# taz.de -- Svenja Schulze in Westafrika: Nicht nur geben, auch abgeben
       
       > Deutschland will auf Augenhöhe mit den Staaten des Südens kooperieren.
       > Dann muss es ihnen auch fairen Zugang zu den eigenen Märkten schaffen.
       
 (IMG) Bild: Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze bei ihrer Rundreise durch Westafrika
       
       Die Frau hat Nerven! Nur wenige Wochen nachdem eine Militärjunta den zum
       engsten Partner des Westens hochstilisierten Präsidenten in Niger abgesetzt
       und in Geiselhaft genommen hat, tourt die deutsche Entwicklungsministerin
       Svenja Schulze erneut durch Westafrika. Dabei sind sie und ihre
       Kabinettskolleg:innen doch gerade krachend mit ihrer Sahel-Strategie
       gescheitert.
       
       Wirklich? Nein, so einfach ist es nicht. Dass Schulze als deutsche
       Entwicklungsministerin in dieser [1][hochexplosiven, schwierigen Lage] nach
       Westafrika gereist ist, war richtig. Deutschland muss im Sahel präsent
       bleiben.
       
       Natürlich müssen sich Schulze und die Bundesregierung fragen, warum man so
       überrascht wurde von dem Staatsstreich, trotz zahlreicher
       Mitarbeiter:innen und jahrzehntelanger Entwicklungszusammenarbeit vor
       Ort. Und ob es wirklich klug war, [2][die militärische Zusammenarbeit mit
       Niger] über die Jahre so zu vertiefen, dass sich die Junta auch dank
       deutscher Ausbildung an die Macht putschen konnte.
       
       Doch trotz [3][der gegenwärtig eingefrorenen Entwicklungshilfegelder] – was
       hart, aber richtig ist, weil man ansonsten [4][der Junta in die Hände
       spielen] und die Rolle der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft als
       Vermittlerin schwächen würde – Deutschland wird sich auch wieder in Niger
       und in Ländern engagieren müssen, die keine lupenreinen Demokratien sind.
       
       ## Viel mehr als Pufferstaaten für Flüchtlinge
       
       Dabei geht es nicht um Mildtätigkeit, sondern um Interessen. Der
       Klimawandel mit Dürren und Überschwemmungen macht ganze Regionen
       unbewohnbar, die damit einhergehenden Nahrungsmittelkrisen und
       Verteilungskämpfe über Gewalt, Kriege und Terror zwingen Millionen Menschen
       im Sahel zur Flucht. Die meisten bleiben in der Region. Es ist auch im
       Interesse Deutschlands und der anderen europäischen Länder, dass sie dort
       gut untergebracht und versorgt werden.
       
       Doch der Sahel und die umliegenden afrikanischen Länder sind viel mehr als
       Pufferstaaten für Flüchtlinge oder Brutstätten des Terrorismus. Mit ihrer
       extrem jungen Bevölkerung, ihren Ressourcen und dem fast unbegrenzten
       Zugang zu erneuerbaren Energiequellen haben sie das Potenzial und das
       Selbstbewusstsein, die multipolare Weltordnung von morgen mitzubestimmen.
       
       ## Verzicht auf Lieferbindung
       
       Deshalb ist es klug, jetzt auf diese Länder zuzugehen und mit ihnen zu
       kooperieren – nicht belehrend und von oben herab, sondern partnerschaftlich
       und auf Augenhöhe. Deutschland leistet mit seiner
       Entwicklungszusammenarbeit bereits eine solide Vorarbeit. Die verfolgt den
       Ansatz der Hilfe zur Selbsthilfe, sie setzt auf langfristige und
       nachhaltige Projekte und verzichtet, anders als etwa die USA, auf die
       sogenannte Lieferbindung.
       
       In einen mit deutschen Steuergeldern geplanten Solarpark in Bamako kann
       China also seine Solarmodule verkaufen. Das mag kurzfristig blöd
       erscheinen, langfristig stärkt es Vertrauen und Verlässlichkeit.
       
       Doch wenn Deutschland und der Westen wirklich auf Augenhöhe mit den Staaten
       des Südens kooperieren wollen, dann heißt das auch, den Entwicklungsländern
       fairen Zugang zu den eigenen Märkten zu geben, Wertschöpfungsketten dort
       aufzubauen, wo die Rohstoffe geschürft werden und vor allem Verantwortung
       zu übernehmen für die Schäden des Klimawandels. Also nicht nur zu geben,
       sondern auch abzugeben. Deutschland sollte dabei Vorreiter sein.
       
       18 Aug 2023
       
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