# taz.de -- Umgang mit Verbraucher*innen: Warum duzen die mich?
       
       > Konzerne jubeln uns mit großer Geste Preiserhöhungen unter. Oder sie
       > überfordern uns mit Self-Service-Touchscreens. Und wir machen auch noch
       > mit.
       
 (IMG) Bild: Problematisch wird die Bestellung: Hotdog-Werbung in einer Ikea-Filiale
       
       Über steigende Preise kann man sich aufregen. Vielleicht kann man es auch
       lassen. Aber als Verbraucher für blöd verkauft zu werden, das nervt immer.
       
       Vor kurzem erhöhte ein Onlineversandhandelsmonopolist die Preise für seinen
       Video-Streaming-Dienst de facto um gut 30 Prozent. Die Preissteigerung
       wurde allerdings nicht als solche benannt. Stattdessen wurde angekündigt,
       dass in Zukunft die Titel „in begrenztem Umfang“ Werbung enthalten werden.
       Es klang fast, als sei dies ein Grund zum Feiern, da sie dadurch „weiterhin
       in Top-Entertainment“ und „attraktive Inhalte“ investieren könnten.
       
       Beeindruckend dreist fand ich den Satz: „Für dich besteht kein
       Handlungsbedarf und der aktuelle Preis deiner Mitgliedschaft wird sich
       nicht ändern.“ Warum duzen die mich? Damit ich denke, die einseitige
       Vertragsänderung ohne meine Zustimmung sei ein Freundschaftsdienst? Und was
       soll überhaupt „Werbung in begrenztem Umfang“ bedeuten? Dass
       dankenswerterweise das Programm nicht gänzlich auf
       [1][Teleshopping-Sendungen] umgestellt wird?
       
       Für 2,99 Euro kann man sich übrigens mit einem neuen „Ad Free“-Abo
       vermeintlich von der Werbung freikaufen – Eigenwerbung muss freilich auch
       dort geschaut werden, von den lästigen Produktplatzierungen in vielen
       Filmen und Serien mal ganz abgesehen. Ich wollte das Abo sofort kündigen –
       wir haben es ja nur abgeschlossen, eben weil wir keine [2][Werbung] sehen
       wollen – aber ich wurde Zuhause überstimmt: Erstmal abwarten, wie schlimm
       es ist. Wir sind also tatsächlich so blöd, wie der Konzern annimmt –
       deprimierend.
       
       Neulich war ich bei einem multinationalen Einrichtungskonzern, weil meine
       Tochter einen Hotdog essen wollte. Dort wird man schon immer geduzt, aber
       die Hotdog-Preise bleiben stabil. Allerdings wird der Service nun
       weitgehend den Kunden überlassen.
       
       Beim Versuch, zwei Hotdogs zu erwerben, habe ich das Gefühl bekommen,
       möglicherweise sogar noch blöder zu sein, als das Unternehmen annimmt. Ich
       war komplett überfordert damit, auf einem Touchscreen-Terminal meine
       Bestellung aufzugeben – allein schon, weil es einen Veggie-Hotdog und einen
       Plant-Hotdog gibt und ich nicht kapiert habe, wo der Unterschied liegt. Zum
       Bezahlen fehlte mir die passende App und nur mit Mühe begriff ich, dass ich
       – wie im Service Center der [3][Deutschen Bahn] – auf einen Bildschirm
       starren muss, bis dort angezeigt wird, an welchem Schalter ich mit meiner
       Nummer ein Tablett mit zwei traurigen Fleischersatz-Schläuchen in Weißbrot
       abholen kann.
       
       Zum Glück war ich mit dem weiteren Ablauf vertraut, also wie man das Ganze
       eigenhändig gnadenlos mit Soßen, Gurkenscheiben und Röstzwiebeln überlädt,
       um sich beim Essen komplett einzusauen – den Teil mag ich. Danach war ich
       erschöpft (ohne überhaupt im Laden gewesen zu sein) und fühlte ich mich
       irgendwie verhöhnt, als ich auf der Toilette beim Händewaschen in
       Dauerschleife die Worte hörte: „Noch nie war [4][Shopping] so einfach.“
       
       Diese Woche habe ich zum ersten Mal seit der Umstellung auf „Werbung in
       begrenztem Umfang“ einen Film gestreamt. Vor Filmbeginn musste ich zweimal
       exakt denselben Werbespot eines Süßwarenherstellers anschauen, der mir
       sagte, dass der Film dank der Firma werbefrei präsentiert werde. Das war
       dann schon wieder richtig lustig.
       
       Mag ja sein, dass ich zu bescheuert bin für diese Welt – aber sie schafft
       es doch immer wieder, mich noch zu toppen.
       
       Ich rege mich jetzt auch nicht weiter auf: Eine einzige Unterbrechung in
       einem guten Spielfilm und mein Mann beschließt wütend das Abo auf der
       Stelle zu kündigen – um dann stattdessen doch das reklamefreie Upgrade zu
       kaufen. Darauf kann ich mich verlassen.
       
       17 Apr 2024
       
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