# taz.de -- Leben zwischen KI und Supermarktregal: Wenn Kaffee zu Albträumen führt
       
       > Supermarkt oder Internet? Das kann beim Einkaufen zur existenziellen
       > Frage werden. Und zu einer, die sich manchmal nur mit Kaffee durchstehen
       > lässt.
       
 (IMG) Bild: Die Qual der Wahl
       
       Im Supermarkt. Rechts Tee, hinten Trockenobst, dazwischen Kaffee. Ein
       übliches Supermarktregal, geschätzte 8 Meter Regallänge, multipliziert mit
       7 Regalreihen übereinander, macht mehrere Dutzend Sorten von der
       Kaffeekapsel mit Pistaziennote bis zur ungemahlenen Bohne. Und es ist nicht
       nur Kaffee. Ob Nudeln oder Wein, Käse oder Kekse – bei fast jedem Produkt
       stehen regalmeterweise Varianten zur Auswahl.
       
       Kann das Internet da mithalten? Suchmaschine aufrufen, „Kaffee kaufen“ ins
       Suchfeld eingeben. Es kommt: ein unübersichtliches Potpourri. Anzeigen
       vermischen sich mit Links zu Händlern und Herstellern, in der Mitte eine
       Karte mit kaffeeverkaufenden Läden, dazwischen immer wieder Bilder von
       einzelnen Kaffeeprodukten und ebenfalls mittendrin eine ziemlich
       willkürliche Auswahl von Fragen zum Thema Kaffee, zum Beispiel „Was hat
       Kaffee 1980 gekostet?“.
       
       Wer das Unglück hat, mit Google zu suchen, wird dabei immer deprimierter.
       Denn die Suchmaschine setzt nicht mehr auf Ergebnisseiten – offensichtlich
       sind zu viele Menschen nicht über die erste Seite hinausgekommen –, sondern
       auf das sogenannte Infinity Scrolling, bei dem man immer weiter nach unten
       in die Unendlichkeit scrollt und dabei immer mehr und immer merkwürdigere
       Ergebnisse erhält. Das wäre in etwa so, als würden vor dem Supermarktregal
       noch riesige Werbeschilder hängen, dazwischen Wegweiser zum nächsten Café
       und daneben ein Lexikon mit dem Titel „Was Sie schon immer über Kaffee
       wissen wollten. Oder auch nicht“. Und dieses Supermarktregal würde nie
       enden. Klingt nach Albtraum? Ja. Was danach guttun könnte? Ein Kaffee. Aber
       den kann man dann wirklich nicht mehr sehen.
       
       Dass Google sich in so einen Albtraum verwandelt hat, ist vor allem deshalb
       erstaunlich, weil die Älteren immer noch davon erzählen, welch Revolution
       die Suchmaschine am Anfang war: eine cleane Seite. Treffende Ergebnisse, so
       viel wie nötig, so wenig wie möglich. Heute heißt es eher: So viel wie
       möglich. Vor allem viel SEO-Spam, also supersuchmaschinenoptimierte Seiten,
       auf denen aber außer Werbelinks und ziemlich inhaltsleerem Text nicht viel
       drauf ist. Sie schaffen es in die oberen Treffer und verstopfen die
       Ergebnislisten.
       
       Wie gut, dass Suchmaschinen fast von vorgestern sind. Wer etwas wissen
       will, fragt einfach [1][ChatGPT]. Der Chatbot gibt auf Anfrage
       übersichtlich strukturiert eine Hand voll Kaffee-Empfehlungen. Und das
       [2][ausnahmsweise] sogar, ohne Nonsens oder Falsches zu generieren. So
       ähnlich aufgeräumt muss sich die Google-Suche in ihren Anfangszeiten
       angefühlt haben. Aber das kann nur eine Frage der Zeit sein: Mal schauen,
       wann Hersteller und Händler – und vermutlich nicht nur die von Kaffee –
       darauf kommen, dass sich auch für ChatGPT ein paar Optimierungsmaßnahmen
       für ihr Produkt lohnen könnten.
       
       5 Jul 2024
       
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