# taz.de -- Plädoyer für getrennte Betten: Zusammen lieben, alleine schlafen
       
       > Das gemeinsame Ehebett wird romantisch überhöht. Und Paare die sich gar
       > freiwillig eine Bettdecke teilen, haben die Kontrolle über ihr Leben
       > verloren.
       
 (IMG) Bild: Manche Paare schlafen unter getrennten Bettdecken besser
       
       Endlich Urlaub. Endlich ankommen, nach dem Hin und Her mit der
       Reiseplanung, nach der ausgiebigen Recherche möglichst umweltverträglicher
       Transportoptionen und einer bezahlbaren, hübschen Unterkunft abseits der
       Touri-Hotspots. Endlich das Gepäck im Flur zurücklassen und leicht nervös
       durch das Zuhause auf Zeit laufen, um die Realität mit den Versprechungen
       der Fotos abzugleihen. Sauberkeit: check, Ausblick: check, Gemütlichkeit:
       check. Aber dann liegt sie da, auf dem schmalen Doppelbett. Die Bettdecke
       für zwei Personen.
       
       Besonders in Italien und Frankreich ist sie verbreitet. Die Decke, unter
       die das Pärchen doch bitte gemeinsam kriechen soll, vervollständigt neben
       weichen Matratzen und riesigen Kopfkissen das gnadenlose Trio der
       Erholungsfeindlichkeit.
       
       Dass Schlafmangel schädlich ist, ist bekannt. Damit der menschliche Körper
       sich von den Strapazen des Alltags erholen und so gut wie möglich
       regenerieren kann, ist guter Schlaf unabdingbar. Wer dauerhaft zu wenig und
       schlecht schläft, schwächt das Immunsystem, ist anfälliger für
       Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen, Demenz und Diabetes. Im
       Extremfall kann Schlafmangel sogar dazu führen, dass wir früher sterben.
       Viele Faktoren, die schlechten Schlaf oder Schlaflosigkeit begünstigen,
       sind strukturell bedingt und lassen sich [1][nicht im Handumdrehen
       auflösen]. Studien aus den USA belegen, dass arme Menschen deutlich
       häufiger von Schlafproblemen betroffen sind als wohlhabende, und [2][dass
       Schwarze und People of Color weniger Schlaf bekommen, als weiße Menschen].
       
       Die Bettdecke für zwei ist kein solches Problem. Sie ließe sich einfach
       gegen zwei Einzeldecken austauschen. Besser wäre nur noch, das
       Ehebett-Diktat komplett abzuschaffen.
       
       Wenn Paare zusammenziehen, entscheiden sie sich meistens ganz
       selbstverständlich für das gemeinsame Bett – und das selbst dann, wenn
       genug Platz für einen zweiten Schlafplatz in der Wohnung wäre. Diejenigen,
       die sich dann auch noch freiwillig eine Decke teilen, haben eindeutig die
       Kontrolle über ihr Leben verloren.
       
       ## Frauen schalten schlechter ab
       
       Forschende argumentieren schließlich seit Jahrzehnten, dass der gemeinsame
       Schlaf nicht immer die beste Wahl ist. Zwar geben Paare in Befragungen an,
       [3][dass sie gemeinsam besser schlafen] – doch mit zunehmendem Alter und
       bei Menschen, die bereits Schlafprobleme haben, zeigen Untersuchungen ein
       ganz anderes Bild. Zudem deutet vieles darauf hin, dass [4][Frauen zu zweit
       oft weniger gut schlafen], weil sie sich noch immer stärker um das
       Wohlergehen des anderen kümmern und erst abschalten, wenn sie ganz allein
       sind.
       
       Bei vielen Paaren besteht die Sorge, dass ein aufgegebenes Ehebett sich
       negativ auf die Beziehung auswirken könnte. Wenn man nicht mehr
       nebeneinander schläft, bedeutet das nicht einen Verlust von Nähe? Geht da
       nicht die Zuneigung verloren? Leidet nicht das Sexleben?
       
       Belege für diese Sorgen gibt es bisher keine. Es macht schließlich einen
       Unterschied, ob man getrennt schläft, weil man besser schlafen will, oder
       weil man den anderen eh schon nicht mehr so mag. Wer sich dann doch
       vermisst, kann sich ja immer noch besuchen. Und man könnte ja auch fragen,
       ob Zuneigung und Libido nicht viel stärker gefährdet sind, wenn man mies
       gelaunt aufwacht, weil der Partner zu laut, zu warm oder zu unruhig war.
       
       Profis buchen deshalb Ferienwohnungen mit mehreren Betten. Oder wenigstens
       mit einer Decke für sich allein.
       
       26 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Schlafstoerungen-und-Insomnie/!5906388
 (DIR) [2] https://news.yale.edu/2022/04/07/yale-study-finds-persistent-racial-and-ethnic-disparities-sleep-duration
 (DIR) [3] https://academic.oup.com/sleep/article/45/Supplement_1/A4/6592562?login=false
 (DIR) [4] https://www.rnd.de/gesundheit/besser-schlafen-zu-zweit-oder-alleine-aktuelle-studie-klaert-auf-BMJDJERC4VFSXC6TDBPBO7DAVA.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lin Hierse
       
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