# taz.de -- Nach der Wahl in Guatemala: Sieg bestätigt, Partei suspendiert
       
       > Guatemalas oberstes Wahlgericht bestätigt den Wahlsieg des
       > Antikorruptionskandidaten Bernardo Arévalo. Aber die Wahlbehörde
       > suspendiert seine Partei.
       
 (IMG) Bild: Als Wahlsieger bestätigt und juristisch bekämpft: Guatemalas Wahlsieger Bernardo Arévalo
       
       Guatemala-Stadt ap/afp/dpa | Guatemalas oberstes Wahlgericht hat den
       jüngsten Wahlsieg des linken Präsidentschaftskandidaten Bernardo Arévalo
       zwar bestätigt, doch ist dessen Partei mit einem vorläufigen Arbeitsverbot
       belegt worden. Ob der Vorsitzende von Movimiento Semilla angesichts der
       verwirrenden Ausgangslage wie geplant am 14. Januar sein Amt antreten kann,
       gilt als ungewiss. Unklar ist auch, was die Entscheidung für die
       Abgeordneten der Partei bedeutet, die im ersten Wahlgang im Juni gewählt
       wurden.
       
       Die Suspendierung von Movimiento Semilla bestätigte ein Anwalt der Partei
       am Montag (Ortszeit) der Nachrichtenagentur AP. Kurze Zeit später erklärte
       das oberste Wahltribunal Arévalo zum Wahlsieger.
       
       Der 64-jährige Arévalo bezeichnete die Suspendierung seiner Partei als
       „vollkommen illegal“. Es gebe einen „Prozess der politischen Verfolgung“,
       bei dem die Institutionen der Justiz auf illegale Weise gegen Semilla und
       unsere Kandidatur eingesetzt werden“, erklärte er am Montag vor
       Journalisten. Arévalo hatte den Behörden schon vor der Wahl politische
       Verfolgung vorgeworfen.
       
       ## Richter und Staatsanwalt stehen auf US-Korruptionsliste
       
       Nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am 25. Juni hatte Richter
       Fredy Orellana auf Antrag des Staatsanwalts Rafael Curruchiche die
       Wahlbehörde angewiesen, Semilla zu suspendieren und mutmaßliche
       Unregelmäßigkeiten bei der Registrierung von Mitgliedern während der
       Parteigründung im Jahr 2017 zu prüfen.
       
       Die Wahlbehörde war der Anordnung des Richters damals mit der Begründung
       nicht gefolgt, dass es nicht möglich sei, eine Partei mitten im Wahlprozess
       zu suspendieren. Nach der Wahl erfolgte dies nun. Die Partei hat jetzt drei
       Tage Zeit, die Entscheidung anzufechten.
       
       Richter Orellana und Staatsanwalt Curruchiche stehen beide auf einer
       US-Liste von Bürgern zentralamerikanischer Länder, die mit „Korruption und
       antidemokratischen Aktivitäten“ in Verbindung gebracht werden.
       
       Arévalo bezeichnete das vorläufige Arbeitsverbot für seine Partei als
       rechtlich ungültig und kündigte an, sie werde dagegen in Berufung gehen.
       „Nach aktuellem Stand kann mich niemand daran hindern, am 14. Januar das
       Amt anzutreten“, ergänzte Arévalo. Im Berufungsverfahren würde sich mit dem
       Fall seiner Partei Guatemalas oberstes Wahlgericht befassen, das nun seinen
       Wahlsieg bestätigt hat.
       
       ## Kampfansage gegen die grassierende Korruption
       
       Arévalo ist der Sohn des früheren Präsidenten Juan José Arévalo und war in
       Guatemala kaum bekannt, bis er aus der [1][ersten Runde der
       Präsidentschafts- und Parlamentswahlen] Ende Juni zur Überraschung der
       etablierten Kräfte als Spitzenreiter hervorging. Da er die absolute
       Mehrheit verfehlte, ging es am 20. August in die Stichwahl gegen die
       frühere First Lady [2][Sandra Torres].
       
       [3][Im zweiten Wahlgang setzte sich Arévalo mit 60,9 Prozent der Stimmen
       durch], Torres kam auf 37,2 Prozent, wie aus dem offiziellen Ergebnis
       hervorgeht. Die Wahlverliererin hat ihre Niederlage indes noch immer nicht
       eingestanden. Sie wirft Arévalo Wahlbetrug vor. Ihre Partei Unidad Nacional
       de la Esperanza (Nationale Einheit der Hoffnung), die sich als
       sozialdemokratisch versteht, hat die Stimmenauszählung angefochten. In
       einigen Regierungsbehörden und Gerichten, die mit den Klagen gegen das
       Wahlergebnis befasst sind, sitzen Amtsträger, die von den USA wegen
       Korruptionsvorwürfen mit Sanktionen belegt worden sind.
       
       Im Wahlkampf hatte sich Arévalo mit seinem Eintreten für sozialen
       Fortschritt und einer Kampfansage gegen die grassierende Korruption den
       Rückhalt vieler Bürger gesichert und das politische Establishment verstört.
       Haftbefehle gegen Amtsträger sowie Razzien in der Zentrale von Movimiento
       Semilla haben unter Anhängern der Partei und in der internationalen
       Gemeinschaft Sorge ausgelöst, hinzu kommen Berichte aus seinem Team über
       ein mögliches [4][Mordkomplott gegen Arévalo].
       
       Erst kürzlich rief die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte die
       guatemaltekische Regierung auf, den Schutz des designierten Präsidenten zu
       gewährleisten. Der scheidende konservative Amtsinhaber Alejandro Giammattei
       hat sich bisher nicht zu dem Aufruhr rund um seinen gewählten Nachfolger
       geäußert.
       
       29 Aug 2023
       
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