# taz.de -- ZDF-Serie scheitert an Nazi-Satire: Lautes Faschismustheater
       
       > Nazis mit Humor das Handwerk zu legen, klingt nach einer guten Idee. Doch
       > in „Freiheit ist das einzige, was zählt“ funktioniert es leider nicht.
       
 (IMG) Bild: Hans (Bibiana Beglau) rekrutiert neue Bürger für sein Königreich auf einem Ausflugsschiff am Rhein
       
       Den Nazis mit den Mitteln der Unterhaltung das Handwerk zu legen, das ist
       im Grunde eine hervorragende Idee. Chaplin konnte das, in dem er Hitler zu
       einem Wettstreit der massenmedialen Entertainer herausforderte und den
       Diktator gnadenlos an die Wand spielte. Ernst Lubitsch oder Michael Curtiz
       verstanden es, die Nazis auf dem Feld der Screwball Comedy oder des
       Melodrams Schachmatt zu setzen.
       
       Tarantino mobilisierte gleich die gesamte Schauanordnung Kino gegen Hitler
       und sprach in Erinnerung an die nach Hollywood geflohenen jüdischen
       Filmemacher vom „Gesicht der jüdischen Rache“. Wie gesagt, [1][eine
       hervorragende Idee], in Deutschland allerdings immer noch ein schwieriges
       Unterfangen.
       
       Hierzulande dreht man entweder Big-Brother-Material aus dem Führerbunker
       wie „Der Untergang“, bei dem das Publikum mit wohligem Schauer vor einem
       tattrigen Hitler niederknien darf. Oder man verzapft unerträglichen
       Schmarrn wie den Mehrteiler [2][„Unsere Mütter, unsere Väter“], in dem
       Sündenstolz und Selbstentlastung einander die Hand reichen.
       
       Nun ein neuer Versuch. Unter dem Titel „Freiheit ist das Einzigste, was
       zählt“ nimmt sich Regisseur Jan Bonny nun die Rechten der Gegenwart vor,
       taucht mit seiner „satirischen Instant-Fiction“ ein in das Milieu der
       Reichsbürger, die sich auf einer Burg am Rhein verschanzt haben und den
       Umsturz planen. Das Format der Instant-Fiction, so erläutert das ZDF, solle
       „aktuellen gesellschaftlichen Themen schnell und präzise fiktional
       begegnen“. Das ist einfacher gesagt als getan.
       
       ## Schwarz-weiß mit ruppiger Kamera
       
       In lose verknüpften Miniaturen, eingefangen in körnigen
       Schwarz-Weiß-Bildern einer ruppigen Handkamera, bringt Bonny seinem
       Publikum den mühseligen Alltag unter den Nationalrevolutionären nahe.
       Anführerin Hans (Bibiana Beglau), der kunstbeflissene Georg (Thomas
       Schubert), die Ökorechte Freya (Thekla Viloo Fliesberg) und einige andere
       streiten über Ideologie, Logistik und bechern Schnaps um die Wette.
       
       Zwei Dinge sind es, die Bonny richtig macht: Er porträtiert die Bandbreite
       der Reichsbürger recht akkurat: Waldorfpädagogen, Esoteriker,
       Wehrmachtfanatiker, bildungsbürgerliche Rechte, der Antisemitismus vereint
       sie alle. Und dann dieses spezifisch deutsche Saufen, dieser dumpfe, völlig
       enthemmte Alkoholrausch der Figuren, der Bilder evoziert von SA-Männern,
       die grölend mit ihren Bierkrügen auf die Tischplatte hämmern. Der
       österreichische Schauspieler Thomas Schubert schlägt sich dabei am besten,
       er ist es auch, der die besseren unter den Pointen einwirft: „Ohne Krieg
       kein Beuys!“
       
       Ästhetisch läuft das leider, trotz spannender Kameraführung, wieder nur auf
       ein Big-Brother-Konzept hinaus. Zum grundlegenden Problem wird der Serie
       ihre bewusste Tuchfühlung mit den Figuren, die weitestgehend auf
       Außenperspektiven verzichtet und dabei magisches Denken mit Ideologiekritik
       verwechselt. Als würden rechte Weltanschauungen freundlicherweise von
       selbst kollabieren, wenn man ihre Verfechter nur lange genug schwadronieren
       lässt.
       
       ## Wenn das R gerollt wird
       
       Abgesehen von Schubert spielen die meisten im Cast ein lautes
       Faschismustheater. Viele Szenen gipfeln darin, dass das R gerollt, gegen
       und miteinander geschrien oder salutiert wird. Da helfen auch ein paar
       eingestreute Zitate von Adorno oder Klaus Theweleit nicht.
       
       In der Mitte der sechsteiligen Serie sagt die erschöpfte Führerin Hans
       einmal den bezeichnenden Satz: „Ich glaub, die Deutschen mögen uns gar
       nicht. Die können mit unserer Revolution gar nichts anfangen.“ Eine kaum
       verhohlene Selbstgratulation, nicht nur an die eigene Serie, sondern auch
       an das Gros der Zuschauer. Das Problem solcher Beglückwünschungen ist
       allerdings nicht nur, dass sie unfein wirken. Meist kommen sie auch
       verfrüht.
       
       27 Jul 2023
       
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