
       seine politischen Leistungen als Präsident und seine Entscheidung, das Wohl
       des Landes vor seine politischen Ambitionen zu stellen.
       
       Dennoch muss sich Harris als Teil der Biden-Regierung auch Fragen zur
       Unterstützung Israels gefallen lassen. Aktivisten, vor allem aus dem linken
       politischen Lager, verlangen seit Monaten einen sofortigen Waffenstillstand
       und ein Ende von US-Waffenlieferungen an Israel.
       
       ## Klare Positionierung zu Waffenstillstand in Gaza
       
       Gefragt, ob sie diesen Forderungen als Präsidentin nachkommen würde,
       erklärte sie nur, dass ein Waffenstillstand und die Freilassung von Geiseln
       ihre obersten Prioritäten seien.
       
       „Israel hat ein Recht, sich zu verteidigen. Das würden wir auch. Doch es
       ist auch wichtig, wie es das tut. Viel zu viele unschuldige Palästinenser
       wurden getötet. Und wir müssen einen Deal abschließen“, sagte Harris.
       
       Am 10. September treffen Harris und Trump bei einer ersten TV-Debatte
       aufeinander.
       
       30 Aug 2024
       
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 (DIR) Hansjürgen Mai
       
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