# taz.de -- Nach Gefangenenaustausch mit Russland: Jetzt kann Putin es ja zugeben
       
       > Erstmals bestätigt der Kreml, dass Vadim Krasikov ein FSB-Agent ist. Der
       > russische Präsident empfing den Auftragsmörder in Moskau mit einer
       > Umarmung.
       
 (IMG) Bild: Handschlag für den Auftragsmörder: Putin begrüßt Vadim Krasikov auf dem Flugfeld
       
       Berlin/Moskau/Washington rtr/dpa/afp/taz | Bislang hatte es Wladimir Putin
       und die russischen Behörden immer abgestritten, nun bestätigen sie es: Der
       im Zuge eines [1][groß angelegten Gefangenenaustausches] von Deutschland an
       Russland ausgelieferte Vadim Nikolajewitsch Krasikov ist nach Angaben des
       Präsidialamtes in Moskau Mitarbeiter des Inlandsgeheimdienstes FSB.
       
       Der als „Tiergartenmörder“ bekannte Krasikov habe der Alpha-Gruppe
       angehört, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow am Freitag. Die
       Alpha-Gruppe ist eine Spezialeinheit des FSB. Der Gefangenenaustausch sei
       vom FSB und dem US-Geheimdienst CIA ausgehandelt worden, sagte Peskow.
       
       Krasikov war im Dezember 2021 vom Berliner Kammergericht [2][wegen Mordes
       zu lebenslanger Haft verurteilt] worden. Zudem stellte es die besondere
       Schwere der Schuld fest, was normalerweise eine Haftentlassung nach 15
       Jahren nahezu ausschließt.
       
       Die Richter:innen hielten es für erwiesen, dass der heute 58-Jährige am
       23. August 2019 in der Parkanlage Kleiner Tiergarten in Berlin-Moabit den
       georgischen Staatsbürger tschetschenischer Herkunft [3][Selimchan
       Changoschwili erschossen] hat.
       
       Der kurz nach der Tat unweit des Tatorts festgenommene Russe habe einen
       „staatlichen Liquidierungsauftrag“ ausgeführt, befand der für
       Staatschutzsachen zuständige 2. Strafsenat. Damit lag das Gericht
       offenkundig richtig. Zusammen mit weiteren freigepressten russischen
       Kriminellen war Krasikov am Donnerstagabend in Moskau mit rotem Teppich und
       Präsidentengarde empfangen worden. Bei seiner Ankunft umarmte ihn Putin.
       
       ## Opferangehörige sind enttäuscht
       
       Der russische Präsident, der von Verteidigungsminister Andrej Beloussow,
       von FSB-Chef Alexander Bortnikow und Auslandsgeheimdienstchef Sergej
       Naryschkin begleitet wurde, lobte die Standhaftigkeit der im Westen
       verurteilten Straftäter:innen und kündigte Auszeichnungen sowie eine
       neue „Verwendung“ für sie an.
       
       Das nun erfolgte vorzeitige Ende der Haft für den Auftragskiller Krasikov
       sorgt bei den Angehörigen des Opfers für Enttäuschung. „Das war eine
       niederschmetternde Nachricht für uns Angehörige“, teilten diese über ihre
       Anwältin Inga Schulz der dpa mit. „Einerseits sind wir froh, dass jemandes
       Leben gerettet wurde.
       
       Gleichzeitig sind wir sehr enttäuscht darüber, dass es in der Welt
       anscheinend kein Gesetz gibt, selbst in Ländern, in denen das Gesetz als
       oberste Instanz gilt“, teilten die Opferangehörigen mit, die im Prozess als
       Nebenkläger:innen aufgetreten waren.
       
       Es sei keine einfache Entscheidung gewesen, „einen zu lebenslanger
       Freiheitsstrafe verurteilten Mörder nur nach wenigen Jahren der Haft
       abzuschieben“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Donnerstagabend am
       Flughafen Köln/Bonn, wo er einige der im Gegenzug von Russland
       freigelassenen Menschen in Empfang nahm.
       
       Scholz rechtfertigte den Gefangenenaustausch mit einer
       „Schutzverpflichtung“ gegenüber den von Russland und Belarus freigelassenen
       fünf Gefangenen mit deutscher Staatsangehörigkeit – sowie der „Solidarität
       mit den USA“.
       
       ## Nächste Geiselnahmen schon absehbar
       
       Nach Angaben seines Botschafters in den USA, Anatoli Antonow, will Russland
       weitere Gefangene freibekommen. „Es gibt immer noch Dutzende von Russen in
       amerikanischen Gefängnissen, die hoffnungsvoll auf das Vaterland blicken
       und auf ihre Stunde der Freilassung warten“, teilte Antonow bei Telegram
       mit.
       
       Sie seien durch die internationale „Jagd“ der US-Geheimdienste auf Russen
       hinter Gittern gelandet. „Wir werden maximale Anstrengungen unternehmen, um
       die Befreiung fortzusetzen und die Notlage aller Landsleute zu lindern, die
       in den Fängen der örtlichen Justiz sind.“
       
       Auch in russischen Straflagern sitzen noch viele politische Gefangene, die
       auf Freilassung hoffen. Beobachter:innen befürchten nach dem
       beispiellosen Gefangenenaustausch am Donnerstag, dass Russland weiterhin
       auch westliche Bürger festnehmen könnte, um sie als Geiseln einzusetzen und
       im Ausland inhaftierte Landsleute freizupressen.
       
       2 Aug 2024
       
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