# taz.de -- Prognose zur Gasversorgung im Winter: Es läuft doch
       
       > Die Prognose der Bundesnetzagentur zur Gas-Versorgungslage stimmt
       > optimistisch. Von wegen, German Angst! Dennoch ist Misstrauen angebracht.
       
 (IMG) Bild: Einmal beherzt am Gasregler gedreht
       
       Die Nachrichten der Bundesnetzagentur zur Lage der Gasversorgung lassen
       sich auf zwei Arten lesen. Die eine Lesart stimmt optimistisch. Die zuerst.
       
       Die Bundesrepublik kann auf existenzielle Krisen kräftig und trotzdem
       unaufgeregt reagieren. Den Gasmangel im vergangenen Winter, verursacht
       durch den russischen Angriffskrieg und die jahrelange Schlafmützigkeit der
       Wirtschaftsminister, hat die Bundesregierung entschlossen beantwortet.
       Zupackend und pragmatisch hat das grün geführte Wirtschaftsministerium
       [1][alternative Gasquellen erschlossen.]
       
       Die Industrie hat effektiv russisches Gas ersetzt; zwar leidet sie unter
       gestiegenen Energiepreisen, aber angesichts von Krieg und Inflation hält
       sie sich und damit den Arbeitsmarkt erstaunlich stabil. Demgemäß nimmt die
       Bevölkerung die Abwendung der Gasmangellage mit Gelassenheit wahr. Laut
       Umfragen fürchten nur die wenigsten Deutschen Versorgungsprobleme. Von
       wegen „German Angst“ – wenn’s drauf ankommt, drehen sie an der
       Raumtemperatur und fertig.
       
       Klingt gut. Doch es gibt eben eine zweite Lesart, und nach der fällt diesem
       Land angesichts einer tiefen Bedrohung nichts anderes ein als eben das:
       Weitermachen wie bisher. Jeder, der es sich finanziell irgendwie erlauben
       kann und bei dem es technisch sinnvoll ist, baut sich eine Wärmepumpe ein?
       [2][Nö, lieber ein neues Auto kaufen]. Die Unternehmenschefs erkennen die
       Sackgasse, in die ihr stetig wachsender Hunger nach Energie und Rohstoffen
       führt, und suchen innovativ nach Auswegen? Vor allem große Firmen drohen
       lieber mit Produktionsverlegungen ins Ausland. Und der kleinmütige Kanzler
       stellt sich nicht mal hinter eines der wenigen Gesetze, das die Gaskrise
       langfristig anpacken wollte: [3][das Heizungsgesetz.]
       
       In Bezug auf die überschaubare Krise eines Gasmangels sind beide Lesarten
       möglich. In Bezug auf die Fähigkeit, die systemischen Krisen des Klimas und
       der Biodiversität anzupacken, stimmen beide Lesarten misstrauisch.
       
       2 Nov 2023
       
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