# taz.de -- Geflüchtete als Arbeitskräfte entdeckt: Lückenfüller:innen welcome!
       
       > Schleswig-Holstein startet ein Projekt, durch das Geflüchtete schneller
       > zu Jobs kommen. Bekämpft werden soll so auch der Fachkräftemangel.
       
 (IMG) Bild: Gesucht: Menschen, die Vorkenntnisse oder zumindest Interesse an Pflegeberufen haben
       
       Rendsburg taz | Geflüchtete sollen [1][schneller den Weg in den
       Arbeitsmarkt] finden. Dazu startet Schleswig-Holsteins schwarz-grüne
       Landesregierung mit der Landesagentur für Arbeit ein neues Projekt, das ein
       Gamechanger werden soll. So versprach es jedenfalls Integrationsministerin
       Aminata Touré (Grüne). Denn bisher müssen Geflüchtete viele Hürden
       überwinden, bis sie eine Arbeit aufnehmen können.
       
       Lob kommt für diesen Vorstoß sogar von der Opposition. Grundsätzliche
       Kritik von Flüchtlingsorganisationen gibt es allerdings daran, dass neue
       Gesetze die Lage für [2][Geflüchtete mit Behinderung] – die oft weniger
       Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben – verschlechterten. Zudem richtet sich
       das neue Projekt nur an Personen mit fester Bleibeperspektive.
       
       „Künftig begreifen wir Geflüchtete vom ersten Tag an auch als potenzielle
       Fachkräfte“, sagte Touré. „Und zwar in ihrem eigenen Interesse und im
       Interesse unseres Fachkräftemangels, dem wir begegnen müssen.“
       
       Der wird auch in Schleswig-Holstein immer fühlbarer, so Tourés
       Kabinettskollege, Arbeitsminister Claus Ruhe Madsen (CDU), der zum Tag der
       Arbeit die aktuellen Zahlen vorstellte. Die zurzeit positive Entwicklung
       werde durch den „zunehmenden Fach- und Arbeitskräftemangel“ bedroht.
       [3][Eine Gruppe, die die Lücke stopfen könnte, sind Geflüchtete]. Das
       Arbeitsministerium bietet mit dem Netzwerk „Alle an Bord!“ bereits
       Beratungen für Unternehmen und Geflüchtete an.
       
       Das neue Projekt des Integrationsministeriums setzt in den Erstunterkünften
       an, der ersten Wohnadresse der meisten Menschen, die in Deutschland Asyl
       beantragen – Personen aus der Ukraine haben einen Sonderstatus.
       
       Zuerst sollen in den Unterkünften in Boostedt und Rendsburg vor allem
       Geflüchtete aus Syrien und Afghanistan angesprochen werden, die generell
       eine gute Bleibeperspektive haben. Besonders gesucht sind Menschen, die
       Vorkenntnisse oder zumindest Interesse an Pflegeberufen haben.
       
       Mit ihnen führen Fachleute des Landesamtes für [4][Zuwanderung und
       Flüchtlinge auf freiwilliger Basis] ein Erstgespräch und verteilen
       Fragebögen, die an die Bundesagentur für Arbeit (BA) geschickt werden,
       deren Mitarbeiter:innen nach passenden Arbeitsplätze suchen. Geplant
       ist, dass die Geflüchteten aus der Erstunterkunft direkt dorthin ziehen, wo
       Stellen frei sind.
       
       Markus Biercher, Chef der Regionaldirektion Nord der BA, nannte die
       Vorteile des Projekts: „Ankommenden Menschen signalisieren wir, dass wir in
       Schleswig-Holstein gemeinsam berufliche Perspektiven erarbeiten wollen.
       Dabei setzt das freiwillige Angebot niemanden unter Druck. Unternehmen
       werden mit etwas Geduld auf motivierte Newcomer treffen.“
       
       Serpil Midyatli, Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, erinnerte daran,
       dass die [5][Bundesregierung mit dem „Job-Turbo“] die Weichen für die
       vereinfachte Integration gestellt habe. „Wir freuen uns, dass Ministerin
       Touré im Land die Umsetzung unterstützt“, sagte Midyatli. Denn „Arbeit ist
       zentral für Teilhabe und Integration. Gleichzeitig brauchen wir mehr
       Arbeits- und Fachkräfte.“
       
       ## Erschwernis für nicht arbeitsfähige Menschen
       
       Geflüchtete, die schnell eine Arbeit finden, könnten damit auch leichter
       einen deutschen Pass erhalten. Denn das [6][neue
       Staatsangehörigkeitsrecht], das im Juni in Kraft treten soll, sieht vor,
       dass „besondere Integrationsleistungen belohnt“ werden.
       
       Im Gegenzug macht das Gesetz aber auch klar: „Wer die deutsche
       Staatsangehörigkeit erwerben möchte, muss für sich und seine Angehörigen
       den Lebensunterhalt grundsätzlich selbst bestreiten können.“
       
       Das trifft nicht arbeitsfähige Menschen: Für sie werde es mit dem neuen
       Gesetz schwerer, einen deutschen Pass zu erhalten, warnen Verbände, die für
       die Rechte von [7][Menschen mit Behinderung] eintreten.
       
       Für einen Großteil der Geflüchteten könne aber das Pilotprojekt eine „gute
       berufliche Integration in den Arbeitsmarkt und damit in die Gesellschaft“
       bedeuten, sagte Ministerin Touré. Allerdings blieben Fragen von Wohnen bis
       zur Anerkennung beruflicher Abschlüsse „herausfordernd“.
       
       2 May 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Ministerpraesidenten-ueber-Migration/!5996770
 (DIR) [2] https://asbh.de/wp-content/uploads/2023/07/Fachverbaende_stellungnahme_staatsangeh.pdf
 (DIR) [3] /Jobberatung-fuer-Gefluechtete/!6005596
 (DIR) [4] /Ukrainefluechtlinge-in-Not/!5995148
 (DIR) [5] https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/arbeit-und-soziales/jobturbo-2231048
 (DIR) [6] https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/faqs/DE/themen/heimat/reform-staatsangehoerigkeitsrecht/reform-staatsangehoerigkeitsrecht-liste.html
 (DIR) [7] /Menschen-mit-Behinderung/!t5017254
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geißlinger
       
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