# taz.de -- Apple-TV Serie „The Big Cigar“: Flucht nach Kuba
       
       > Die Serie „The Big Cigar“ erzählt von der aberwitzigen Flucht des Black
       > Panther Party-Gründers Huey Newton nach Kuba.
       
 (IMG) Bild: André Holland als Huey Newton in „The Big Cigar“
       
       „Du dachtest, ich wäre der nächste [1][Malcom X] und (…) würde die Welt
       verändern und Du wolltest ein Teil davon sein.“, sagt Black Panther-Gründer
       Huey Newton (Andre Holland) in der Apple TV+-Serie „The Big Cigar“
       verärgert und enttäuscht zu seinem langjährigen Freund, dem
       Hollywood-Produzenten [2][Bert Schneider] (Alessandro Nivola).
       
       Da befindet er sich gerade auf der Flucht nach Kuba, wo er Mitte der 70er
       politisches Exil beantragt, drei Jahre später aber wieder in die Staaten
       zurückkehrt. Mitorganisiert wird diese spektakuläre Flucht, von der die
       Serie erzählt und die von Los Angeles über Mexiko ins [3][sozialistische
       Kuba] führt, von Bert Schneider. Der setzte 1969 mit dem an den Kinokassen
       rekordverdächtig erfolgreichen Kultfilm „Easy Rider“ der Gegenkultur ein
       Denkmal und spielte Hollywood Millionenerträge ein.
       
       Schneider war Bewunderer und Freund von Newton, der ein Gründer und
       Anführer der 1966 im kalifornischen Oakland entstandenen [4][Black
       Panther]-Party war, die der tödlichen Polizeigewalt gegen schwarze Menschen
       mit bewaffneten Patrouillen beikommen wollten. 1974 wurde Newton wegen
       Mordes angeklagt, ein Vorwurf, der Jahre später vor einem US-Gericht als
       unbegründet zurückgewiesen wurde, und floh deshalb nach Kuba.
       
       Der flott erzählte Sechsteiler, bei dem unter anderem Schauspieler Don
       Cheadle Regie führt, surft auf der 70er-Vintage-Welle mit jeder Menge
       Soul-Musik und [5][Blaxploitation-Ästhetik], setzt aber gleichzeitig die
       politische Geschichte der Black Panther Party und die Rolle Huey Newtons in
       Szene. Der lässt sich zum Ärger einiger seiner Genossen auf das Angebot des
       auf Gegenkultur und Politfilme spezialisierten Bert Schneider ein, um sein
       Leben und seinen Kampf gegen Rassismus zu verfilmen. Das passiert nie, weil
       Newton plötzlich auf der Flucht ist.
       
       ## Antirassistischer Kampf
       
       Der Serientitel „The Big Cigar“ ist vielmehr Deckname der
       Unterstützungsaktion des Hollywood-Produzenten, der am Ende nur vorgibt,
       einen Film zu drehen und so (leider stümperhaft) die Flucht Newtons vor dem
       FBI ermöglicht.
       
       Dabei wirft die Serie auch die Frage auf: wo hört die Solidarität des
       weißen koksenden Oberschicht-Salon-Revolutionärs Bert Schneider auf und wo
       fängt die [6][kulturelle Aneignung] und Inwertsetzung des
       [7][antirassistischen Kampfes] und der Biografie eines Mannes an, der um
       sein Leben fürchtet. Im Zuge dieses Konflikts kommt es dann zum eingangs
       erwähnten Streit zwischen Newton und Schneider, deren Verhältnis der
       erzählerische rote Faden durch diese Serie ist.
       
       Diese Flucht-Geschichte wurde erst vor einigen Jahren durch einen Artikel
       des Journalisten Joshua Bearman bekannt und erlebt nun eine breitenwirksame
       Umsetzung. Die trägt Züge eines Biopics, in dem es auch um Newtons
       Drogenkonsum und seine mitunter wahnhaften Anwandlungen geht.
       
       ## Eine absurde Dimension
       
       Ein Fokus liegt auf der [8][rassistischen Polzeigewalt] in den USA der
       70er, was der Serie Aktualität verleiht. In einem Epilog sinniert Newton im
       kubanischen Exil über die Zukunft des Kampfes gegen Rassismus, woraufhin
       Bilder von [9][Black Lives Matter-Demonstrationen] zu sehen sind.
       
       Es geht aber auch um Fraktionskämpfe in der Black Panther Party im
       Spannungsfeld zwischen radikaler Militanz, sozialer Reformpolitik wie
       Jugendarbeit und dem Versuch in die parlamentarische Politik einzusteigen,
       als Panther-Mitgründer Bobby Seale, dessen Streitigkeiten mit Newton
       detailliert gezeigt werden, sich vergeblich ums Amt des Oaklander
       Bürgermeister bewirbt.
       
       Die von Hollywood als Filmdreh getarnte Flucht Huey Newtons nach Kuba
       verleiht dieser Geschichte eine fast absurde Dimension, die aber durch
       Andre Hollands vielschichtige Darstellung des Black Panther-Gründers nicht
       ins Slapstickhafte abdriftet.
       
       20 May 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Mord-an-US-Buergerrechtler-Malcolm-X/!5812575
 (DIR) [2] https://www.vanityfair.com/hollywood/2011/12/Bert-Schneider-Obit
 (DIR) [3] /Junge-Menschen-auf-Kuba/!vn5908310/
 (DIR) [4] /Black-Panther-in-den-USA/!5203243
 (DIR) [5] /Blaxploitation-Scifi-Musikfilm-mit-Sun-Ra/!5613979
 (DIR) [6] /Kulturelle-Aneignung-bei-FFF-Demo/!5840424
 (DIR) [7] /Buch-ueber-antirassistische-Kaempfe/!5844511
 (DIR) [8] /Studie-zu-Rassismus-in-der-Polizei/!5923557
 (DIR) [9] /Black-Lives-Matter-Protest-in-Deutschland/!5687873
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Schmid
       
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