# taz.de -- Kriminalisierung von Klimaprotesten: Verhaftungen schüren Angst
       
       > Indische Behörden schüchterten Protestwillige ein, indem sie sie
       > kriminalisieren, sagen Aktivist:innen. Dabei gebe es viele Gründe, zu
       > demonstrieren.
       
 (IMG) Bild: Protestmarsch während des Global Climate Strike als Teil der Fridays for Future Bewegung in Neu-Delhi im März 2023
       
       Mumbai taz | Unter jungen Inder:innen in den Metropolen wurden
       Umweltproteste mit dem Aufkommen der globalen Fridays-for-Future-Bewegung
       populär. Eine [1][bekannte Stimme ist Disha Ravi]. Die Mitbegründerin von
       Fridays for Future (FFF) in Indien wurde vor drei Jahren international
       bekannt, als sie im Zusammenhang mit Protesten von Landwirt:innen am
       Rande der Hauptstadt Delhi wegen des Verdachts auf Aufruhr verhaftet wurde.
       
       Ravi war an einer Anleitung beteiligt, wie indische Bauern, die monatelang
       gegen neue Agrargesetze protestierten, in den sozialen Medien unterstützt
       werden könnten. Zwar kam die [2][Klimaschützerin bald wieder gegen Kaution
       frei], doch die Verhaftung habe der Popularität von FFF geschadet, sagen
       manche.
       
       Eltern von engagierten Jugendlichen waren besorgt und hielten ihre Kinder
       an, sich von der Öffentlichkeit fernzuhalten und abweichende Botschaften
       auf Social-Media-Plattformen abzuschwächen.
       
       Die Bauernproteste in den Jahren 2020 und 2021 sind ebenso heikle Themen
       wie die Rohstoffförderung, insbesondere von fossilen Energieträgern. So
       geriet im vergangenen Jahr der [3][Umweltanwalt Ritwick Dutta ins Visier]
       der Behörden, dessen Organisation [4][Legal Initiative For Forest and
       Environment (Life) 2021 den sogenannten Alternativen Nobelpreis] erhalten
       hatte.
       
       Der Vorwurf gegen Dutta: Verstoß gegen das Foreign Contribution Regulation
       Act, ein Gesetz, das den Fluss ausländischer Spendengelder regelt. Life und
       die in den USA ansässige Nichtregierungsorganisation Earth Justice sollen
       versucht haben, mit ausländischen Geldern Kohleprojekte in Indien zu
       stoppen. Dutta hatte sich in der Vergangenheit zudem kritisch zu Änderungen
       bei der Umweltverträglichkeitsprüfung geäußert. Ziel der Ermittlungen sei
       es, Angst zu schüren, nicht nur bei denen, die protestieren, sondern auch
       bei denen, die vielleicht erst aktiv werden wollen, sagt Dutta.
       
       ## Reformen zugunsten des Bergbaus
       
       Kritiker:innen haben darauf hingewiesen, dass Indiens
       Umweltvorschriften unter Premierminister Narendra Modi von der
       hindunationalistischen Regierungspartei BJP häufiger geschliffen wurden.
       Nach Angaben des Magazins Down To Earth wurden in den letzten fünf Jahren
       110 Änderungen vorgenommen. Auffällig ist, dass der Abbau von Mineralien
       wie Eisen, Mangan, Bauxit oder Kalkstein erweitert wurde.
       Beobachter:innen wie die NGO Global Witness merken an, dass Gruppen,
       die im Bereich Kohlebergbau, Raffinerien, Landnutzung oder Infrastruktur
       tätig sind, besonders gefährdet seien.
       
       Laut dem [5][Bericht „Decade of Defiance“], der zehn Jahre
       Berichterstattung über Land- und Umweltschutz weltweit beleuchtet, wurden
       2021 etwa 200 Umweltaktivist:innen getötet, ein Großteil in
       Lateinamerika, aber auch 14 Personen in Indien. Sie kamen beispielsweise im
       Zusammenhang mit Protesten und Räumungen ums Leben.
       
       Unter den Getöteten sind Angehörige von Stammesgemeinschaften sowie der
       Jesuitenpriester Stan Swamy, der indigene Adivasi unterstützte. Die
       Autor:innen von „Decade of Defiance“ mahnten daher: „Viele Verteidiger,
       darunter indigene Frauen, die Gerechtigkeit suchen, werden aufgrund ihrer
       Menschenrechtsarbeit inhaftiert und als Terroristen abgestempelt.“ Die
       indische Regierung hingegen erklärt, dass es keine selektiven Maßnahmen
       gegen Aktivist:innen gebe und Behörden bei Gesetzesverstößen eingreifen
       würden.
       
       2 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Indische-Klimaaktivistin/!5747142
 (DIR) [2] https://www.thestatesman.com/cities/delhi/toolkit-case-disha-ravi-urges-delhi-high-court-to-modify-bail-condition-1503214085.html
 (DIR) [3] https://www.thehindu.com/news/national/cbi-books-noted-environmental-lawyer-ritwik-dutta-for-fcra-violation/article66766186.ece
 (DIR) [4] /Alternative-Nobelpreise/!5804798
 (DIR) [5] https://www.globalwitness.org/en/campaigns/environmental-activists/decade-defiance/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Natalie Mayroth
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Klimaproteste
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Indien
 (DIR) Alternativer Nobelpreis
 (DIR) Indien
 (DIR) Indien
 (DIR) Schwerpunkt Klimaproteste
 (DIR) Schwerpunkt Klimaproteste
 (DIR) Energiewende
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Alternativer Nobelpreis: Konkrete Utopien
       
       Der Right Livelihood Award 2024 wurde vergeben. Ausgezeichnet wurden etwa
       Aktivist*innen für Menschenrechte und Umwelt.
       
 (DIR) Vor der Wahl in Indien: Opposition unter Bedrängnis
       
       Wenige Wochen vor der Wahl in Indien wächst der Druck auf die Opposition.
       Die Festnahme eines Oppositionspolitikers ruft Proteste hervor.
       
 (DIR) Staatsbürgerschaftsgesetz in Indien: Regierung provoziert vor den Wahlen
       
       Die hindunationalistische Regierung will nun ein Gesetz anwenden, von dem
       sich Muslime diskriminiert fühlen. Im Bundesstaat Assam brannten
       Wahlplakate.
       
 (DIR) Klimaschützer*innen unter Druck: Repressionen nehmen global zu
       
       Die Bundesrepublik verfolgt Aktivist*innen für ihre Proteste. Woanders ist
       es nicht besser. Die Bewegung reagiert mit Knastschulungen und Beratung.
       
 (DIR) Klimaprotest in Deutschland: Schluss mit Kleben
       
       Die Klimaaktivist*innen der Gruppe Letzte Generation satteln um:
       Statt Straßenblockaden wollen sie neue „unignorierbare“ Aktionen
       organisieren.
       
 (DIR) Weltweit weniger Meiler geplant: Nicht genug Kohle mit Kohle
       
       Weil die Renditeaussichten schwinden, neigt sich die fossile Ära dem Ende
       zu. Dennoch wollen noch 37 Staaten Kohleanlagen in Betrieb nehmen.