# taz.de -- AfD-Parteitag in Magdeburg: Keine Alternative für Europa
       
       > Sechs Tage lang hat die extrem rechte Partei getagt. Dabei will sie das
       > EU-Parlament abschaffen, die Europäische Union eigentlich auch.
       
 (IMG) Bild: Maximilian Krah, AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl
       
       Berlin taz | Also doch nicht in Klarheit: Die AfD hat sich entschieden, auf
       die Forderung nach einer „geordneten Auflösung der EU“ in ihrem Programm
       für die Wahl zum Europaparlament zu verzichten. Anders als im Leitantrag
       des Bundesvorstands steht diese Formulierung nicht in dem am Sonntag vom
       Parteitag verabschiedeten Programm. Die Parteispitze ruderte schon im
       Vorfeld zurück und sprach von einem „redaktionellen Fehler“.
       
       Davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Das Ende der EU bleibt das
       Ziel der extrem rechten Partei: „Wir halten die EU für nicht reformierbar
       und sehen sie als gescheitertes Projekt“, heißt es im Wahlprogramm. Und
       weiter: „Daher streben wir einen ‚Bund europäischer Nationen‘ an, eine neu
       zu gründende europäische Wirtschafts- und Interessengemeinschaft, in der
       die Souveränität der Mitgliedsstaaten gewahrt ist.“
       
       Zunächst war eine langwierige Debatte über die Präambel, in der diese
       Formulierungen stehen, erwartet worden. Eine Gruppe um den rechtsextremen
       Thüringer Landes- und Fraktionschef Björn Höcke hatte einen gänzlich neuen
       Text dafür vorgelegt – und beantragt, jenen aus dem Leitantrag zu ersetzen.
       Eine Abstimmung darüber hätte eine weitere Auskunft über die Stärke Höckes
       innerhalb der Partei geben können. Am Sonntagmorgen aber verkündete
       Parteichefin Alice Weidel sichtlich erfreut, aus den zwei Präambelentwürfen
       sei in einer Nachtsitzung einer geworden. Und der wurde ohne große Debatte
       angenommen. Grundsatzstreit wollte die AfD-Spitze unbedingt vermeiden.
       
       Bereits das zweite Wochenende in Folge [1][tagte die Bundespartei der AfD
       in Magdeburg]. Erst wurden in einem zähen Prozess die Kandidat*innen
       für die Europawahl aufgestellt, am Sonntag ging es um das Wahlprogramm. Das
       EU-Parlament wird im Juni 2024 neu gewählt, es wird eine Stärkung der
       radikal rechten Parteien erwartet.
       
       In ihrem Wahlprogramm fordert die AfD die Auflösung des Europaparlaments,
       die Rückkehr der D-Mark und eine Emanzipation von den USA. Zum
       [2][russischen Angriffskrieg auf die Ukraine] ist von „viel Leid bei den
       Betroffenen“ die Rede, verurteilt wird der Krieg aber nicht. Die Sanktionen
       gegen Russland sollen aufgehoben, russisches Gas wieder durch die
       Nord-Stream-Pipeline fließen.
       
       ## Je radikaler die Beiträge, desto größer der Applaus
       
       Die AfD will den Außengrenzschutz der EU massiv verstärken und
       „Remigration“, also die massenweise Abschiebung von Einwanderer*innen,
       forcieren. Eine europäische Sozialunion und soziale Mindeststandards in der
       EU will sie nicht. [3][Abtreibungen] sollen eingeschränkt werden,
       „Genderideologie“, „Klimawahn“ und eine „Schuld- und Schamkultur“ mit Blick
       auf die Kolonialzeit werden abgelehnt.
       
       Bis Samstagnacht hatte die AfD 35 Kandidat*innen für Brüssel
       aufgestellt, fünf mehr als eigentlich geplant. Neben zahlreicher
       Redebeiträge zeigte auch das, wie stark sich die AfD angesichts ihrer
       derzeitigen Umfrageergebnisse fühlt. Bei der Europawahl 2019 holte sie elf
       Sitze.
       
       Spitzenkandidat ist [4][Maximilian Krah] aus Sachsen, Anwalt, Katholik und
       im neurechten Spektrum bestens vernetzt. Er sitzt bereits im EU-Parlament.
       Bei den zahlreichen Bewerbungsreden galt grob: Je radikaler die Beiträge,
       desto größer der Applaus und die Aussicht, als Kandidat gewählt zu werden.
       
       Namen, die innerhalb der Partei als eher gemäßigt gelten, finden sich auf
       der Liste kaum. Das ärgerte die Europaabgeordnete Sylvia Limmer: „Es gibt
       eigentlich keines unserer ehemaligen Prinzipien, die bei dieser
       Listenaufstellung nicht über Bord gegangen wären“, rief sie bei der
       Bewerbung um Listenplatz 20, ihrem dritten Versuch. „Mich haben auf Befehl
       die strammen Höcke-Kader kaltgestellt als Abrechnung dafür, dass ich
       mitgestimmt habe, Kalbitz aus der Partei zu werfen.“ Dann zog Limmer ihre
       Kandidatur zurück. Der Rechtsextremist [5][Andreas Kalbitz] war gegen den
       Widerstand des Höcke-Flügels ausgeschlossen worden.
       
       Derweil sagte Spitzenkandidat Krah am Rande des Parteitags, die EU und der
       Euro müssten verändert, aber nicht sofort abgeschafft werden. Auch einen
       Nato-Austritt befürworte er derzeit nicht. Die Nato sei derzeit
       alternativlos. „Aber wir wünschen uns eben, dass sie nicht mehr
       alternativlos ist.“ Selbstverharmlosung ist eine bewährte Strategie der
       AfD.
       
       6 Aug 2023
       
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