# taz.de -- Filmreihe im Zeughauskino: Licht im Schacht
       
       > Das Zeughauskino geht unter Tage. Am Freitag startet die Reihe „Glück
       > auf!“, die sich dem Bergbau im deutschen Film durch die Zeiten widmet.
       
 (IMG) Bild: Ruhrpottkomödienklassiker: Adolf Winkelmanns „Jede Menge Kohle“
       
       „Und da will ich mal fragen – was ist denn nun mit ‚Sonnensucher‘?“ Elf
       Jahre lang begleitete der Schauspieler Erwin Geschonneck die
       Parteiversammlungen der SED mit dieser Frage, nachdem diese Konrad Wolfs
       Film über das Uranbergwerk Wismut 1958, kurz nach der Fertigstellung,
       verboten hatte. In dem Film verschlägt es 1950, ein Jahr nach Gründung der
       DDR, eine Reihe von Menschen ins sächsische Erzgebirge, um in den Schächten
       Uran abzubauen für den Aufbau des Sozialismus und das sowjetische
       Atombombenprogramm. Das Uran ist die Sonne, die im Titel gesucht wird.
       Wolfs Film eröffnet am Freitag die Reihe „Glück auf!“ im Zeughauskino, die
       sich dem Bergbau im deutschen Film widmet. Zusammengestellt hat die Reihe
       der Wiener Filmkritiker Patrick Holzapfel.
       
       In „Sonnensucher“ kommen einige der Menschen aus Idealismus oder angelockt
       von der vergleichsweise guten Bezahlung, viele kommen unter Zwang. Es kommt
       zu allerlei Konflikten. Erzählstränge, die die oberflächliche
       Disziplinierung der Arbeiter_innen als sozialistische Heldengeschichte
       erzählen, stehen neben anderen, die den harten Arbeitsalltag zeigen.
       
       „In jedem Zirkus hat’s ’nen starken Mann“, heißt es im Titelsong des Films.
       Meist nutzen die Männer im Film ihre Stärke in Prügeleien. Lutz, die
       Protagonistin des Films, eine junge Waise, wiederum könnte auf den Sexismus
       der starken Männer verzichten. „Sonnensucher“ ist ein seltsamer Film, der
       seine Brüche offen präsentiert, Unvereinbares nebeneinanderstellt, anstatt
       zu übertünchen.
       
       Bergbau gehörte in beiden deutschen Staaten gleichermaßen zur Staatsräson
       wie zur Identität. Beide träumten vom Schlussstrich unter die allzu nahe
       Vergangenheit und krempelten lieber die Ärmel hoch und fuhren untertage.
       „Sonnensucher“ ist Ausgangspunkt einer retrospektiven Trilogie rund um den
       Uranabbau in der DDR.
       
       Stolz und Resignation 
       
       Anfang der 1990er Jahre dokumentierten der Dokumentarfilmer Volker Koepp
       und der unlängst verstorbene Kameramann Thomas Plenert in „Die Wismut“ die
       Verwüstungen, die die sowjetisch-deutsche Aktiengesellschaft Wismut
       hinterlassen hat. Menschen wie Landschaft sind gezeichnet von Jahrzehnten
       des Uranabbaus. Der Stolz auf das in den Stollen Geleistete steht in den
       Gesprächen mit den Bergarbeitern neben der Resignation über die Abwicklung
       und der Angst, mit den Gesundheitsschäden und den Verwüstungen in der
       Landschaft alleingelassen zu werden.
       
       Im vergangenen Jahr nahmen sich die beiden Dokumentarfilmerinnen Mareike
       Bernien und Alex Gerbaulet des Uranabbaus erneut an, weiteten jedoch den
       Blick, blickten weiter zurück in die Geschichte, als nach der Entdeckung
       der Pechblende, dem Uraninit, in Sachsen eine Bäderindustrie entsteht, die
       auf therapeutische Anwendungen des radioaktiven Radon setzen. In gerade mal
       einer guten halben Stunde schlägt [1][„Sonne unter Tage“] einen Bogen vom
       Uranbergbau über Tschernobyl und den Anfang der Umweltpolitik in der DDR
       bis zur Repression gegen die Umweltbewegung.
       
       Auch Jonas Hermanns und Ole Steinberg widmen sich in ihrem Dokumentarfilm
       „Die richtige Haltung“, der im Rahmen der Reihe Premiere feiert, dem
       Bergbau im sächsischen Erzgebirge – und schlagen den Bogen noch weiter
       zurück in die Vergangenheit bis ins 16. Jahrhundert. „Die richtige Haltung“
       geht von zwei Ausgangspunkten aus: einem Reproduktionsaufbau aus Leuchten
       und einer Tischplatte mit Rastermuster in einem Lesesaal, der wie ein
       Filmset im Miniformat wirkt und den historischen Dokumenten eine Bühne
       gibt; und zweitens den „Buckelbergwerken“, Bergwerksmodellen, die auf dem
       Rücken getragen wurden und mit denen anfangs ehemalige Bergmänner über
       Jahrmärkte und durch Schulen zogen.
       
       Hermanns und Steinberg skizzieren, wie der immer stärker organisierte
       Bergbau im 18. und 19. Jahrhundert zum Modell für Staatskonzepte wird. Der
       technischen Eskalation des Bergbaus, der mit immer größerem Aufwand
       Bodenschätze förderte, steht eine Eskalation der Bergbaumodelle gegenüber,
       bis diese mit eben der Kohle angetrieben wurden, die gefördert wurde. Als
       es so weit war, war der Bergbau in Sachsen schon dabei, historisch zu
       werden und als Wirtschaftszweig vom Tourismus abgelöst zu werden.
       
       Gerechtigkeit für geschundene Körper 
       
       Die Modelle vermittelten immer stärker Identitätsstiftendes statt
       wirtschaftlich Relevantes für die Region. Dieser Vogelperspektive auf die
       Bedeutung des Bergbaus für Regionen und Staaten stellt ein Chor die
       Perspektive der Wirbelsäule eines Bergmanns gegenüber und fordert
       historische Gerechtigkeit für die geschundenen Körper der
       Bergarbeiter_innen. „Die richtige Haltung“ mag in der Konzentration auf
       historische Materialien bisweilen etwas spröde erscheinen, findet aber
       einen ebenso klugen wie spielerischen Weg, die Komplexität des Systems
       Bergbau zu zeigen.
       
       Die Filmreihe „Glück auf!“ lädt ein zu einer Reihe lehrreicher Abende im
       Dunkel des Kinos. Sie greift zurück bis in das Kino der Weimarer Republik,
       zeigt die Darstellung des Bergbaus in den Kinematografien der beiden
       deutschen Nachkriegsstaaten und ergänzt sie um aktuelle Blicke.
       
       15 Aug 2023
       
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