# taz.de -- Lesbisches Wohnprojekt in Berlin-Mitte: Es geht voran
       
       > Der lesbische Verein Rad und Tat feiert den Fortschritt auf der Baustelle
       > für das Wohnprojekt in Mitte. Die Nachfrage nach einem Platz ist riesig.
       
 (IMG) Bild: Graues Rathaus, buntes Sommerfest: Band vor dem Rathaus Mitte bei der Feier des lesbischen Vereins „Rad und Tat“
       
       Berlin taz | Nach mehr als zehn Jahren voller Engagement und Rückschläge
       sind die Bauarbeiten für das erste Berliner Lesbenwohnprojekt in vollem
       Gange. Direkt neben der Baustelle in der Berolinastraße in Mitte feiert der
       [1][lesbische Verein Rad und Tat (RuT)] am Freitagnachmittag mit einem
       Sommerfest die Fortschritte bei seinem Vorhaben. Der [2][Grundstein wurde
       im Januar gelegt] – und nach derzeitigem Planungsstand wird das Haus Anfang
       2026 bezugsfertig sein.
       
       Zwischen Kuchenständen und einem Soli-Flohmarkt sitzt [3][Jutta Brambach,
       die Geschäftsführerin von RuT], auf einer Holzbank. Mit Blick auf die
       gelben Kräne, die sich über der Baustelle hin und her bewegen, sagt sie:
       „Es schreitet voran. Es stehen jetzt schon fünf Etagen.“ Nur noch zwei der
       geplanten sieben Etagen fehlen also. Insgesamt [4][sollen 72 Wohnungen
       entstehen, fünf davon rollstuhlgerecht]. Zusätzlich sind acht Plätze in
       einer Wohngemeinschaft für Frauen mit Pflegegrad geplant.
       
       Das Haus entsteht in Kooperation mit der landeseigenen
       Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM), von der RuT es dann mieten
       wird. Die Hälfte der Wohnungen wird gezielt gefördert, um Einstiegsmieten
       ab sieben Euro pro Quadratmeter zu ermöglichen.
       
       Den Wunsch nach einem Zentrum für queere und lesbische Frauen hegt der
       Verein schon lange. Diesen „Ort der Solidarität und Selbstbestimmung“ zu
       finden, sei aber nicht einfach gewesen, so Brambach. Ursprünglich wollte
       die Gruppe, die vor allem aus älteren Lesben besteht, selbst ein Grundstück
       kaufen und bebauen. Dafür habe allerdings das Geld gefehlt. „Als lesbisches
       Projekt ohne eigenes Kapital ist es extrem schwierig“, berichtet Brambach.
       
       ## Der Traum schien schon geplatzt
       
       2016 waren sie schon einmal fast am Ziel. Die Gruppe hatte sich auf ein
       Grundstück in Schöneberg beworben, das vom Bezirk ausgeschrieben worden
       war, und gewonnen. Doch ausgerechnet die Schwulenberatung Berlin erhob
       Einspruch und gewann wegen eines Verfahrensfehlers. Auch [5][innerhalb der
       Community gab es damals viel Widerspruch und Protest]. Der Traum vom ersten
       lesbischen Wohnprojekt schien geplatzt.
       
       Nach Protesten dann ein Erfolg: Der Verein bekam das Angebot, zusammen mit
       WBM den Neubau in der Berolinastraße zu errichten – gewissermaßen ein
       Filetgrundstück, gleich am Kino International und Rathaus Mitte.
       
       In dem neuen Haus sollen Wohnen, Pflege und kulturelle Veranstaltungen
       miteinander verbunden werden. Denn ältere lesbische Frauen und Lesben mit
       Behinderung seien in „hohem Maße von Isolation und Diskriminierung
       betroffen“ heißt es im Konzept des Wohnprojekts. Auch ein Teil der
       RuT-Beratungsstelle wird ins Erdgeschoss direkt neben ein Kiezcafé und
       Veranstaltungsräume einziehen. Das Ziel ist, ein offener Ort für die ganze
       Nachbarschaft zu sein.
       
       ## Die Nachfrage ist riesig
       
       Die Warteliste für das Wohnprojekt zeigt: Die Nachfrage ist riesig. Bereits
       jetzt haben sich mehrere hundert Frauen auf eine der Wohnungen beworben.
       Wie genau das Auswahlverfahren ablaufen wird, will RuT in der nächsten Zeit
       intern erarbeiten.
       
       „Es ist klar, dass ein Wohnprojekt den Bedarf nicht decken kann“, sagt
       Kerstin Drobick, Gleichstellungsbeauftragte des Bezirks Mitte. „Natürlich
       würden wir am liebsten gleich das zweite oder dritte Projekt starten“, fügt
       Brambach hinzu. Doch dafür bräuchten sie vom Senat mehr als die dreieinhalb
       Teilzeitstellen, die sie momentan haben.
       
       Auch für das aktuelle Projekt fehlen noch über 300.000 Euro. Zwar baut die
       WBM das Haus, doch das Erdgeschoss, in dem Beratungen und Veranstaltungen
       stattfinden werden, gestaltet RuT selbst und ruft dafür weiter zu Spenden
       auf.
       
       Dass es in der Berolinastraße vorangeht, feiern die etwa 70
       Besucher*innen des Sommerfests ausgelassen. Zu Livemusik tanzen sie im
       Nieselregen, der die gute Laune nicht trübt.
       
       Zu Gast ist auch die Rentnerin Ilona Böttcher, die sich schon auf eine der
       Wohnungen beworben hat. Sie erzählt, dass sie sich besonders auf das
       gemeinschaftliche Zusammenleben und das Kiezzentrum unten freut. „Wenn ich
       nicht mehr raus kann in die Welt, dann kommt die Welt zu mir“, sagt sie
       lächelnd. Kurz unterbricht sie das Gespräch, um energisch auf dem
       Soli-Flohmarkt um einen Seidenschal zu verhandeln und erklärt dann, warum
       ihr das Projekt am Herzen liegt: „Ich finde wichtig, dass lesbisches Leben
       sichtbar ist“.
       
       11 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
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