# taz.de -- Neues Hochhaus an der Jannowitzbrücke: Höher und sozialer
       
       > An der Jannowitzbrücke soll ein 115 Meter hoher Turm entstehen. Der
       > Bezirk will künftig mehr Einfluss. Das Hochhausleitbild kann nur bedingt
       > helfen.
       
 (IMG) Bild: Auch der Entwurf des Berliner Büros Müller Reimann konnte die Jury überzeugen
       
       Berlin taz | Mitten im Spiel die Regeln ändern? Der slowakische Investor HB
       Reavis versucht das gerade bei einem Hochhaus, das an der Jannowitzbrücke
       gebaut werden soll. Statt wie bisher geplant 68 Meter in die Höhe zu gehen,
       soll der „Central Tower Berlin“ nun 115 Meter hoch werden. [1][Dabei seien
       „Nutzungsmischung“ und „Nachhaltigkeit“ selbstverständlich, verspricht
       Oliver Fuchs, Head of Development bei HB Reavis Germany].
       
       „Gemeinsam mit dem Bezirk Berlin-Mitte und dem Berliner Senat haben wir
       begonnen, das bestehende Konzept zu überarbeiten, um es an moderne
       städtebauliche Anforderungen – wie Mobilität, Nutzungsmischung und
       Nachhaltigkeit – anzupassen“, kündigt Fuchs an.
       
       Eine solche Anpassung ist allerdings schon deshalb zwingend, weil der
       bisherige Bebauungsplan aus dem Jahr 2012 an der Stelle ein reines Bürohaus
       vorgesehen hat. Inzwischen [2][hat sich der Senat allerdings ein
       Hochhausleitbild verpasst] – und das sieht unter anderem vor, dass ein
       Drittel der Fläche keine Büronutzung sein darf.
       
       Mittlerweile hat HB Reavis seinen Central Tower nicht nur im Bezirk Mitte
       vorgestellt, sondern auch beim Berliner Baukollegium. Die derzeitige
       Planung sehe dabei vor, dass die nicht als Büroraum genutzten Flächen vor
       allem im Sockelbereich, also den unteren Geschossen vermietet werden, sagt
       Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD). Dazu gehören unter anderem
       Mikroappartments für Studierende, auch eine Klinik ist im Gespräch.
       Vermietet werden sollen die Flächen für 30 Euro pro Quadratmeter.
       
       ## Vorbild ist München
       
       Gothe ist das nicht genug. Er fordert, auch über die Bodenpreise und die
       Gewinne zu reden, die sich durch die Baugenehmigung durch den Bezirk
       erhöhen würden. „Warum soll die Allgemeinheit von dem Gewinn, den der
       Investor dadurch bekommt, nicht auch profitieren“, fragt Gothe. „Warum soll
       der Investor nicht zwei Drittel seines Planungsgewinns in soziale
       Infrastruktur investieren?“ Gothe verweist dabei auf München, wo sich eine
       solche Zwei-Drittel-Regelung bereits bewährt habe.
       
       Mit seiner Forderung geht Gothe über das hinaus, was in Berlin derzeit
       Praxis ist. Bei großen Wohnungsbauvorhaben müssen Investoren lediglich ein
       Drittel Sozialwohnungen bauen. So sieht es das sogenannte [3][Berliner
       Modell der kooperativen Baulandentwicklung] vor, das der rot-schwarze Senat
       2014 beschlossen hat. Voraussetzung dafür ist ein Bebauungsplan.
       Baugenehmigungen ohne B-Plan sind davon nicht betroffen.
       
