# taz.de -- Streit um neues Kinderheim in Hamburg: Offenes Heim trotz Zaun?
       
       > Hamburgs Kinderheim-Pläne bekommen Gegenwind. Kritiker befürchten, dass
       > es ein geschlossenes Heim wird und sähen das Geld lieber anders
       > investiert.
       
 (IMG) Bild: Protest gibt es schon länger: Plakate am künftigen Bauplatz im Herbst 2023
       
       Hamburg taz | Einige Jahre schon streitet Hamburg über ein neues Heim für
       Kinder an der Schnittstelle [1][zwischen Jugendhilfe und Psychiatrie], für
       das eine Wiese am Klotzenmoorstieg im Norden der Stadt reserviert ist. Am
       Dienstag nun billigte der Familienausschuss [2][eine Drucksache], mit der
       erstmals Geld für die Realisierung fließt. Rund 23 Millionen Euro soll am
       Ende allein der 2027 fertig gestellte Bau des Heims kosten, das auf „Casa
       Luna“ getauft wurde. Die Kosten pro Platz sollen 900 Euro an Tag betragen.
       Das ist das Viereinhalbfache eines normalen Heimplatzes.
       
       Doch Protest gibt es nicht deshalb, sondern weil die mit 16 Plätzen
       geplante Einrichtung für Kinder von neun bis 13 Jahren auch Kinder mit
       einem Beschluss für geschlossene Unterbringung aufnehmen soll. Hamburgs
       Sozialbehörden-Staatsrätin Petra Lotzkat bemüht sich, diesen Aspekt in den
       Hintergrund zu stellen.
       
       „Egal, wie oft es hier noch wiederholt wird, es stimmt nicht: Wir bauen
       hier keine geschlossene Einrichtung“, sagte Lotzkat im Dezember [3][bei
       einer Info-Veranstaltung für Anwohner] in einer Kirche, nachdem
       [4][ehemalige Heimkinder] mit einer Theateraktion Kritik übten und die
       Gruppe „[5][Heimrevolte]“ ein Transparent mit Aufschrift „Geschlossene
       Unterbringung? Das ist von Gestern. Verlässliche Orte im Stadtteil,
       demokratische Wohngruppen und Kinderrepubliken jetzt!“ vor das Podium
       hielt. Zu Wort gemeldet hätte sich dort „meinungsstarkes Fachpersonal aus
       anderen Stadtteilen“, schrieb [6][das Hamburger Abendblatt], das über den
       Abend berichtete.
       
       Darum nahm die Sozialbehörde Ende April einen zweiten Anlauf, um mit den
       Nachbarn zu sprechen. Der einladende Kommunalverein Groß Borstel hatte
       versprochen, es werde diesmal kein „Abend mit langen fachtheoretischen
       Vorträgen“. Die Behördenleute schlugen nun offenbar andere Töne an: das
       Gelände der Kinder werde von einem Zaun umgeben sein, zu dem es nur einen
       Zugang gebe, der von einem Pförtner bewacht werde, berichtet eine Zuhörerin
       der taz. „Es hieß: Kein einziges Kind wird das Gelände von sich aus
       verlassen können“, sagt sie. „Kinder würden ausschließlich in Begleitung
       eines Pädagogen das Gelände in Einzelfällen verlassen.“
       
       ## Pädagogischer Sicherheitsdienst geplant
       
       Auch die jugendpolitische Sprecherin der Linken, Sabine Boeddinghaus, hatte
       von diesem Abend gehört und konfrontierte Lotzkat im Familienausschuss
       damit. Wie denn das zu der Aussage passe, es sei kein geschlossenes Heim?
       Außerdem sei nun in jener Drucksache von einem „pädagogisch ausgerichteten
       Sicherheitsdienst“ die Rede, obwohl es zuvor hieß, es werde dort keine
       Security geben. Was denn das sei, wollte Boeddinghaus wissen.
       
       Lotzkat betonte daraufhin, dass lediglich „eine Handvoll“ Kinder mit
       Beschluss dort untergebracht würde, die sonst in andere Bundesländern
       kämen. Eine Eingangskontrolle sei auch in normalen Kinderschutzhäusern
       üblich, um die Sorgegewalt ausüben zu können.
       
       Die Frage nach dem Zaun gab sie an Casa-Luna-Projektleiter Peer Kaeding
       weiter. Der erklärte, es gebe nur an der Seite zu benachbarten Werkstätten
       einen hohen Zaun, auf der anderen Seite einen durchsichtigen
       Maschendrahtzaun vor einem Grüngürtel. Die Kinder mit Beschluss sollten
       dort „nicht einfach runterspazieren können“. Zur Security sagte er, es gebe
       eine Firma, die ihre Mitarbeiter schule, wie man Kinder anspricht. „Die
       gehen nicht einfach dazwischen wie eine U-Bahn-Wache.“
       
       Der Haushaltsantrag wurde mit den Stimmen von Grünen, SPD und CDU
       angenommen. Nur die Linke stimmte dagegen. Boeddinghaus verwies auf
       alternative Konzepte. Statt eine neue Einrichtung zu schaffen, sollte man
       Hilfe im Vorfeld verstärken und die [7][Kooperation von Psychiatrie und
       Jugendhilfe] verbessern. „Dieses viele Geld wäre in soziale Infrastruktur
       und wirkliche Prävention viel besser investiert.“ – „Wir sagen nicht, dass
       dies die einzige Lösung ist“, hielt Lotzkat dagegen. Sie sei aber von dem
       Ansatz überzeugt.
       
       Doch angesichts der hohen Summen – Casa Luna kostet künftig pro Jahr 5,2
       Millionen Euro, das gesamte Budget für offene Kinder- und Jugendarbeit
       beläuft sich auf nur etwa 30 Millionen Euro – gibt es auch andere Stimmen,
       die diese Priorität hinterfragen. „Das Geld könnte man viel sinnvoller
       einsetzen“, sagt der Professor für Soziale Arbeit, Tilman Lutz. „Zum
       Beispiel, indem wir in den Bezirken eine Struktur dafür schaffen, dass
       Jugendhilfe und Psychiatrie gut zusammenarbeiten können.“
       
       31 May 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Psychiaterin-ueber-neues-Kinderheim/!5774482
 (DIR) [2] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/87245/haushaltsplan_2023_2024_nachbewilligung_einer_verpflichtungsermaechtigung_im_kontenbereich_kosten_aus_transferleistungen_der_produktgruppe_254_04_einz.pdf
 (DIR) [3] https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hamburg_journal/Klotzenmoorstieg-Weiter-Kritik-an-geplanter-Jugendeinrichtung,hamj142214.html
 (DIR) [4] /Ex-Heimkinder-zu-Hamburgs-Heim-Plaenen/!5959092
 (DIR) [5] https://www.heimrevolte.de/
 (DIR) [6] https://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-nord/article240801016/Einrichtung-fuer-Systemsprenger-sorgt-fuer-hitzige-Debatten.html
 (DIR) [7] /Debatte-um-geschlossene-Kinderheime/!5910792
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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