# taz.de -- Sanierungsfall Bahn und EM: Ein Kurswechsel ist überfällig
       
       > Fußballfans beschweren sich zu Recht über die Deutsche Bahn. Dann jedoch
       > zu erwägen, Strecken im Osten Deutschlands zu streichen, ist verheerend.
       
 (IMG) Bild: Fussballfans in Gelsenkirchen
       
       Die EM legt schonungslos offen, wie schlecht es um das deutsche Bahnsystem
       steht. Überfüllte Züge, ausgefallene Klimaanlagen, dazu Baustellen und
       Oberleitungsschäden. Fußballfans aus aller Welt posten es in den sozialen
       Medien. „Einst war die Deutsche Bahn der Goldstandard des Schienenverkehrs
       in Europa, heute ist sie weit entfernt von dieser Spitzenposition“,
       schreibt die New York Times.
       
       Ein vernichtendes Urteil, aber leider korrekt. Jahrelang wurde zu wenig
       investiert; Strecken wurden stillgelegt. Es ist die Politik seit
       CDU-Kanzler Helmut Kohl und aller Bundesregierungen seither, die die Bahn
       seit den 1990ern zu dem Sanierungsfall gemacht haben, der sie bei der EM
       2024 ist. Und das in Zeiten des Klimawandels, wo klimafreundliche
       Verkehrsmittel dringend benötigt werden.
       
       Aber bei der Bahn halten es manche offenbar dennoch für eine gute Idee,
       Verbindungen einfach zu streichen, statt die nötigen Streckensanierungen zu
       bezahlen. So kann man das Problem natürlich auch lösen: keine
       Zugverbindung, kein Problem. Entsprechende Pläne, aus denen der Spiegel
       wörtlich zitiert hatte, dementierte die Bahn zwar umgehend. Aber das
       Dementi der Bahn ist halbherzig und schließt, wie der Fahrgastverband Pro
       Bahn bemerkt, künftige Kürzungen keineswegs aus.
       
       Besonders verheerend ist, [1][dass zwei der drei angeblich nicht geplanten
       Streichungen Städte im Osten betreffen würden]. Angesichts der Wahlerfolge
       der AfD ist das politisch mehr als instinktlos. Jedenfalls kann sich die
       Bundesregierung ihre Treffen mit Ost-Ministerpräsidenten schenken, wenn die
       bundeseigene Bahn gleichzeitig die Abkoppelung des Ostens auch nur in
       Erwägung zieht.
       
       Schon wegen des Klimawandels braucht es mehr Schienenverkehrsangebote,
       nicht weniger. Für ein funktionierendes Bahnsystem braucht es alle
       Strecken, nicht nur einzelne, die hochprofitabel sind. Laut Grundgesetz –
       Artikel 87e – muss der Bund übrigens das „Wohl der Allgemeinheit“
       gewährleisten beim „Ausbau und Erhalt des Schienennetzes“ und bei den
       Verkehrsangeboten auf diesem Netz. Nach dem EM-Desaster kann die Bahn nicht
       so weiterfahren wie bisher.
       
       27 Jun 2024
       
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