       Derzeit diskutiert der Senat darüber, die Quote der kooperativen
       Baulandentwicklung von 30 auf 50 Prozent zu erhöhen. Bei Hochhäusern würde
       das allerdings nicht automatisch dazu führen, dass mehr Wohnungen gebaut
       werden. Ein Beispiel dafür ist der „Amazon Tower“ in Friedrichshain. „Das
       ist ein reiner Büroturm“, sagt Florian Schmidt (Grüne), Baustadt von
       Friedrichshain-Kreuzberg. Wäre das Hochhausleitbild bei seiner Genehmigung
       bereits gültig gewesen, hätte der Investor auch ein Ärztehaus darin
       unterbringen können. Auch damit wäre der Vereinbarung Rechnung getragen, 30
       Prozent der Flächen nicht mit Büros zu nutzen.
       
       Wie Gothe plädiert auch Schmidt dafür, die Erteilung einer Baugenehmigung
       künftig an ein Mehr an Wohnungen oder sozialer Infrastruktur zu knüpfen.
       „Natürlich muss es sich für den Investor rechnen“, sagt Schmidt. Sonst sei
       die Gefahr groß, dass sich der Investor an den Senat wende und der das
       Genehmigungsverfahren an sich ziehe. „Wenn man sich aber einig ist, dann
       kann man bei den Verhandlungen sagen: Schau mal, das sind die Regeln. Wenn
       du die nicht einhältst, gibt es keinen Bebauungsplan.“
       
       Das im Februar 2020 vom Senat verabschiedete Hochhausleitbild sei für
       solche Verhandlungen aber nicht das passende Instrument, betont Martin
       Pallgen, Sprecher von Bausenator Christian Gaebler (SPD). Pallgen spricht
       lieber von einer „Selbstverpflichtung im Umgang mit Hochhausvorhaben im
       Land Berlin“.
       
       Diese Selbstverpflichtung gelte vor allem für „Qualitätsvorgaben,
       Planungsgrundsätze und Prozessvorgaben“. Die rechtliche Umsetzung oder
       Genehmigung von Hochhausvorhaben, so Pallgen, erfolge dann auf der
       Grundlage des Baugesetzbuches, der Bauordnung oder anderer rechtlicher
       Regelungen wie dem Denkmalschutz.
       
       Das war auch beim geplanten Central Tower von HB Reavis der Fall. Vor allem
       der Denkmalschutz brachte bei der Sitzung des Baukollegiums am vergangenen
       Montag seine Bedenken vor. Von einer „ganz großen Konkurrenz“ für den
       Fernsehturm auf bestimmten Sichtachsen war die Rede. Berlins
       Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt wertete die angestrebte Mischnutzung
       statt einer reinen Büronutzung deshalb als „deutliche Bereicherung“.
       [4][Aber sie sagte auch: „Wir hängen einfach an der Höhe.“]
       
       Ephraim Gothe stimmt ihr zu. „Wir haben zwischen Alexanderplatz viele
       Hochhäuser mit 60 bis 70 Metern“, sagt Gothe der taz. Er könne sich deshalb
       75 bis 85 Meter vorstellen, aber keine 115. Diese seien übrigens wegen der
       lukrativen Nutzungen im Sockel für den Investor auch nicht wirtschaftlich
       notwendig.
       
       Mehr Wohnungen kann er allerdings nicht erzwingen. Das sieht das
       Hochhausleitbild nicht vor. Welche Nutzung sie in den 30 Prozent
       unterbringen, die keine Büros sein dürfen, ist den Investoren selbst
       überlassen.
       
       3 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://hbreavis.com/de/blog-article/central-tower-berlin-fachjury-empfiehlt-zwei-entwuerfe-fuer-ein-neues-hochhaus-an-der-jannowitzbruecke-zur-weiteren-bearbeitung/
 (DIR) [2] https://www.berlin.de/sen/stadtentwicklung/planung/hochhausleitbild/
 (DIR) [3] https://www.berlin.de/sen/bauen/neubau/berliner-modell/
 (DIR) [4] https://www.tagesspiegel.de/berlin/zu-voluminos-und-zu-hoch-kritik-an-115-meter-hochhaus-an-der-jannowitzbrucke-in-berlin-mitte-wachst-11724773.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uwe Rada
       
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