# taz.de -- Radverkehr in Berlin: Auf der Strecke geblieben
       
       > Es hakt an allen Enden beim Ausbau der Infrastruktur: Sicherheit und
       > Komfort im Radverkehr genießen bei der CDU-Verkehrspolitik keine
       > Priorität mehr.
       
 (IMG) Bild: Strampeln ohne Ende: Fahrraddemo vor dem Roten Rathaus
       
       Vor einer guten Woche machte der Verein Changing Cities auf eine
       weitreichende Sparmaßnahme der Senatsverkehrsverwaltung aufmerksam: [1][Nur
       eine der geplanten zehn Berliner Radschnellverbindungen wird tatsächlich
       zeitnah gebaut].
       
       Eine weitere wird zumindest noch zu Ende geplant, alle anderen bleiben
       buchstäblich auf der Strecke. Die desolate Haushaltslage gebe vorerst nicht
       mehr her, heißt es. Aber [2][mehrere Millionen Euro wurden bereits in die
       Vorplanung dieser Trassen investiert] – ob und wann sie tatsächlich
       Realität werden, ist nun offen.
       
       Die Rad- und Mobilitätswendelobby ruft zum Protest. Am Freitag
       organisierten Initiativen und Verbände Fahrraddemos zum Roten Rathaus, wo
       sie ein vielsagendes Bild inszenierten: eine Reihe von Heimtrainern, auf
       denen sich Menschen abstrampelten, ohne von der Stelle zu kommen, dahinter
       ein Banner mit der ironischen Aufschrift „Fahrradstadt Berlin“. Besonders
       enttäuscht sind die AktivistInnen, weil für die CDU-Verkehrsverwaltung die
       Finanzierung von Autoprojekten wie der TVO kein Problem zu sein scheint.
       
       ## Mobilitätsgesetz mit zeitlich äußerst dehnbare Formeln
       
       Fast schon als Randnotiz erscheint da die Tatsache, dass das Berliner
       Mobilitätsgesetz – dieses beim amtierenden Senat wenig geliebte Erbe
       zivilgesellschaftlichen Engagements und der rot-grün-roten
       Vorgängerregierung – den Bau von Schnellwegen vorschreibt. Wobei es sich
       eben nicht um eine knallharte Vorschrift handelt: „Es sollen mindestens 100
       Kilometer Radschnellverbindungen errichtet werden“, heißt es darin. Eine
       zeitlich äußerst dehnbare Formel.
       
       Auch der Umbau gefährlicher Knotenpunkte – sprich: unfallträchtiger
       Straßenkreuzungen – ist eine solche Vorgabe des Gesetzes: Mindestens 30
       sollen jedes Jahr sicher gemacht werden. Hier hat gerade eine
       parlamentarische Anfrage der Grünen ergeben, dass es zwischen Mitte 2023
       und Mitte 2024 gerade einmal sieben Kreuzungen waren, an denen vor allem
       zusätzliche Abbiegeampeln aufgestellt wurden. Der Senat begründet das unter
       anderem mit immer knapperen Kapazitäten bei den ausführenden Firmen.
       
       Auf tragische Weise passt zu dieser Nachricht, dass eine Frau, die Ende
       Juli von einem Betonmischer an der Ecke Karl-Liebknecht-/Mollstraße unweit
       des Alexanderplatzes überrollt wurde, elf Tage später an ihren schweren
       Verletzungen gestorben ist. Dort befindet sich eine sogenannte Radweiche –
       jene Markierung, die geradeaus fahrende RadlerInnen genau zwischen zwei
       Kfz-Spuren lenkt.
       
       Das galt vor 15 Jahren noch als state of the art, mittlerweile weiß man nur
       zu gut, dass diese Regelungen subjektive und objektive Gefährdungen
       erzeugen – aber bestehende „Weichen“ bleiben erst einmal erhalten.
       
       ## Alarm aus Tempelhof-Schöneberg
       
       Am Freitag meldete sich dann auch noch die grüne Verkehrsstadträtin von
       Tempelhof-Schöneberg mit einer neuen Hiobsbotschaft: [3][Auf Twitter
       schrieb Saskia Ellenbeck], die Senatsverwaltung habe kurzfristig rotes
       Licht für die Ausschreibung der neuen, sicheren Radwege an der
       Grunewaldstraße gegeben – die Finanzierung sei nicht gesichert.
       
       Die Verwaltung von Senatorin Ute Bonde (CDU) verwies dazu gegenüber der taz
       auf den Bund: Den habe man um eine Verlängerung der Förderung gebeten, der
       positive Bescheid lasse aber bedauerlicherweise auf sich warten. Notwendig
       geworden war die Verlängerung nach dem 2023 von Bondes Vorgängerin Manja
       Schreiner (ebenfalls CDU) verhängten Radwege-Prüfstopp.
       
       Diese ganze Litanei zeigt: Sicherheit und Komfort der Berliner
       FahrradfahrerInnen sind längst keine Herzensangelegenheit mehr für den
       schwarz-roten Senat und insbesondere die CDU. Natürlich will niemand, dass
       Menschen zu Schaden kommen, aber man reißt sich in der zuständigen
       Senatsverwaltung am Köllnischen Park auch kein Bein für die „Vision Zero“
       aus.
       
       Dass die Radschnellverbindungen auf Eis gelegt wurden, scheint da erst
       einmal auf einem anderen Blatt zu stehen. Aber die Wahrheit ist: Mit ihnen
       stirbt die Vision einer Stadt, in der Radfahren eine echte
       Mobilitätsalternative ist – auch für längere Wege und abseits der
       Innenstadtbezirke, wo das Auto noch unangefochten regiert. Aber wo die
       Pedalkraft nicht zur neuen Normalität wird, werden auch die damit
       verbundenen Risiken nicht schnell abnehmen.
       
       9 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Radschnellverbindungen-in-Berlin/!6027352
 (DIR) [2] /Aus-fuer-Berliner-Radschnellwege/!6025313
 (DIR) [3] https://twitter.com/SaskiaEllenbeck/status/1821893142334869731
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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       hat.