# taz.de -- Attentat im Wahlkampf in Ecuador: Ein Land schmiert ab
       
       > Der Mord an Präsidentschaftskandidat Villavicencio offenbart den Abstieg
       > des einstigen Vorzeigelandes Ecuador. Das liegt auch an neoliberaler
       > Politik.
       
 (IMG) Bild: Anhänger des Kandidaten Fernando Villavicencio gehen in Deckung bei Schüssen
       
       Ecuador galt lange als friedliche Insel in einer überaus konfliktreichen
       Region. Auftragsmorde, Gefängnisaufstände, überbordende Korruption wurden
       mit dem benachbarten Kolumbien assoziiert, aber nicht mit Ecuador. Die mit
       Regenwald gesegnete, mit Vulkanen gespickte und über die Galapagosinseln
       verfügende Republik galt lange als sicher, und davon profitierte auch der
       Tourismussektor. Geschichte.
       
       Seit gestern gilt nach dem brutalen Mord an Präsidentschaftskandidat
       Fernando Villavicencio der landesweite Ausnahmezustand für 60 Tage. Der
       erzkonservative und neoliberale Präsident Guillermo Lasso hat seit seiner
       Vereidigung [1][inflationär von dem Instrument Gebrauch gemacht]. Das ist
       mehr als ein Indiz dafür, dass in Ecuador so einiges nicht stimmt. Der
       Präsident ist für vieles mitverantwortlich und deshalb längst zum Symbol
       einer inkompetenten und korrupten Regierung geworden. Doch Lasso, der laut
       den Pandora Papers Konten in Offshore-Paradiesen besitzt, ist nur ein
       Vertreter einer Elite, die zuerst an sich selbst denkt und das politische
       System zum eigenen Vorteil nutzt.
       
       Das hat Tradition in Ecuador. Die Tatsache, dass die ökonomische Elite
       Steuerschlupflöcher und Sonderregelungen nutzt und daher kaum Steuern
       zahlt, ist ein Grund dafür, dass das Land mit der Pandemie in eine
       gravierende Wirtschaftskrise gerutscht ist. Dafür trägt Guillermo Lasso als
       negatives Vorbild ein gerüttelt Maß an Verantwortung. Zudem hat er die
       öffentlichen Investitionen um mehr als zwei Drittel zurückgefahren,
       monieren Ökonomen.
       
       Der Markt werde es schon richten, lautet seine platte Devise, und die
       Bedienung der Auslandsschulden beim Internationalen Währungsfonds und
       anderen Gläubigern ist zum Mantra nicht erst [2][seiner Regierung]
       geworden. Schon unter seinem Vorgänger Lenín Moreno fand die konservative
       Wende in Ecuador statt.
       
       Die nunmehr sieben Jahre neoliberale Wirtschaftspolitik, teilweise vom
       Internationalen Währungsfonds mitkonzipiert, haben die Armutsquote klettern
       und die Zahl der Sozialprogramme sinken lassen. Ein wesentlicher Grund,
       weshalb die 25 im Land agierenden Kartelle keine Nachwuchsprobleme haben.
       Obendrein hat das Spardiktat dazu geführt, dass die noch unter Präsident
       Rafael Correa leidlich gut funktionierenden Institutionen des Landes in
       einem desolaten Zustand sind. Bestes Beispiel ist das Strafvollzugssystem,
       wo bis vor wenigen Monaten nur halb so viele Beamte angestellt waren, wie
       UN-Institutionen empfehlen. Ecuadors Krise ist hausgemacht, und die
       Chancen, dass sie sich mit den Wahlen vom 20. August lösen lässt, stehen
       nicht allzu gut.
       
       10 Aug 2023
       
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