# taz.de -- Putins Erpressung mit dem Getreidedeal: Hunger als Waffe
       
       > Mit dem Auslaufen des Getreideabkommens will Putin die Aufweichung der
       > Sanktionen erwirken. Soll der Westen sich auf diese Erpressung einlassen?
       
 (IMG) Bild: Aus der Ukraine in die Welt: Getreide für den Export in einem Lager im Oblast Kyjiw
       
       Mit der Weigerung, die sogenannte Schwarzmeer-Initiative über eine sichere
       Ausfuhr von ukrainischem Getreide zu verlängern, schreibt der Kreml dieser
       Tage ein weiteres zynisches Kapitel seines Angriffskriegs gegen die
       Ukraine. Hunger als Waffe einzusetzen – bereits jetzt sind vor allem
       Menschen in Staaten des Globalen Südens Leidtragende dieser
       menschenverachtenden Strategie. Ihren Tod nimmt Moskau ebenso billigend in
       Kauf wie in Syrien, wo es Hilfslieferungen für die Bevölkerung blockiert.
       
       Um jeder Legendenbildung vorzubeugen: Der Schritt, das [1][Getreideabkommen
       auslaufen] zu lassen, ist keine Reaktion Russlands auf das Bombardement auf
       die Krim-Brücke Anfang dieser Woche, sondern er ist einer mit Ankündigung.
       Dasselbe gilt für die jüngsten Angriffe auf Odessa und Mykolajiw, mit denen
       gezielt Getreidesilos und Hafenanlagen zerstört werden. Dazu passt die
       Ansage, Schiffe, die ukrainische Häfen ansteuern, als militärisches Ziel zu
       betrachten. Ob es bei dieser Drohung bleibt oder das Planspiel „Schiffe
       versenken“ Realität wird, weiß derzeit niemand.
       
       Offen auf dem Tisch hingegen liegen Moskaus Forderungen, um doch noch
       einzulenken. Dazu gehört, die russische Agrarwirtschaftsbank wieder an den
       internationalen Zahlungsverkehr Swift anzuschließen, was eine Lockerung der
       Sanktionen bedeuten würde. Offensichtlich scheinen die Strafmaßnahmen doch
       zu wirken.
       
       Das oberste Ziel muss jetzt sein, eine drohende Hungerkatastrophe
       ungeheuren Ausmaßes abzuwenden. Doch dafür Moskaus Erpressungsversuch
       nachgeben? Dafür spricht, dass das Vorhaben, die Exporte auf der Grundlage
       des Abkommens zwischen Kyjiw, Istanbul und der UNO weiterlaufen zu lassen,
       nicht unbedingt aus der Krise führt. Die Exportlücke auf dem [2][Schwarzen
       Meer] dürfte durch Solidaritätskorridore, beispielsweise nach Polen, kaum
       zu schließen sein. Auch das Szenario, Frachter unter den militärischen
       Schutz der Türkei oder eines anderen Nato-Staats zu stellen, könnte zu
       einer Eskalation in diesem Krieg führen. Dem entgegen steht jedoch die
       Erfahrung, dass Russland sich an Vereinbarungen und Verträge nicht hält,
       wenn diese der Durchsetzung seiner Interessen im Wege stehen.
       
       Apropos Interessen: Russland kann nicht daran gelegen sein, die Türkei,
       eine Schirmherrin des Abkommens, und China durch seine Blockadehaltung vor
       den Kopf zu stoßen. Und so schlägt sie also doch, die Stunde der
       Diplomatie. Nach Bekanntwerden von Russlands Entscheidung sagte der
       türkische Präsident [3][Recep Tayyip Erdoğan]: Er glaube, dass sein Freund
       Putin das Funktionieren dieses humanitären Korridors fortsetzen wolle. Ob
       diese Einschätzung zutrifft, wird sich zeigen.
       
       21 Jul 2023
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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