# taz.de -- Chaos bei OpenAI: Künstliche Aufregung
       
       > Letzte Woche rausgeworfen, jetzt zurückgeholt: Sam Altman, CEO von
       > OpenAI. Wer ist der mächtigste Entwickler von künstlicher Intelligenz?
       
 (IMG) Bild: Sam Altman, damaliger und neuer Geschäftsführer von OpenAI und Erfinder der KI-Software ChatGPT
       
       ## Was ist passiert?
       
       Am Freitag, 17. November, wurde Sam Altman, Chef von OpenAI, überraschend
       vom Vorstand entlassen. Als Reaktion darauf schmiss der Vorstandschef Greg
       Brockman seinen Job hin. Beide fanden schon am Montag darauf einen neuen
       Job. Bei Microsoft, einem Investor von OpenAI.
       
       [1][In einem offenen Brief] hatte zwischendurch ein Großteil der rund 750
       Mitarbeitenden von OpenAI den Rücktritt des Vorstandes und eine Rückkehr
       Altmans gefordert. Dem Vorstand fehle es an „Kompetenz, Urteilsvermögen und
       Sorge um die Mission und die Mitarbeitenden“. Oberste Unterzeichnerin: Mira
       Murati, nach Altmans Rauswurf Interims-CEO von OpenAI.
       
       Keine zwei Tage später kehrten Altman und Anhang zurück zum Mutterschiff.
       Der Vorstand von OpenAI wurde umgebaut: Von den ehemaligen sechs
       Mitgliedern blieb nur eins übrig, dazu kommen Barack Obamas ehemaliger
       Finanzminister Lawrence Summers und der ehemalige Technik-Chef von
       Facebook, Bret Taylor.
       
       ## Was ist OpenAI?
       
       OpenAI ist Vorreiter in Sachen generative KI. Ihre KI DALL-E erstellt
       Bilder anhand von Text. ChatGPT schreibt Texte und Code. Im August 2023
       besuchten über 180 Millionen User*innen die Seite von ChatGPT. Beide KIs
       gelten als richtungsweisend, keine andere Firma kann bisher mithalten.
       
       OpenAI war anfangs kein wirtschaftliches Unternehmen, sondern eine
       gemeinnützige Organsation. 2015 warnten diverse Expert*innen vor einer
       möglichen „Matrix“-artigen Machtübernahme von vielleicht irgendwann
       superintelligenten Maschinen ohne menschliche Wertvorstellungen. Diesem
       Risiko wollte eine Gruppe von IT-Expert*innen, unter anderem Sam Altman und
       Multimilliardär Elon Musk, Vernunft und Verantwortungsbewusstsein
       entgegenstellen. [2][Damit konnte OpenAI Entwickler*innen gewinnen,
       die für den Glauben an geteiltes Wissen und an eine ethische Technikzukunft
       Gehaltsschecks von Tech-Giganten ausschlugen.]
       
       Als OpenAI 2019 mehr Geld als die bisherigen Spenden benötigte, um zu
       wachsen, gründete es eine Tochtergesellschaft. OpenAI Global ist
       gewinnorientiert. Kontrolliert wird das Ganze bis heute vom Vorstand von
       OpenAI Nonprofit.
       
       OpenAIs großes Ziel: die Erschaffung einer sogenannten Artificial General
       Intelligence (AGI). Eine AGI ist eine KI, die intelligenter sein soll als
       der Mensch und jede intellektuelle Aufgabe verstehen und erlernen kann. Um
       AGIs zu testen, wurden bereits einige unterschiedliche Möglichkeiten
       erdacht. Die vielleicht eindrücklichste ist der Ikea-Test: Dabei soll eine
       AGI mit Hilfe eines Roboters und der typischen Anleitung ein Möbelstück von
       Ikea zusammenbauen.
       
       ## Warum wurde Altman entlassen?
       
       Das weiß vermutlich nur der Vorstand. [3][In einer Erklärung von OpenAi]
       heißt es, Altman sei in der Kommunikation mit dem Vorstand nicht
       „durchgehend ehrlich“ gewesen. Andere berichten von einer ideologischen
       Auseinandersetzung im Vorstand, die sich zwischen schnellem Fortschritt für
       die Menschen, der auch die Kassen von OpenAI füllen kann, und einer
       langsameren, aber dafür sichereren Entwicklung abspielt.
       
       ## Wer ist Sam Altman?
       
       Sam Altman, Jahrgang 1985, saß mit acht Jahren in Missouri das erste Mal an
       seinem eigenen Mac. Steve Jobs, [4][erzählt der Vegetarier Jahre später in
       einem Interview], sei sein Held gewesen. Er studierte Informatik an der
       Stanford University, schmiss hin und gründete mit seinem Freund ein kleines
       Tech-Startup, das – so verlangt es das Gesetz der Silicon-Valley-Erzählung
       – ebenso scheiterte wie die Beziehung. Dafür wurde er 2014 Präsident vom Y
       Combinator, einem bekannten Gründer*innenzentren in den USA, das
       Startups in ihren Anfangsjahren mit Geld und Kontakten unterstützt. Nicht
       nur Altmans gescheitertes Unternehmen, sondern auch erfolgreiche wie reddit
       und Airbnb. 2019 hörtet Altman auf, wurde CEO von OpenAI.
       
