# taz.de -- Nachruf auf Patricia Wedler: Eine singende Feuilletonistin
       
       > Sie war die unbestechliche, kluge und coole Lehrerin der Zuversicht. Die
       > Hamburger Musikerin und Autorin Patricia Wedler alias DJ Patex ist
       > gestorben.
       
 (IMG) Bild: So offen, so klug, so emphatisch – und dabei so verdammt cool konnte sie sein: Patricia Wedler
       
       Die hiesige Indieszene trauert um Patricia Wedler. Die Hamburger Musikerin
       und Kulturwissenschaftlerin, die sich frei nach dem brasilianischen Musiker
       Tom Ze „singende Feuilletonistin“ nennen konnte, ist am 14. Juni gestorben.
       Obwohl Wedler, die sich als Künstlerin DJ Patex nannte, seit Langem mit der
       unheilbaren Nervenkrankheit ALS kämpfte, kam die Nachricht von ihrem Tod
       überraschend.
       
       Wedler wirkte trotz der fortschreitenden Lähmungen sehr lebensfroh und
       hatte erst vor wenigen Tagen von der Hamburger Pudel Stiftung den
       „Unbestechlichkeitspreis“ überreicht bekommen: Ein Preis für die Menschen,
       „die Kunst nicht mit K schreiben, weil Kohle, Korruption und Kacke auch
       damit anfangen, sondern solche, die Kunst machen wegen Kunstmachen“, heißt
       es in den Statuten der Stiftung.
       
       Geboren 1973 in Würzburg, wurde Wedler Anfang der Nullerjahre in der
       Hamburger Szene rund um den Pudel-Club bekannt. An der Seite von Knarf
       Rellöm im gemeinsamen Trio mit Viktor Marek spielte sie zunächst Bass. Egal
       ob das Trio unter dem Namen Shi-Sha-Shellöm, Knarf Rellöm Trinity oder
       [1][A Tribe Called Knarf] auftrat, trat Patex an der Seite der beiden auch
       als coole Sängerin und Keyboarderin in Erscheinung.
       
       Auf dem aktuellen Rellöm-Album „Kritik der Leistungsgesellschaft“ hören wir
       sie skandieren: „Die Mieten sind zu hoch!“ Soziale Räume waren ein
       zentrales Thema in ihrem Leben. Als Jugendliche organisierte sie Konzerte
       im autonomen Würzburger Kulturzentrum AKW. Sie schrieb und arbeitete für
       linke Medien, wie die Schweizer WOZ und [2][die taz].
       
       ## Soziale Räume waren ihr wichtig
       
       Als Teil des Hamburger Kollektivs Planbude – ein Zusammenschluss aus
       Aktivist:innen, Architekt:innen und Anwohner:innen – begleitete sie
       in den Nullerjahren die sozialverträgliche Neubebauung des Areals rund um
       die ehemaligen Esso-Häuser an der Reeperbahn auf St. Pauli, für deren
       Erhalt sie intensiv gekämpft hatte.
       
       [3][Ihr eigenes Pop-Projekt School Of Zuversicht gründete Patex] als
       „offenes, kollektiv angelegtes Bezugssystem“, zuletzt in der festen
       Besetzung mit Tillamanda und Joachim Schütz. „An allem ist zu zweifeln“,
       hieß frei nach Marx ihr zweites Album, das im Sommer 2021 erschien. Darauf
       enthalten sind elegante Popsongs wie „Nur, weil du mir deine Wunden zeigst,
       bist du noch lange nicht mein Heiland“ und „Swimmingpool der Empathie“.
       Trotz Pandemie und extremer körperlicher Einschränkungen brachte Patex
       dieses außergewöhnliche Werk auf die Bühnen der Republik.
       
       Kaum ist sie weg, fällt auf, dass Patricia Wedler unersetzbar ist im
       deutschsprachigen Pop: So offen, so klug, so emphatisch – und dabei so
       verdammt cool konnte sie sein. Es brachte sie wirklich kaum etwas aus der
       Fassung. Der Kapitalismus nicht, und die ganzen Arschlöcher erst recht
       nicht. Lieber war sie Gastgeberin eigener heterotopischer Räume und hat bis
       zu ihrem Lebensende alles dafür gegeben. „Lehrerin der Zuversicht, der
       nicht stumpfen, sondern messerscharfen Lebensfreude“, schrieb der Berliner
       Musikerkollege Jens Friebe als einer ihrer Bewunderer in seinem
       Trauer-Tweet.
       
       ## Eine umwerfende Präsenz
       
       Ob hinter dem Tresen, am DJ-Pult des Pudelclub oder auf seiner Bühne, Patex
       hatte eine umwerfende Präsenz. Wie schön, dass Judith Rau 2021 mit ihr den
       Videoclip [4][zum Song „Hinter dem Hügel“ im Hamburger Park Planten un
       Blomen] gedreht hat, mit Carsten „Erobique“ Meyer als Meister an der
       Wasser-Orgel. Patex’ Lächeln hinter der verspiegelten Sonnenbrille kann man
       sich immer wieder anschauen!
       
       Mach’s gut, liebe Patex. Deine klugen „Randnotizen from Idiot-Town“ werden
       uns sehr fehlen.
       
       18 Jun 2023
       
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