       Altman hat einen Hang zu Weltuntergangsszenarien. Die haben ihn, [5][so
       schilderte er es 2016], dazu gebracht, wie ein Prepper Gold, Waffen und
       Gasmasken zu bunkern. In der Branche wird er als Visionär behandelt. „Steve
       Jobs der KI-Revolution“ nennen ihn manche. Neben seinen Kontakten aus der
       Gründer*innenszene und seinen gut vermarktbaren dystopischen Warnungen
       half ihm sein technischer Fortschrittsglaube, eine der wichtigsten
       Währungen der Tech-Branche hinter sich zu versammeln: begabte
       Entwickler*innen.
       
       Seine Visionen beschrieb Altman 2021 [6][in einem Essay]: Die KI würde die
       vierte, große technologische Revolution der Menschheit darstellen. In
       seiner Utopie sorgen verantwortungsvoll eingesetzte KIs dafür, dass alle
       Menschen genug von dem haben, was sie brauchen. KIs könnten, so Altman,
       Preise für Nahrung, Wohnen, Bildung, Ärzt*innenbesuche senken und uns
       gleichzeitig Freizeit schenken.
       
       2023 mischt er sich in die internatonale Politik. In London trifft er den
       britischen Premier Rushi Sunak und warnt, dass der geplante AI-Act der EU
       Entwicklungen überregulieren würde. In Berlin spricht er mit Bundeskanzler
       Olaf Scholz über die Risiken der KI. In Brüssel bei Ursula von der Leyen
       betont er gemeinsame Denkansätze.
       
       ## Warum warnt Altman vor den Gefahren durch KI?
       
       OpenAI soll die Dystopie verhindern, die Altman fürchtet. Im Mai 2023
       unterschrieb er etwa [7][ein Statement, das vor der „Ausrottung des
       Menschen durch die KI“ warnte und sie auf die gleiche Stufe wie Pandemien
       und Atomkriege stellte].
       
       Das ist vor allem öffentlichkeitswirksame Werbung für das Unternehmen, das
       – zumindest laut [8][eigener Charta] – ethisch an die KI-Entwicklung
       herangeht.
       
       ## Wie viel Macht hat Microsoft?
       
       Microsoft stieg bereits kurz nach der Gründung der Tochtergesellschaft als
       einer von mehreren Investoren bei OpenAI Global ein. 2019 und 2021
       investierte Microsoft jeweils eine Milliarde Dollar. Im Januar 2023, kurz
       nach der Veröffentlichung von ChatGPT, noch mal 10 Milliarden Dollar, damit
       OpenAI-Dienste in Microsoft-Produkte integriert werden können, wie etwa
       inzwischen ChatGPT in die Suchmaschine Bing. Nicht nur das Microsoft-Geld
       ist wichtig für OpenAI, auch dessen Cloud und Supercomputer, denn für die
       Entwicklung von KIs sind immense Rechnerleistungen nötig.
       
       Dennoch [9][betont OpenAI], eine „vollkommen selbstständige Firma“ zu
       bleiben, die von OpenAI Nonprofit geführt wird. Microsoft habe „keinen
       Sitz im Vorstand und keine Kontrolle“. Die AGI sei von allen kommerziellen
       Abmachungen mit Microsoft ausgeschlossen, sie bleibt also im
       Nonprofit-Bereich für „den Rest der Menschheit“. Beteiligt gewesen sei
       Microsoft aber an der Schaffung eines gemeinsamen Sicherheitsrats. Und
       Microsoft hat Einfluss auf Mitarbeitende
       
       ## Warum wird OpenAI so gehypt?
       
       Weil es ChatGPT und Dall-E gemacht hat und damit die momentane (und
       vermutlich auch die kommende) KI-Revolution federführend gestaltet.
       Außerdem klingt „OpenAI“ noch nicht so milliardenschwer wie „Google“,
       „Microsoft“, „Amazon“.
       
       ## Warum ist das wichtig für mich?
       
       KIs werden uns in wenigen Jahren alle betreffen. Weil sie in der
       medizinischen Diagnostik genutzt werden, für Propaganda und Journalismus,
       in der Stadtplanung, im Krieg. Eine Organisation, die KIs entwickelt und
       sie allen zugänglich macht – so war OpenAI ja gedacht – könnte verhindern,
       dass ein oder zwei kommerzielle Player übermächtig werden und mit ihren KIs
       unsere Leben gestalten.
       
       Die Sprünge in der Entwicklung sind enorm, die im ethischen Umgang mit der
       KI nicht. Die EU versucht schon seit Jahren vergebens, eine Reglementierung
       von KIs festzuschreiben.
       
       24 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://s.wsj.net/public/resources/documents/openai-letter-board-2023.pdf
 (DIR) [2] https://www.wired.com/2016/04/openai-elon-musk-sam-altman-plan-to-set-artificial-intelligence-free/
 (DIR) [3] https://openai.com/blog/openai-announces-leadership-transition
 (DIR) [4] https://edition.cnn.com/2023/10/31/tech/sam-altman-ai-risk-taker/index.html
 (DIR) [5] https://www.newyorker.com/magazine/2016/10/10/sam-altmans-manifest-destiny
 (DIR) [6] https://moores.samaltman.com/
 (DIR) [7] /Auswirkungen-Kuenstlicher-Intelligenz/!5934661
 (DIR) [8] https://openai.com/charter
 (DIR) [9] https://openai.com/our-structure
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Drosdowski
       
       ## TAGS
       
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